23.06.2022

Cannes Lions 2022

«Cannes will eher die Welt als die Werbung verbessern»

Ruf Lanz schaffte es dieses Jahr in Cannes als einzige Schweizer Agentur dreimal auf die Shortlist. Creative Director Markus Ruf äussert sich im Interview zum Weltverbesserungs-Groove in Cannes, dem fehlenden Schweiz Tourismus Film auf der Shortlist und inspirierenden Talks.
Cannes Lions 2022: «Cannes will eher die Welt als die Werbung verbessern»
«Heute glauben sehr viele Kampagnen, die in Cannes ausgezeichnet werden, die Welt verbessern zu müssen»: Markus Ruf ist Creative Director und Mitinhaber von Ruf Lanz. (Bild: zVg)

Herr Ruf, Sie befinden Sie zurzeit in Cannes. Wie erleben Sie es, wieder am Kreativfestival an der Côte d'Azur zu sein?
Nach zwei Jahren Corona-Abstinenz freut man sich, wieder unter Menschen zu sein und mit ihnen diskutieren und auch streiten zu können. Natürlich hat die Welt digital funktioniert in der Pandemie. Aber der physische Kontakt macht definitiv mehr Spass. Menschen brauchen Menschen.

Was fällt Ihnen dieses Jahr auf? Welche Trends machen sich bemerkbar?
Heute glauben sehr viele Kampagnen, die in Cannes ausgezeichnet werden, die Welt verbessern zu müssen. Refugees, Gender Equality, Climate Change, Free Press, Reef Recovery, Plastic Fishing und so weiter. Alles ist bierernst geworden. Selbst die Bierwerbung.

Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?
Es droht zu einer Masche zu werden, um Awards zu gewinnen. Dabei bleibt ausgerechnet die Diversität an frischen, überraschenden und unterhaltsamen Ideen etwas auf der Strecke.

«Wir freuen uns, dass der Sprung durch das mikroskopisch dünne Nadelöhr auf die Shortlist gelungen ist»

Sie standen mit Sujets aus der bereits mehrfach ausgezeichneten Kampagne «When art has to move» für Welti-Furrer Fine Art Transport dreimal auf der Outdoor-Shortlist (persoenlich.com berichtete). Was denken Sie, warum hat es nicht für einen Löwen gereicht?
Eine Fachkampagne für ein Schweizer Kunsttransport-Unternehmen im Umfeld der Art Basel ist für eine internationale Jury sicher schwieriger zu verstehen als eine Kampagne für einen globalen Brand wie Pepsi, Jeep oder Adidas. Zudem fehlt der erwähnte Weltverbesserungs-Ansatz. Umso mehr freuen wir uns, dass der Sprung durch das mikroskopisch dünne Nadelöhr auf die Shortlist trotzdem gelungen ist.

Schweizer Agenturen haben dieses Jahr 198 Arbeiten eingereicht. Vor fünf Jahren waren es mit 476 mehr als doppelt so viele. Wo verorten Sie die Gründe?
Vermutlich haben viele Schweizer Agenturen gemerkt, dass Cannes immer mehr zu einem Parallel-Universum geworden ist, das wenig mit ihrer kreativen Arbeit zu tun hat. Wir reichen seit jeher zurückhaltend ein: 2022 waren es nur zwei Arbeiten, eine davon eben Welti-Furrer.

«Cannes ist eine launige Diva»

Ein grosser Schweizer Hoffnungsträger war der Film «No Drama» von Schweiz Tourismus und Wirz in der Kategorie Film. Warum reichte es nicht für die Shortlist?
Keine Ahnung. Ich verstehe es nicht. Der Film ist hervorragend gedacht und exzellent gemacht. Aber Cannes ist eine launige Diva. Ich hoffe, Wirz und Schweiz Tourismus sagen sich: No drama. Der Film ist auch ohne Cannes-Segen toll.

Mit Blick zurück auf die Cannes-Woche. Was waren Ihre persönlichen Highlights? Welche Keynote, welche Begegnung hat Sie besonders inspiriert?
Der Schauspieler Ryan Reynolds hat in seinem Speech gefordert, wir sollen nicht so tun, als würden wir keine Werbung machen, sondern vielmehr dafür sorgen, dass sie wieder frischer, überraschender und humorvoller wird. Viel verspreche ich mir als Filmfan auch vom Netflix-Seminar «On the future of entertainment». Ich muss gleich los.



persoenlich.com berichtet in der Woche vom 20. bis 24. 
Juni über das Cannes Lions International Festival of Creativity. Alle News finden Sie hier.


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