02.03.2021

Medienförderung

30 Millionen Franken für Onlinemedien

Der Nationalrat hat am Dienstagmorgen die künftige Ausgestaltung der Medienförderung in der Schweiz konkretisiert. Insgesamt fliessen direkt oder indirekt 120 Millionen Franken zusätzlich zu den Medien. Verband und Gewerkschaften ziehen eine durchzogene Bilanz.
Medienförderung: 30 Millionen Franken für Onlinemedien
Der Nationalrat will Onlinemedien finanziell unterstützen. (Bild: Keystone/Christian Beutler)

Nach fünfstündiger Debatte hiess der Nationalrat am Dienstag das Gesamtpaket zur künftigen Ausgestaltung der Medienförderung mit 11 zu 67 Stimmen bei 17 Enthaltungen gut. Es umfasst Änderungen im Postgesetz, im Bundesgesetz über Radio und Fernsehen (RTVG) sowie ein neues Bundesgesetz über die Förderung von Onlinemedien. Sämtliche Minderheitsanträge für Reduktionen oder noch höhere Beiträge wurden abgelehnt.

Von den millionenschweren Massnahmen profitieren Printmedien, die Mitglieder- und Stiftungspresse, Onlinemedien, Nachrichtenagenturen und die Medienausbildung. Das Paket kommt in der Sommersession wieder in den Ständerat. Die neuen Bestimmungen dürften frühestens 2023 in Kraft treten, rund ein Jahr später als ursprünglich geplant.

SVP und FDP scheitern mit Angriff

Am umstrittensten war im Nationalrat das neue Instrument der Onlineförderung. Das neue Gesetz brauche es nicht, sagte Gregor Rutz (SVP/ZH). Im Onlinebereich gebe es kein Marktversagen, sondern eine unerreichte Vielfalt an Angeboten. Deshalb brauche es keinen Eingriff des Staates. So unterstütze man lediglich Unternehmen, die nie auf eigenen Beinen stehen könnten.

Die Mehrheit sah dies allerdings anders und lehnte die Streichung des Gesetzes mit 109 zu 83 Stimmen bei zwei Enthaltungen ab. Gerade für kleine Verlage und im Kampf gegen die Medienkonzentration sei dieses Fördermittel wichtig, erklärte Martin Candinas (CVP/GR). Eine flächendeckende und vielfältige Abdeckung in den Regionen könne so besser sichergestellt werden.

Auch Onlinemedien würden zunehmend relevant für die Demokratie, sagte Medienministerin Simonetta Sommaruga. Die Medien sollten mit der Bundeshilfe tragfähige Modelle aufbauen können in den kommenden Jahren. Es bleibe aufwendig, journalistische Inhalte zu produzieren, egal ob sie in der Zeitung gedruckt oder online gestellt würden.

Onlinemedien sollen nach dem Willen der Mehrheit des Nationalrates mit maximal 60 Prozent ihres anrechenbaren Umsatzes entschädigt werden. Bundesrat und Ständerat wollen diese Schwelle bei 80 Prozent setzen. Insgesamt sind dafür 30 Millionen Franken pro Jahr veranschlagt. Das Gesetz soll vorerst für fünf Jahre gelten.

40 Millionen für Frühzustellung

Wie der Ständerat will auch der Nationalrat 40 Millionen für die Früh- und Sonntagszustellung von Printmedien durch Private ausgeben, in der indirekten Medienförderung (persoenlich.com berichtete). Zudem hat er die Beiträge an die Ermässigung der Post-Zustelltarife für abonnierte Zeitungen von 30 auf 50 Millionen Franken erhöht. 30 statt 20 Millionen gibt es für die Mitgliedschafts- und Stiftungspresse. Der Entscheid für die Version des Ständerates fiel nach einem Rückkommensantrag mit nur einer Stimme Unterschied (97 zu 96).

Auch die gedruckte Presse werde für die Meinungsbildung in der Schweiz weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Die Transformation in Richtung Digitalisierung dürfe nicht zu forsch angegangen werden, sagte Sommaruga.

Weitere rund 20 Millionen Franken hat der Nationalrat für Fördermassnahmen zu Gunsten des gesamten Mediensystems bewilligt. Die Gesamtkosten in diesem Bereich betragen nun 30 Millionen Franken. Darunter fallen unter anderem die Unterstützung für die Ausbildung in Journalistenschulen und Medienhäusern sowie für Nachrichtenagenturen. Finanziert werden können mit den gesprochenen Mitteln auch IT-Projekte.

Mit 97 zu 95 Stimmen knapp abgelehnt hat der Rat die Einführung finanzieller Mittel für die Einführung von Mediengutscheinen für junge Erwachsene. Die vorberatende Kommission hatte ein solches Instrument vorgeschlagen. Einen erneuten Dämpfer setzte es für die SRG ab. Eine Mehrheit des Nationalrates folgte der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF-N) und beschränkte den Onlinetextbereich des gebührenfinanzierten TV- und Radiokonzerns weiter (persoenlich.com berichtete).

Reaktionen von Verband und Gewerkschaften

Der Verband Medien mit Zukunft (VMZ) zeigte sich nach der Debatte «verhalten zuversichtlich», wie er in einer Mitteilung schreibt. Die Erhöhung der indirekten Förderung für die Distribution von Printausgaben auf 120 Millionen Franken gehe «in Ordnung», die Politik sei hier den Empfehlungen der Branche gefolgt. Wenig verständlich und wenig zukunftsgerichtet sei, so der VMZ, dass der Nationalrat die 30 Millionen Franken für die Online-Förderung nicht auf 50 Millionen erhöht habe und dass der maximal anrechenbare Umsatz für kleine Medien von 80 auf 60 Prozent gesenkt worden sei.

Trotzdem: «Mit dem heutigen Schritt sind wir auf dem richtigen Weg, die Differenzen zum Ständerat müssen möglichst schnell bereinigt werden», schreibt der Verband weiter. Obwohl die SRG nicht Mitglied des Verbandes ist, kritisiert der VMZ die Beschneidung der Textkompetenzen der SRG durch den Nationalrat scharf. «Eine starke SRG ist für die Privaten keine Gefahr. Vielmehr müssen die Privaten und die SRG stärker zusammenarbeiten und die Inhalte der SRG allen Verlagen zur Verfügung stehen.»

Die Mediengewerkschaften SSM und Syndicom ziehen eine «durchzogene Bilanz», wie sie in einer gemeinsamen Mitteilung schreiben. Sie seien froh, dass der Nationalrat das Massnahmenpaket zugunsten der Medien nun auch als Gesamtpaket verstehe und die Onlineförderung als integralen Bestandteil davon akzeptiert habe. Nichtsdestotrotz habe der Nationalrat mit seinen heutigen Entscheiden gezeigt, dass er grossmehrheitlich zum Vorteil der grossen Verlage und der gedruckten Presse legiferiere, den medialen Service Public der SRG eher als Ärgernis statt als Dienst an den Gebührenzahlenden verstehe und nur widerwillig eine Onlinemedienförderung einführe, heisst es weiter.

Impressum befürwortet gemäss Mitteilung ebenfalls, dass die Online-Förderung Teil des Massnahmenpakets bleibt und die Förderung der Frühzustellung, die der Ständerat eingefügt hatte, übernommen wurde. In Anbetracht der Dringlichkeit hätte sich der Berufsverband der Schweizer Medienschaffenden aber gewünscht, dass eine Differenzbereinigung mit dem Ständerat ganz vermieden worden wäre. Zudem bedauert er, dass das Erfordernis der Unabhängigkeit für die Förderung von Journalistenschulen durch den Nationalrat gestrichen wurde. Diese Änderung werde Schulen, die auf der paritätischen Partnerschaft innerhalb der Branche beruhen, schwächen. «Unternehmensunabhängige Berufsbildungen sind für den Qualitätsjournalismus aber unentbehrlich.» (sda/pd/lom)



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