Über drei Jahre ist es her, dass Digitec Galaxus als eines der ersten Schweizer Unternehmen einen Claim mit Genderstern auf Werbeplakaten schrieb. «Fast alles für fast jede*n» hiess es damals noch eher nicht prominent platziert am Rand der Sujets. Seither hat die gendergerechte Sprache generell an Popularität gewonnen. In vielen Pressemitteilungen wird gegendert und auch in der Werbung sind Genderstern und Doppelpunkt keine Seltenheit mehr.
Doch noch immer erhitzt das Gendern die Gemüter. Während die einen auf eine inklusive Sprache pochen, sprechen die anderen von Sprachpolizei und Genderwahn. Doch wie denkt die Schweizer Bevölkerung wirklich darüber? Das Marktforschungsinstitut Marketagent Schweiz hat das Thema im Februar untersucht und in der Deutsch- und der Westschweiz 1020 Menschen im Alter von 14 bis 74 Jahren befragt.
Generell ist die sprachliche Gleichbehandlung von Mann und Frau die Form, die am häufigsten bevorzugt wird (35 Prozent). Nur 22 Prozent mögen die Inklusion non-binärer beziehungsweise diverser Menschen lieber. Die Verwendung der männlichen Form wird von einem Drittel am häufigsten bevorzugt. Wenig überraschend sagen dies signifikant mehr Männer als Frauen (36 Prozent beziehungsweise 27 Prozent).
Mitarbeitende statt Mitarbeiter*innen
Gendergerechte Sprache stösst vor allem dann auf Ablehnung, wenn man beim Lesen stolpert – hier sind sich die Teilnehmenden der Umfrage einig. So sagen 72 Prozent, dass gendergerechte Sprache einfach zu lesen sein muss und 69 Prozent, dass diese nicht aufgezwungen werden darf.
Werden non-binäre Menschen mit Genderstern und Co. sichtbar einbezogen, dann kommt das weniger gut an. Den Genderstern (Mitarbeiter*in) befürworten 26 Prozent klar oder eher, beim Doppelpunkt (Mitarbeiter:in) sind es 23 Prozent und beim Unterstrich (Mitarbeiter_in) 14 Prozent.
Gut akzeptiert werden hingegen substantivierte Partizipien wie Mitarbeitende oder Studierende (50 Prozent). Diese Form mag zwar grammatikalisch nicht korrekt sein, vermeidet aber eine Geschlechterzuweisung.
Mit Blick auf die Privatwirtschaft sagen 38 Prozent, dass sie eine genderneutrale Sprache in Unternehmen für zeitgemäss halten. Es wird vor allem gewünscht, dass Personalabteilungen (41 Prozent) und das Management (40 Prozent) sowie die Vorgesetzten (39 Prozent) gendern oder in der Kommunikation mit Kunden (39 Prozent) gegendert wird.
Je formeller der Austausch ist, desto eher legen die Befragten Wert darauf, dass gegendert wird. So halten es 41 Prozent für wichtig, dass in amtlichen Mitteilungen eine genderneutrale Sprache verwendet wird und 36 Prozent halten dies an Schulen und Universitäten für wichtig.
Auch in den Medien wird die inklusive Sprache bei vielen als wichtig erachtet: 34 Prozent erachten es als wichtig, dass in Nachrichten im TV gegendert wird. Für Zeitungen und Zeitschriften benennen dies 32 Prozent der Teilnehmenden als wichtig. Bei Nachrichten im Radio liegt der Wert bei 29 Prozent. Und auch in der Werbung – konkret auf Plakaten (29 Prozent), Radiospots (28 Prozent) oder Onlinewerbung (27 Prozent) – sind genderneutrale Formulierungen mittlerweile vielen Menschen wichtig.
Im Weiteren hat Marketagent Schweiz die Teilnehmenden zum Thema Duzen befragt. In der Werbung kommt das bei 38 Prozent der Befragten gut an, noch mehr – 46 Prozent – erachten das Duzen in der Werbung als zeitgemäss. Der Hälfte der befragten jungen Menschen (14- bis 19-Jährigen) gefällt das, während sich bei den über 50-Jährigen mit 30 Prozent deutlich weniger dafür erwärmen können. Insgesamt fühlen sich 35 Prozent von Werbung angesprochen, in der das Publikum geduzt wird.
Dabei kommt Duzen in der Werbung beispielsweise via Radio (40 Prozent) gut an. Auch auf Plakatwerbung (39 Prozent), TV-Werbung (39 Prozent) sowie in Onlinewerbung (37 Prozent) ist es akzeptiert. Am wenigsten gut kommt es an, wenn Kundenberaterinnen und Kundenberater im persönlichen Kontakt auf das Sie verzichten.
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05.04.2023 12:26 Uhr
04.04.2023 18:13 Uhr
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