27.02.2019

APG|SGA

«Wir haben viele Überraschungen erlebt»

Mehr Konkurrenz, sinkende Margen und höhere Konzessionsabgaben: Der Aussenvermarkter steht vor schwierigen Jahren. Um sich für die Zukunft zu wappnen, wird massiv in neue Technologien investiert. Markus Ehrle, CEO von APG, über Pläne, Plakate, Politiker und andere Player.
APG|SGA: «Wir haben viele Überraschungen erlebt»
«Am liebsten mag ich gut gestaltete, ‹plakative› Plakate, die einen guten Impact haben und schön sind», so APG-CEO Markus Ehrle. (Bilder: zVg.)
von Christian Beck

Herr Ehrle, am Mittwoch hat APG den Jahresbericht 2018 vorgelegt (persoenlich.com berichtete). Wenn man diesen liest, hat man das Gefühl, dass es ein «Chrampf» war, das Ziel überhaupt zu erreichen…
Tatsächlich lief es Anfang Jahr noch nicht so gut. In der zweiten Jahreshälfte hat sich der Markt aber positiv entwickelt. Das Mediengeschäft in der Schweiz ist tatsächlich ein «Chrampf», das wissen alle Beteiligten. Es herrscht sowohl ein intramedialer wie auch einer intermedialer Wettbewerb. Jeder versucht, sich ein Stück des Kuchens zu ergattern.

An der Medienkonferenz sagten Sie fast beiläufig, APG hätte 2018 die Personalkosten gesenkt. Wie viele Stellen wurden abgebaut?
Es war kein proaktiver Stellenabbau. Es gab natürliche Fluktuationen. Es ist aber richtig, dass wir im Bereich Logistik – also Plakataushang – durch die Digitalisierung teilweise weniger Leute benötigen. Auf der anderen Seite haben wir auch neue Talente eingestellt, vor allem im Bereich Aymo Mobile Targeting. Diese Entwicklung wird auch künftig so weitergehen: Wir müssen in neue Kompetenzen und Fähigkeiten investieren und Mitarbeitende dafür aufbauen.

Für Aussenstehende ist es schwierig zu beurteilen: Mal gewinnt APG eine Ausschreibung, dann wieder die Konkurrenz. War das Inventar Ende 2018 nun grösser oder kleiner als im Vorjahr?
Das ist etwas kompliziert: Anzahl ist nicht gleich Qualität. Und digital ist nicht gleich analog. Aber, alles in allem, haben wir im Jahr 2018 fast alles gewonnen, was wir haben wollten. Es hätte sicherlich noch die eine oder andere Ausschreibung gehabt, die uns ebenfalls interessiert hätte. Wir waren da aber nicht bereit, die Abgaben zu bezahlen, die unsere Konkurrenten offeriert haben – beispielsweise Livesystems in Zug oder Clear Channel in Zürich bei den «digitalen Werbeanlagen auf dem öffentlichen Grund der Stadt Zürich».

«Es ist schwierig, die Strategien und Absichten der Konkurrenz einzuschätzen»

Stichwort Konkurrenz: Mit Neo Advertising kam national und in der Stadt Zürich ein Player dazu. Wie bekamen Sie dies zu spüren?
Man spürt einen neuen Konkurrenten schon, vor allem bei Ausschreibungen. Plötzlich kämpfen drei oder vier Mitbewerber um ein Los. Schwierig ist auch, die Strategien und Absichten der Konkurrenz einzuschätzen. Früher wusste man in etwa, was Clear Channel will und was wir wollen. Heute, mit neuen Marktteilnehmern, ist das extrem schwierig geworden. Im letzten Jahr erlebten wir deshalb bei einigen sogenannten «Offertöffnungsprotokollen» grosse Überraschungen – sprich: Wie gewisse Player die Potenziale der einzelnen Konzessionen einschätzen.

Es wird auch mit harten Bandagen gekämpft: Um die SBB-Werbeflächen gab es einen Rechtsstreit, den Tamedia erstinstanzlich verloren hatte. Wie geht es hier weiter?
Der Fall ist noch nicht abgeschlossen. Wir sind aber nicht Partei, es ist ein Verfahren zwischen SBB und Tamedia. Ich bin überzeugt, ohne es zu wissen, dass hier am Schluss wohl das Bundesgericht beurteilen muss.

«Selbst Admeira spürt, dass TV und Print alleine nicht reichen»

Ab diesem Jahr gibt es einen weiteren Out-of-Home-Anbieter: Admeira wird Partner von Excom Media und steigt so bei den Apotheken und Drogerien ein. Sind Sie neidisch um diesen Deal?
Ich finde diese Vermarktungs-Kooperation grundsätzlich gut. Sie zeigt nämlich, dass selbst Admeira spürt, dass TV und Print alleine nicht reichen, sondern dass es eine Verlängerung Out-of-Home braucht. Insofern beunruhigt mich dieser Schritt von Admeira überhaupt nicht (lacht). Es gibt daneben ja auch noch weitere Player – zum Beispiel Livesystems, Screen24 et cetera. Gerade im Digital-Out-of-Home-Bereich wird der Wettbewerb immer intensiver.

Um sich von der Konkurrenz abzuheben, hat APG unter anderem das digitale Kundenportal «myAPG» lanciert. Lagern Sie damit einfach Arbeit an die Kunden aus?
Nein, heute ist das ja Commodity, dass die Kunden rund um die Uhr Zugriff auf gewisse Informationen und Features haben möchten. Im Gegenteil: Im Hintergrund bauen wir die Beratungskompetenz eher aus. Wir wollen aber den Kunden ein Instrument in die Hände geben, welches Nutzen bringt. Eher überrascht sind wir, dass wir die Ersten in der Industrie sind, die diese Möglichkeit mit einem solchen Detaillierungsgrad bieten. Übrigens sind wir auch daran, Schnittstellen zu Mediaagenturen zu entwickeln, so dass auch diese einen direkten Zugriff zu all den administrativen Daten erhalten. Toll ist ja: Jeder Kunde kann selber seine Sujets uploaden, seine Kampagne verfolgen, Belege betrachten und überprüfen. Und da sind wir beim Punkt «Auslieferungssicherheit»: Hier haben wir als Out-of-Home-Anbieter einen Vorteil im Vergleich zum Onlinegeschäft.

APG gibt es seit 1900, ein Traditionsunternehmen also. Konnten Sie mit den heutigen Entwicklungen immer Schritt halten?
Da kann ich mit gutem Gewissen sagen: Ja. Alle Innovationen, die den Schweizer Aussenwerbemarkt vorangetrieben haben, stammten von uns – seien es Buchungsplattformen, PosterDirect oder Mobile. Zudem stehen wir in einem intensiven Austausch mit JCDecaux – und somit haben wir auch den weltweiten Bench. Was die APG in Sachen Aussenwerbung macht, ist Best in Class. Auf uns wird auch im Ausland geschaut.

Wie lange gibt es das «normale» Papierplakat überhaupt noch?
Das wird es noch sehr lange geben. Klar, wir beobachten die Technologien, die irgendwann einmal das gedruckte Plakat ablösen könnten. Das ist aber noch weit, weit entfernt. Zudem gibt es nicht überall Elektrifizierung, und nicht überall gibt es Bewegtbildmöglichkeiten. Und schliesslich ist ein gut gedrucktes Plakat von der Qualität her – auch bei Sonneneinstrahlung – nach wie vor unbestritten. Man sieht es auch in der Umsatzentwicklung des vergangenen Jahres: Sie liegt bei Plakaten in den Standardformaten über dem Vorjahr.

«Ich bin ein grosser Fan des klassischen Plakates»

Was mögen Sie persönlich lieber: Plakat oder Screen?
Ich bin ein grosser Fan des klassischen Plakates. Am liebsten mag ich gut gestaltete, «plakative» Plakate, die einen guten Impact haben und grafisch schön sind. Ein ruhiges Plakat bevorzuge ich persönlich nach wie vor. Es hängt auch eines bei mir im Büro – kein digitales.

Was für eines?
Heineken (lacht).

Ihr Lieblingsgetränk?
Zwischendurch ein Bierchen, da bin ich nicht abgeneigt. Aber nicht während der Arbeit (lacht).

Eine der moderneren Möglichkeiten ist das Mobile Targeting. Was ist hier mittlerweile schon möglich?
Mobile Advertising und Plakate haben ja etwas gemeinsam: Beides lässt sich genau geolokalisiert aussteuern. Der Metzger in Chur kann sagen: Genau hier will ich ein Plakat, weil hier die Passanten durchgehen, wenn sie in mein Geschäft wollen. Und mit Aymo Mobile Targeting kann der Kunde ein Gebiet definieren, und nur dort wird die Werbung auch ausgespielt. Dank der umfeldbezogenen Auslieferung werden Klickrate und Verweildauer deutlich erhöht.

Am Mittwoch kündigten Sie auch den Aufbau eines neuen Werbeträgerangebots an – das soll «einzigartig» und «innovativ» sein. Verraten Sie uns mehr…
Da verrate ich noch gar nichts. Es geht um einen Vertrag, bei dem zwar die Tinte trocken ist, aber noch ein Verfahren läuft. Es geht in die Richtung des AdWalks in Bern, wo wir nicht nur den Werbekunden und Passanten etwas bieten, sondern indirekt auch dem Konzessionsgeber, der SBB. So führt der AdWalk zu einem verbesserten Personenfluss in der Unterführung. 

34_Rail ePanel AdWalk_Bern_Bahnhof SBB Bern_Fl.-Nr. 721646_4797-4427_rvb

Die Investitionen werden dabei so hoch sein, dass es die Jahresrechnungen der nächsten zwei, drei Jahre stark belasten wird. Das müssen enorme Investitionen sein.
Es sind zwei Faktoren. Bei den Investitionen sind es jene ins Material, also die Werbeträger, aber auch Investitionen in die Skills unserer Mitarbeiter, Data-Know-how sowie in die Technologie. Der zweite Faktor, welcher die Jahresrechnung belastet, ist der anhaltende Druck auf die Konzessionen. Wenn es eine öffentliche Ausschreibung gibt, kann man den Vertrag in der Regel nicht mehr zu den gleichen Konditionen abschliessen wie früher. Wir müssen also mehr Abgaben bezahlen – aber das geht nicht nur uns so.

2019 ist ein Wahljahr. Welche Bedeutung haben Wahlen für die APG?
Grundsätzlich ist Politwerbung etwas Wichtiges für die Aussenwerbung. Wir hatten bereits 2018 ein relativ gutes Politjahr. Mit interessanten Abstimmungen. Stehen diese in einem wirtschaftsökonomischen Zusammenhang, profitieren wir in der Regel. Dann gab es 2018 auch verschiedene Regierungs- und Kantonsratswahlen. Und ja: In diesem Jahr sind die Parlamentswahlen. In der Regel haben diese einen positiven Effekt. Aber: Wir können nicht einfach sagen, dass es gleich wird wie vor vier oder acht Jahren. Auch hier kann es plötzlich zu Verschiebungen kommen. Wir sind aber durchaus optimistisch, dass das Wahljahr einen positiven Impact haben wird.

Heutige Wahlplakate sind dominiert von Köpfen. Wie sieht das digitale Wahlplakat der Zukunft aus?
Es wird auch von Köpfen dominiert sein – die aber nichts sagen können, weil das digitale Plakat stumm bleiben wird.

Aber die Politiker könnten sich wenigstens bewegen – zum Beispiel ein Tänzchen vorführen…
(Lacht.) Das müssen wir dann den Kreativen überlassen.

 



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