26.02.2022

Presserat

Beschwerde gegen Weltwoche-Journalist

Die Weltwoche hat einen Kommentar über Luzia Tschirky, die SRF-Russlandkorrespondentin, veröffentlicht. Jetzt beschwert sich ein Journalist beim Presserat: Der Kommentar habe das Gebot der Wahrheitssuche verletzt.
Presserat: Beschwerde gegen Weltwoche-Journalist
Berichtet über die Lage in der Ukraine: SRF-Russlandkorrespondentin Luzia Tschirky. (Bild: SRF-Screenshot)
von Maya Janik

Am 24. Februar schrieb Hubert Mooser in der Weltwoche: «Die SRF-Korrespondentin Luzia Tschirky berichtet in Schutzweste an einer Ausfahrtstrasse über den Ausbruch des Krieges in der Ukraine – als stünde sie mitten im Kugelhagel.» Der Journalist bezieht sich dabei auf eine morgendliche SRF-Sondersendung, in der Luzia Tschirky aus der Region Kiew von der Situation vor Ort berichtete. Daraufhin schrieb Petar Marjanović, Politreporter bei Watson, auf Twitter: «Das, was Hubert Mooser daraus macht, ist absoluter Bullshit.» Der Text habe nichts mit einem redaktionellen Kommentar, geschweige denn mit Journalismus an sich zu tun. 

Nun geht Petar Marjanović einen Schritt weiter und reicht beim Presserat eine Beschwerde ein. Mooser habe die Grenzen der Kommentarfreiheit überschritten, argumentiert der Journalist in seinem Beschwerdebrief, der persoenlich.com vorliegt.

In seinem Kommentar in der Weltwoche schreibt Mooser ausserdem: «Stand sie da etwa mitten im Kugelhagel? Wurde in Kiew schon herumgeschossen? Keineswegs.» Indem er das verneine, entstelle er aus der Sicht von Petar Marjanović die Tatsachen, die vor der Publikation seines Kommentars bekannt gewesen seien: «Kollegin Tschirky befand sich ziemlich genau in der Mitte zwischen zwei Flugplätzen bzw. militärischen Infrastrukturen, die bestätigt oder zum Zeitpunkt der Beschwerde unbestätigt Angriffsziele der russischen Invasion waren», so Marjanović.

Mooser habe die im Pressekodex verankerte Pflicht zur Wahrheitssuche nicht erbracht oder darauf verzichtet, seine Rechercheerkenntnisse darzulegen, argumentiert Marjanović. Aus seiner Sicht hätte das Gebot der Wahrheitssuche zumindest verlangt, dass Mooser die Unklarheit bei der SRF-Korrespondentin oder der Medienstelle klärt. Insbesondere dann, wenn er in seinem Kommentar Luzia Tschirky oder der Redaktion eine «Inszenierung» vorwerfe. 

Zudem sei für Leserinnen und Leser Moosers Fehlschluss nicht als reine Wertung erkennbar: «Er vermischt sinnentstellende oder unzureichende Fakten, seinen Kommentar und seine kritisierenden Einschätzungen, womit er die Pflicht zur Trennung von Fakten und Kommentar verletzt», schreibt Petar Marjanović in der Beschwerde weiter.


Petar Marjanović reichte die Beschwerde beim Presserat als Privatperson und nicht in seiner Funktion als Journalist bei Watson ein, wie er gegenüber persoenlich.com betont.



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Kommentare

  • Giusep Nay, 02.03.2022 09:22 Uhr
    Luzia Tschirky berichtete und berichtet weiter - im Gegensatz zur langue de bois von zu vielen Journalisten, als ob es um irgend einen Fussballmatch ging, - mit klaren und deutlichen Worten über das schrecklichste Kriegsgeschenen seit Jahrzehnten und zeigt wohltuend auf, was das für die direkt Betroffenen und für alle Menschen wie du und ich bedeutet. Zu klar und zu emotional ist das offensichtlich vor allem für die Putinversteher, die alles nicht wahr haben wollten. Und sie hat mehr als Recht bekommen, sieht man die heutige Kriegsführung, die immer mehr auch gezielt gegen die ukrainische Bevölkerung vorgeht. Das lässt die Putinbersteher immer mehr verstummen.
  • Franz Zbinden, 02.03.2022 09:05 Uhr
    Die meisten Kommentare sprechen eine klare Sprache. Man kann nur mit dem Kopf schütteln und sich fragen, wie die Weltwoche dazu kommt, diese wichtigen und m.E. nach sehr professionellen Berichterstattungen ins lächerliche zu ziehen. Wir müssen uns bewusst sein, dass wohl auch damit zu tun hat, dass das SVP-Blatt die Leistung der SRG in Frage stellen will. Dies damit ihre Halbierungsinitiative mehr Zustimmung erhalten soll. Ich hoffe die Menschen in der CH lassen sich nicht so einfach beeinflussen und schätzen, gerade in diesen Zeiten, die Professionalität der SRG und ihrer Mitarbeiter. Ich wäre ja gespannt, ob nach der Abschaffung der SRG, sich Herr Mooser oder Herr Köppel dann mitten in ein Kriegsgebiet stellen würden...
  • Carl Just, 02.03.2022 08:39 Uhr
    Was soll das? Das Tragen einer Schutzweste im Kriegsgebiet ist doch eine absolute Selbstverständlichkeit.
  • Marco Bettoni, 01.03.2022 15:24 Uhr
    Die Kritik von Hubert Moser an Luzia Tschirky ist völlig gehaltlos. Noch wichtiger: sie entbehrt jeder Grundlage. Heute weiss man, dass am 24. Februar die Russen 75 Cruise-Missiles auf die Ukraine abgefeuert haben, und zwar über das ganze Land verteilt: mit einer Höhe von 15 bis 100 Metern fliegen diese Waffen sehr niedrig. Eine Schutzweste war also völlig normal, das Minimum. Wo wäre Hubert Moser gewesen, wenn Cruise-Missiles auf die Schweiz gerichtet gewesen wären? Im Gotthard? Kompliment an Luzia Tschirky!
  • Sara Bosshard, 01.03.2022 09:05 Uhr
    Luzia Tschirky berichtet meines Erachtens viel zu emotional. Sie wirkte bei ihren Einschaltungen auch sehr unsicher. Da macht es ihr Kollege Christoph Frantzen, der nun anstelle von Tschirky aus der Ukraine berichtet, wesentlich besser - unaufgeregt, nüchtern und sachlich.
  • Rolf Debrunner, 28.02.2022 16:06 Uhr
    Die aktuelle Wahrnehmung - auch aus dem Umfeld - ist eine andere. Leistungen anderer Sendegefässe können ja verglichen werden. Und klar: Die Auftritt in früheren Beiträgen soll nicht geschmälert werden. Ebenso klar: Es ist natürlich erlaubt, sich auch als Mitarbeiter des SRF hier kundzutun.
  • Hans-Ulrich Büschi, 28.02.2022 11:49 Uhr
    Luzia Tschirky - immerhin "Journalistin des Jahres" - hat es nicht nötig, sich mit irgendwelchen kriegerischen Accessoires in Szene zu setzen. Dazu ist sie zu professionell unterwegs. Gern würde ich hingegen den Schreibtischtäter Mooser, der seine unqualifizierbare Breitseite gegen Frau Tschirky aus seinem sicherlich wohltemperierten Büro aus abgefeuert hat, in einer vergleichbaren Situation beobachten... Petar Marjanovic hingegen danke ich für seine Intervention beim Presserat.
  • Rolf Debrunner, 28.02.2022 10:48 Uhr
    Generell bin ich gegen den tendenziösen Kommentar von Mooser. Dennoch: Tschirky stellt sich in übertrieben dramatisierender Weise in den Mittelpunkt. Der Informationsgehalt ihrer Kommentare ist dünn. Ganz im Gegenteil zu Ulrich Schmid von der NZZ (am Radio SRF1), der unaufgeregt nüchtern über die Ereignisse aktuell berichtet. Ebenso die Kommentare auf ARD und ZDF. Etwas weniger persönliche Dramaturgie von Tschirky wäre mehr...
  • Rolf Debrunner, 28.02.2022 10:47 Uhr
    Generell bin ich gegen den tendenziösen Kommentar von Mooser. Dennoch: Tschirky stellt sich in übertrieben dramatisierender Weise in den Mittelpunkt. Der Informationsgehalt ihrer Kommentare ist dünn. Ganz im Gegenteil zu Ulrich Schmid von der NZZ (am Radio SRF1), der unaufgeregt nüchtern über die Ereignisse aktuell berichtet. Ebenso die Kommentare auf ARD und ZDF. Etwas weniger persönliche Dramaturgie von Tschirky wäre mehr...
  • Willi Fetzer, 27.02.2022 13:46 Uhr
    Herrlich wie man alles kommentieren kann und darf in der Schweiz ! Und nichts wird zensuiert ! Auch das nicht, was der Redaktion nicht so in den Kram passt. Oder sehe ich das falsch ? Mal abwarten ...
  • Willi Fetzer, 27.02.2022 09:13 Uhr
    Jetzt wo wir den Schuldigen klar erkennen können im friedliebenden, freiheitlichen, rechtsraatlichen Land, der Ukraine, nämlich der böse Putin, dürfen, nein müssen wir, alles unternehmen um auf ihn draufzuhauen und ihn wegzubekomme. Ist ja klar, mindestens so muss ich schreiben, um im Netz und in richtigen Leben von allen Seiten Pluspunkte zu bekomme! Aber ich will keine Cumulus-Punkte, ich will friedliches Zusammenleben! Und obwohl ich nicht gross religiös bin, brauche ich hier ein Spruch: ...und wer ohne Fehler ist, der werfe den ersten Stein! Das müsste sich der GESAMTE WESTEN zuerst mal fragen! Und auch die PRESSE, die vergessen hat was sie eigentlich wäre! Die vierte Gewalt ! Und da ist es ihre Pflicht, objektiv, ausgewogen und Wahr zu informieren! Leider scheint das heute jedoch nicht mehr zu gelten! Und da möchte ich hier drin, was sicher zu Ablehnung führen wird, einen Beitrag den ich zufällig gestern gesehen habe, erwähnen mit Roger Köppel, ja genau diesem, war nie mein Sympathieträger, im Gegenteil!!, wo er genau das anspricht, worauf es jetzt ankäme: Putin verstehen, ihn begreifen, nachzuvollziehen, warum, weshalb! Das heisst nicht, dass man es billigen, akzeptieren muss oder darf! Jedoch er ist immer noch das Staatsoberhaupt einer Weltmacht, die auch noch Atomwaffen besitzt..... Unser aller Ziel muss es doch sein, Gesprächslösungen zu finden, und nicht Waffen zu liefern, damit der Krieg möglichst lange dauert.https://www.bild.de/video/clip/bild-tv/roger-koeppel-der-westen-hat-versagt-79255222.bild.html###wt_ref=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F&wt_t=1645949462223
  • Beat Sieber, 26.02.2022 15:23 Uhr
    Ich habe die Sendung auf SRFinfo auch gesehen und kann als Laie nichts daran kritisieren. Dass Frau Tschirky vielleicht etwas aufgeregt war, kann man nachvollziehen. Der Schmähartikel von Moser richtete sich gegen die SRG grundsätzlich. Dabei sollte man nicht vergessen, dass Herr Köppel im Januar anscheinend im Propagandamedium "Russia today" seinen Auftritt hatte. Auf persoenlich.com hatte ich davon gelesen. Putin, der eigentlich vor den Internationalen Strafgerichtshof gehört, sollte nicht noch Zuspruch von einem Parlamentarier erhalten.
  • Victor Brunner, 26.02.2022 13:49 Uhr
    Hubert Mooser hat nur versucht seinem Chef Roger Köppel nachzueifern. Gleiches Niveau, gleich Unkenntnisse, dazu noch etwas Fakten verzehren. Natürlich immer aus dem wohltemperierten "Wohnzimmer".
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