31.08.2000

"Big-Brother-Stars wie Zlatko wird es in der Schweiz nie geben"

Big-Brother-Moderator Dani Fohrler zu Schweizer Voyeuren, seinem Zielpublikum
"Big-Brother-Stars wie Zlatko wird es in der Schweiz nie geben"

Fernsehschaffende glauben, dass Big Brother Schweiz in die Hose geht. Sie nicht?

Fernsehschaffende glauben, dass Big Brother Schweiz in die Hose geht. Sie nicht?

Aber man weiss doch, dass die Schweizer keine Voyeure sind.

Ich bin vom Erfolg überzeugt. Es gibt gute Gründe dafür. Seit zehn Jahren klagen nämlich alle, dass es nichts Neues mehr gebe, dass niemand mehr das Fernsehen neu erfinden könne. Und siehe da, jetzt gibt es etwas Neues! Mit Robinson und Big Brother wurde ein völlig neues Sendegefäss erfunden, das erst noch sehr erfolgreich ist. Jetzt verwerfen dieselben Leute die Hände, die das Fernsehen eben noch tot geglaubt haben. Aber das Publikum ist da anderer Meinung.

Wer ist das Publikum, das Big Brother schaut?

Eigentlich alle, aber vor allem die Jungen. Das ist ja das Erstaunliche. Denn gerade die Jungen sind vom Fernsehen mit einer Menge spektakulärer Action-Filme und mit schrillen, lauten Video-Clips gefüttert worden. Robinson und Big Brother sind genau das Gegenteil: Beschaulich, ruhig, langsam, manchmal sogar fast langweilig.

Es ist doch stinklangweilig, Menschen in einem Container beim Zähneputzen und Schnarchen zuzusehen.

Ich weiss nicht, warum das so ist, aber gerade weil dieser Alltag von Mikrofonen und 26 Kameras vollgespickt ist, kann jederzeit irgendwo in einer Ecke etwas passieren. Ich selbst könnte mir auch vorstellen, dass Robinson mit seiner schönen Insel-Landschaft für viele unterhaltender war. Big Brother ist genau das Gegenteil. Die Big-Brother-Häuser sind wie McDonalds-Läden: Total künstlich aufgebaut.

Gerade dieses Künstliche macht ja die Sendung so stumpfsinnig.

Denke ich nicht. Das Spannende daran ist doch, dass niemand weiss, wie es mit den zehn völlig unterschiedlichen Menschen mit ihrer schweizerischen Mentalität im Container laufen wird. Normalerweise wird eine Sendung bis aufs letzte i-Tüpfelchen vorbereitet. Hier ist alles dem Zufall überlassen, keiner weiss, was dabei herauskommt. Ich bin überzeugt, dass diese Sendung auch dank dem weltweiten, professionellen Marketing so erfolgreich ist. Allerdings, Stars wie Zlatko wird es bei uns wohl nie geben.

Einige wünschten, die Gemeinschaft wäre etwas brisanter gemischt, etwa mit Lesben und Schwulen.

Wer weiss denn, wie die Ausgewählten in Wirklichkeit sind? Ich jedenfalls habe noch keinen von ihnen kennen gelernt. Das ist noch streng geheim. Man weiss nur, dass aus den 8300 Interessierten zehn Menschen zwischen 23 und 37 Jahren ausgewählt wurden, die aus sieben Kantonen stammen und deren berufliches Spektrum vom Artist bis zum Selfmademillionär reicht.

Würden Sie für 150‘000 Franken 15 Wochen lang ins Big-Brother-Haus gehen?

Ich glaube nicht, dass für diese Frauen und Männer das Geld im Vordergrund stand. Die meisten möchten einfach diese Grenzerfahrung machen. Ich selbst würde da nicht mitmachen, weil ich mit dem Moderieren von Fohrler live für meinen Geschmack schon genug Grenzerfahrungen mache.

Ist Talkmaster Ihr Traumberuf?

Ich bin ja per Zufall zum Fernsehen gekommen. Vorher war ich Moderator bei Radios. Mit einem Auge habe ich aber immer aufs TV geschielt. Eines Tages habe ich mich einfach beworben, wurde zu Castings eingeladen und – es hat geklappt, ich bin in der Talk-Show Dani Fohrler live gelandet.

War es Ihnen schon mal peinlich, wenn Ihre Gäste ihre privatesten Erlebnisse ausplauderten oder intimste Geständnisse offenbarten?

Mir muss das doch nicht peinlich sein. Etwas anderes wäre es, wenn jemand ausfällig würde. Dann würde ich dieser Person sicher nicht noch zehn Minuten Sendezeit geben, damit sie sich noch mehr blamiert.

Welche Themen sind für Sie tabu?

Keines, man kann über alles reden, wenn Grenzen gewahrt bleiben. Ich für mich verlasse mich auf mein "Gschpüri", wann ich Einhalt gebiete und wann nicht. Ich kann mich an eine Sendung mit dem Thema Hellsehen erinnern. Da hatte eine Frau plötzlich sowas wie eine Eingebung, oder sie bekam eine Botschaft aus dem Jenseits. Und just in diese mystische Spannung hinein ist mit lautem Knall ein Scheinwerfer zerplatzt. Das war so grotesk, dass alle lachten. Ich hoffe, dass in solchen Momenten mein Fingerspitzengefühl zum Tragen kommt.

Ist Ihnen selbst auch schon eine Panne passiert?

Bei 200 Sendungen und 1800 Interviews, die ich hinter mir habe, ist mir schon viel passiert. Die schlimmste Sendung war, als ich mit einer Magen-Darm-Grippe moderieren musste. Es war ausgerechnet die 200. Sendung, die etwas zu feiern und zu lachen gab. Aber bei Durchfall vermag es bekanntlich absolut keine Regung ertragen, auf gar keinen Fall darf man lachen.

Sie sind als Daily-Talkmaster ein Pionier in der Schweizer Fernseh-Landschaft. Wer talkt noch besser?

Da fallen mir einige Namen ein, etwa Alfred Biolek in Deutschland, Kurt Aeschbacher oder Patrick Rohr in der Schweiz. Aber sie alle machen eine ganz andere Sendung. Ich habe etwas gegen Begriffe wie besser oder schlechter. Jeder macht eine andere Sendung mit anderen Vorgaben.

Wenn Sie wählen könnten: TV oder eine Million. Wie würden Sie sich entscheiden?

(Lacht) Wie soll ich die Frage verstehen? Eine Million dafür, dass ich abtrete? Ist ganz klar, ich würde mich fürs Fernsehen entscheiden, in der Hoffnung, dass ich noch lange weitermachen kann.


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