21.08.2019

Sir Martin Sorrell

«WPP hat viele Fehltritte gemacht»

33 Jahre führte Sir Martin Sorrell die Werbeholding WPP – und trat dann wohl nicht ganz freiwillig ab. persoenlich.com hat die britische Werbelegende an der D:Pulse in Zürich getroffen. Ein Gespräch über S4 Capital, Künstliche Intelligenz und seine zwei Jahre alte Tochter.
Sir Martin Sorrell: «WPP hat viele Fehltritte gemacht»
Baute die Werbeholding WPP auf und gründete im letzten Jahr die Firma S4 Capital: Sir Martin Sorrell. (Bild: zVg.)

Herr Sorrell, die Unternehmen wollen die Kontrolle zurückgewinnen, sagten Sie bei Ihrem Referat an der D:Pulse in Zürich. Wie genau meinen Sie das?
Um Kosten zu sparen, haben viele Unternehmen die Kontrolle über ihre Daten an Agenturen abgegeben. Doch nun liegt das Wachstum im Digitalen, also macht es für sie Sinn, dieses Wissen zu sich zurückzuholen. Sie stellen mehr Personal an, um eigene Inhalte zu kreieren. Massgeblich für den Erfolg ist dabei das Level der Personalisierung. 

Ihr Unternehmen S4 Capital arbeitet rein digital, sagten Sie auf der Bühne. Was heisst das genau?
Wir fokussieren total auf das digitale Geschäft, weil hier das Wachstum stattfindet. Wir verstehen die Technologie besser, auch weil wir näher dran sind an Unternehmen wie Google, Facebook, Amazon, Alibaba, Tencent oder Apple und Microsoft. 

«Künstliche Intelligenz wird den Menschen unterstützen»


Ihr Motto ist «faster, better cheaper». Wie können Sie schneller sein als die Konkurrenz?
Wir sind vertikal organisiert und haben 1500 Mitarbeiter. Wären wir grösser, würden wir vielleicht die gleichen Probleme haben wie die Konkurrenz. 

Inwiefern beeinflusst die Digitalisierung die kreative Arbeit?
Stark. Erst kürzlich hat mir eine Kollegin erzählt, sie habe eine durch Künstliche Intelligenz erstellte Produktbeschreibung erhalten, die besser war als jene eines Menschen.

Das heisst, Texter werden in Agenturen bald überflüssig sein?
Nein, das ist eine häufige Interpretation von Journalisten. Künstliche Intelligenz wird den Menschen unterstützen, beide werden künftig zusammenarbeiten. Auch Algorithmen helfen uns dabei. Wir bringen Nutzerinnen und Nutzer mit Werbung zusammen, wenn die Interessen übereinstimmen. 

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Für welche Kunden arbeitet S4 Capital?
Wir machen fast wöchentlich eine Kampagne für Netflix. Dann arbeiten wir für Google, Facebook, Uber, Starbucks, Braun oder auch Procter & Gamble.

Sprechen wir über WPP: Sie haben die Werbeholding 30 Jahre geführt und letztes Jahr verlassen, kurz vor einer internen Untersuchung (persoenlich.com berichtete). Warum haben Sie das gemacht?
Ich habe die Holding 33 Jahre geführt und bin noch immer der grösste private Aktionär. Aber WPP muss sich verändern. Das Unternehmen hat in letzter Zeit viele Fehltritte gemacht und ich glaube nicht, dass die Holding so viel Fortschritt macht, wie sie gerne würde.

«Ich verbringe genug Zeit mit meiner Tochter»


Was macht WPP falsch?
Es fehlt dem Unternehmen generell an Tempo, und es kommt zu langsam vom veralteten Geschäftsmodell weg.

Bei S4 Capital wollen Sie das anders machen. Was sind Ihre konkreten Ziele?
Das Unternehmen hat jetzt einen Börsenwert von 600 Millionen Dollar. Das Ziel ist es, diesen auf eine Milliarde Dollar zu steigern. Im nächsten Jahr stehen spannende Projekte mit Partnern an, die den nötigen Anschub dafür geben werden. Ich schätze, dass unsere Einnahmen auf 350 Millionen Dollar steigen werden.

Sie sind 74 Jahre alt und haben eine zwei Jahre alte Tochter. Haben Sie nach WPP nie daran gedacht, etwas kürzer zu treten?
Nein, ich verbringe genug Zeit mit meiner Tochter. Es geht beides. (In diesem Moment geht ein Vater mit einem Neugeborenen an uns vorbei. Sorrell ruft ihm zu: «Das ist das beste, was ich heute gesehen habe. Gratulation.»)


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