30.01.2015

Publisuisse

Seit 50 Jahren darf das Fernsehen Werbung verkaufen

Ovo, Lindt und Opel: persoenlich.com zeigt den allerersten Werbeblock von 1965.
Publisuisse: Seit 50 Jahren darf das Fernsehen Werbung verkaufen

Am Sonntag waren es genau 50 Jahre her: Am 1. Februar 1965 um 19.25 Uhr flimmerte eine Premiere über die Schweizer Fernsehbildschirme: der erste Werbeblock im Schweizer Fernsehen. Die Zuschauer mochten die Filmchen, und selbst die kritisch eingestellte Presse beurteilte sie positiv. 

Ovomaltine, Waschmittel der Marke Via/Radion, Lindt-Schokolade, der Opel Kadett, Maggi Golderbs-Suppe, die Schweizerische Bankgesellschaft, Pepsi Cola und Coop-Kaffee: Diese acht Produkte und Unternehmen wurden im ersten Werbeblock angepriesen:

Die Spots in schwarz-weiss zeigten ovomaltinegestärkte, sportliche Knaben, Männer, die von einem Opel mit viel Stauraum für das Gepäck der Freundin träumen, und einen deutschen Geschäftsmann, der in den Ferien im Tessin von der Bankgesellschaft schwärmt. Werbung zu schalten war damals viel teurer als heute. Die Ausstrahlung eines 30-Sekunden-Spots kostete 3600 Franken, was heute 12'700 Franken entsprechen würde. Heute kostet ein 30-Sekunden-Spot im Durchschnitt nur noch 3'500 Franken.
 
Der stolze Preis hatte seine Gründe. Es gab kaum andere Sender, auf welche die Zuschauer hätten umschalten können, und die Beachtung der Spots war hoch. Der Werbeverband "Schweizer Reklame" schrieb im Mai 1965: "Der Bedarf nach dem Artikel hat sich, wie unser Kunde versichert, mindestens um das 5-Fache
gesteigert und das alles nur auf Grund der Fernsehreklame."
 
"Besser als man befürchten musste"
In der Presse wurde die TV-Reklame intensiv diskutiert. Ein Blatt würdigte die Filmchen als "solid und bodenständig, graphisch einwandfrei". Die Oltener Zeitung "Das Volk" schrieb am 3. Februar 1965: "20 Sekunden, 30 Sekunden, einmal 40 oder ausnahmsweise 60 Sekunden dauern die Blitzfilme. Ob diese Reklame wie der Blitz einschlägt, ist eine andere Frage. Man darf sich kaum die Nase schnäuzen, sonst hat man das schöne Geschichtlein verpasst."
 
Noch etwas kritischer war das Luzerner "Vaterland" am 1. Mai des gleichen Jahres: "Eines darf man heute mit voller Zufriedenheit sagen: Die Spots sind qualitativ besser, als man befürchten musste. Damit ist freilich auch gesagt, dass die Vergleichsmöglichkeiten nicht so gut sind. Was über unsere Grenzen hereinkommt, das ist unter einer verantwortbaren Limite."
 
Gebühren brachten zu wenig ein
Für das Fernsehen waren die Spots die Rettung: Anfang der 1960er-Jahre stand das junge Unternehmen, das seit 1953 als Versuchsbetrieb und ab 1958 definitiv auf Sendung war, vor dem Aus. Dies, weil es auf Geheiss des Bundes ohne Werbung auskommen sollte. Die Rechnung ging nicht auf: Die Gebühren der insgesamt 180'000 Fernseh-Haushalte brachten nur Einnahmen von zwei Millionen Franken, zu wenig für ein tägliches Programm.
 
1964 gab der Bundesrat schliesslich grünes Licht. Auch die Zeitungsverleger waren nach langen Verhandlungen einverstanden. Als Gegenleistung wurden sie an der damaligen Vermarktungs-Firma "AG für das Werbefernsehen" beteiligt, um selber auch etwas an der TV-Werbung zu verdienen.
 
Werbung sollte nicht stören
Für den damaligen SRG-Generaldirektor Marcel Bezençon war klar: "Die Einführung einer Reklame, die den Teilnehmer nicht stören und die mehrere Millionen eintragen wird, ist ein Erfolg." Bereits im ersten Jahr verdiente das Fernsehen 21 Millionen Franken. Auch die Verleger atmeten auf: Der Inseraterückgang betrug nur zwei Prozent.
 
Bis heute wurde die zulässige Werbedauer immer wieder erhöht. Anfangs waren nur 12 Minuten pro Tag erlaubt. Mittlerweile liegt das gesetzliche Maximum für die SRG bei 15 Prozent der Sendezeit. Pro Stunde dürfen aber nur 12 Minuten Werbung gesendet werden. Seit 1992 ist Unterbrecherwerbung erlaubt. 1998 fiel zudem das Werbeverbot an Sonn- und Feiertagen.
 
Ob und wie stark sich die Zuschauer an den unfreiwilligen Programm-Pausen stören, ist schwierig zu beantworten. Bis zu den Sendern schaffen es die Beschwerden meist nicht. Bei der Publisuisse, die aus der "AG für das Werbefernsehen" hervorging, werden sämtliche Reklamationen aus allen Sprachregionen gesammelt. In den vergangenen zwei Jahren waren es gerade mal 35, wie es dort auf Anfrage hiess. Die Beschwerden waren zudem eher inhaltlicher Natur, etwa wegen der freizügigen "Love Life"-Kampagne des Bundesamtes für Gesundheit.
 
Verleger fordern Werbeverbot für die SRG
Weniger entspannt sind heute die Verleger. Sie sind seit 1995 nicht mehr an der Publisuisse beteiligt und auf Konfrontationskurs mit der SRG, weil diese den Privaten die Werbeeinahmen streitig mache und gleichzeitig von Gebühren profitiere.
 
Anfang Jahr forderte Verlegerpräsident Hanspeter Lebrument deshalb, die SRG solle aus dem Werbegeschäft aussteigen. Sein Vorschlag: Die SRG soll die Gebühren erhalten, die Privaten hingegen die Werbung.
 
Bei der SRG kommt diese Idee schlecht an. Ohne Werbung müssten die Sender auf 25 Prozent ihrer Einnahmen verzichten. Gekürzt werden müsste wohl zuerst bei den Eigenproduktionen, die bei den Zuschauern aber am besten ankommen, heisst es bei der SRG auf Anfrage.
 
Die SRG ist zudem überzeugt, dass die Werbegelder dann nicht wie beabsichtigt bei Schweizer Privaten landen, sondern bei den Werbefenstern von RTL, Sat1 und anderen, also im Ausland.
 
Text: sda, Monika Freund
Spot: Publisuisse
 
 
 

 



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