09.08.2018

Deloitte

Nur Punkte sammeln bindet Kunden nicht

Gemäss einer Umfrage des Beratungsunternehmens müssen Schweizer Detailhändler zukünftig in ihren Loyalitätsprogrammen auf emotionale Aspekte setzen, um ein stärkeres Zugehörigkeitsgefühl der Konsumenten zu erreichen.
Deloitte: Nur Punkte sammeln bindet Kunden nicht
Loyalitäts- und Treueprogramme sind in der Schweiz stark verbreitet, jedoch bleiben viele davon häufig ungenutzt. (Bild: Keystone/Martin Ruetschi

Egal ob Supermarkt, Möbelhaus oder Tankstelle – Kundenkarten gehören heute zum Einkaufen dazu. Zwei Drittel (66 Prozent) der grössten Schweizer Detailhändler bieten gemäss einer Mitteilung von Deloitte mittlerweile ein Kundenloyalitätsprogramm an. In den meisten Fällen sammeln Herr und Frau Schweizer damit Bonuspunkte, die sich bei einem nächsten Einkauf einlösen lassen. Drei Viertel (75 Prozent) aller Loyalitätsprogramme sind transaktionsbasiert und hängen damit primär vom umgesetzten Betrag ab.

Loyalitäts- und Treueprogramme sind in der Schweiz stark verbreitet, jedoch bleiben viele davon häufig ungenutzt. Ein neuer Deloitte-Bericht zeigt, dass zwar 62 Prozent der Schweizer Konsumenten mindestens einmal pro Woche beim Einkauf eine Kundenkarte aus dem Portemonnaie zückt. Allerdings löst ein Drittel (36 Prozent) ihre Bonuspunkte nur selten ein oder greifen gar nicht auf die angebotenen Vergünstigungen von Gutscheinen und Sammelaktionen zurück.

Nur Punkte sammeln genügt nicht

«Kundenkarten, Sammel- und Rabattaktionen oder personalisierte Gutscheine sind der Kernbestandteil klassischer Kundenbindungsprogramme. Sie ermöglichen es den Unternehmen, die Loyalität der Kunden zum Brand bezieuhungsweise zu dessen Produkten zu erhöhen und somit letztlich deren Einkäufe zu steigern», sagt Markus Koch, Leiter Strategic Development Consumer & Industrial Products bei Deloitte Schweiz gemäss Mitteilung. «Verfügt der Konsument zwar über eine Kundenkarte, nutzt diese jedoch kaum – wie es bei über einem Drittel der Befragten der Fall ist – so kann auch die Bindung nicht wie beabsichtigt erhöht werden.»

Mit jeder neuen Kundenkarte und Märkli-Aktion nimmt der Umfang des Portemonnaies zu – bis es darin schlicht keinen Platz mehr hat. Gemäss Deloitte-Umfrageresultaten wünschen sich 61 Prozent der Schweizer Konsumenten daher weitaus mehr als nur eine Karte zum Sammeln von Punkten. Immer gleiche Bonuspunkte und Rabattaktionen machen die Kunden nicht loyaler, aber richtig eingesetzt, können Bindungsprogramme die Loyalität der Kunden steigern. Die Emotionalität rund um das Unternehmen selbst und ganz besonders das Markenerlebnis werden für 45 Prozent der befragten Schweizer Konsumenten immer wichtiger.

Emotionale und individuell

Reine transaktionsbasierte Loyalitätsprogramme sollten deshalb zukünftig emotionale Aspekte aufgreifen und so ein stärkeres Zugehörigkeitsgefühl ermöglichen. «Die Migros und Aldi setzen dies beispielsweise bereits mit ihren in 2017 lancierten Werbekampagnen «Die Migros gehört den Leuten» oder «ALDI-Kind» um. Kundinnen und Kunden werden in die Vorhaben und Mission des Unternehmens aktiv miteinbezogen. Damit wird ihnen eine Beziehung auf Augenhöhe ermöglicht, indem sie etwa bei der Kreation von neuen Produkten oder Dienstleistungen in Community-Foren, Veranstaltungen oder auf den sozialen Medien mitreden und ihre Ideen einbringen können.», Luc Zobrist, Ökonom und Autor des Berichts, in der Mitteilung zitiert.

61 Prozent der befragten Konsumenten schätzen zudem die Möglichkeit von personalisierten Angeboten oder Vergünstigungen, die auf ihrem bisherigen Kaufverhalten basieren, wenn sie dafür hilfreiche, praktische und persönliche Erlebnisse geliefert bekommen. Ebenfalls eine deutliche Mehrheit der befragten Konsumenten wünscht sich Loyalitätsprogramme, die ihren individuellen Lifestyle besser berücksichtigen. «Wer für individuelle Bedürfnisse zugeschnittene Angebote und Vergünstigungen bereitstellt, kann bei den Kunden punkten und deren Loyalität erhöhen. Demgegenüber können Kundenbindungsprogramme, die sich nicht oder nur in geringem Ausmass an den einzelnen Bedürfnissen der Kunden ausrichten, sogar negative Effekte auf deren Markentreue haben», so Zobrist.

Mehr Treue dank digitaler Technologien

Gleichzeitig nimmt das Online-Geschäft mit dem bevorstehenden Schweizer Markeintritt von Amazon oder dem stets steigenden Umsatz von Zalando, Galaxus und Co. immer mehr an Fahrt auf. So wird es für den stationären Handel immer schwieriger, sich zu differenzieren. Ein Weg dem nachzukommen, ist ein integriertes Kundenbindungsprogramm mit beispielsweise einer gut funktionierenden App über die Produkte und Dienstleistungen (beispielsweise Rezepte für gesundes Essen oder Lifestyle-Coaching-Tipps) einfach abgerufen werden können und auf die individuellen Bedürfnisse des Kunden eingeht. Markus Koch meint dazu: «Derartige Loyalitätsprogramme und Community-Aktivitäten, die beispielsweise auf den Mitmach-Plattformen Migipedia oder Fooby zu finden sind, zahlen sich aus. Die persönliche Begegnung zwischen Kunden, Unternehmen und Gleichgesinnten erhält damit einen ganz neuen Stellenwert und schafft langfristig Vertrauen – sofern digital und analog richtig kombiniert wird.»

«Das ultimative Markenerlebnis» ist gewünscht

Eng verbunden mit den Emotionen ist das Erlebnis, das ein Treueprogramm bietet. Fast die Hälfte (45 Prozent) der befragten Schweizer Konsumenten ist der Meinung, dass der Erlebnisfaktor dabei entscheidend ist. Hierbei geht es um eine reibungslose, schnelle und gezielte Interaktion mit dem Unternehmen oder der Marke sowie um spielerische Elemente wie beispielsweise interaktive Gewinnspiele (Gamification). Auch die Zugehörigkeit in einem exklusiven Club für Kunden, wie es beispielsweise Ochsner Sport oder Ikea mit ihren Club-Mitgliedschaften und damit verbundenen speziellen Leistungen anbieten, kann den Erlebnisfaktor steigern. Für Detailhändler stellt sich hier die Frage, zu welchem Zeitpunkt ein Kunde mit welchen Inhalten und auf welchen Kanälen angesprochen werden sollte, damit zu einem Kauf oder dem Gang in den Laden angeregt wird.

«Ein konsistentes Markenerlebnis funktioniert beim Kunden nur dann, wenn auch die Wahl des Kommunikationsmittels zur richtigen Zeit am richtigen Ort berücksichtigt wird. Unterschiedliche Kunden bevorzugen unterschiedliche Formen der Kommunikation – sei es per Mail, Smartphone oder Social Media. Wichtig dabei ist eine übergreifende Interaktionsstrategie, also die Kontextualisierung, wann, wie und mit welchem Inhalt mit dem Kunden interagiert werden sollte.», so Roger Lay, Leiter Digital Experience & Innovation bei Deloitte. «Das Smartphone dürfte daher schon in wenigen Jahren die physische Kundenkarte als zentralen Bestandteil eines Loyalitätsprogrammes weitgehend ablösen.» (pd/maw)


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