29.04.2004

"Claudia Bossert, hatten externe KandidatInnen überhaupt eine Chance?"

Claudia Bossert (Bild) wird, wie gestern vermeldet, per 1. Juni Leiterin Kommunikation und Marketing von SF DRS. Was qualifiziert die 39-Jährige für diese anspruchsvolle, neu geschaffene Aufgabe? Wo sieht sie in der Pressearbeit des Schweizer Fernsehens Verbesserungspotential? Und bis wann soll die neue Abteilung stehen? "persoenlich.com" hat nachgefragt. Das Interview:
"Claudia Bossert, hatten externe KandidatInnen überhaupt eine Chance?"

Für Ihre neue Stelle sind nicht wenige Bewerbungen eingegangen. Was, denken Sie, hat den Ausschlag für Ihre Wahl gegeben?

Insgesamt sollen es dem Vernehmen nach 230 Bewerbungen gewesen sein, das Auswahlverfahren sei intensiv gewesen. Für mich mag gesprochen haben, dass ich die Sportkommunikation für das Schweizer Fernsehen DRS und für die Business Unit Sport (BUS) der SRG aufgebaut habe. Zudem habe ich während meiner langen Zeit in diesem Haus einiges an Wissen über SF DRS erlangt und kenne die Eigenheiten und Abläufe des TV-Handwerks von Grund auf. -- Aber eigentlich müssten Sie Ihre Frage an Ingrid Deltenre und den Regionalratsausschuss richten.

Das stimmt. Mich interessiert aber Ihre Sicht. Denken Sie, dass externe BewerberInnen überhaupt eine Chance hatten?

Meinen Informationen zufolge waren bis zur allerletzten Runde sowohl interne als auch externe Kandidaten im Rennen. Wer hier ein Gemauschel unter SF-DRS-Leuten vermutet, liegt falsch. Der Auswahlprozess war intensiv.

Die folgende Frage wird man irgendwann hoffentlich nicht mehr stellen müssen. Noch sind wir aber nicht so weit, deshalb: Spielte es eine Rolle, dass Sie eine Frau sind?

Weil wir in der Geschäftsleitung mit mir nun zwei Frauen "gegen" vier Männer sind? Diese Frage habe ich mir nie gestellt. Ich habe mich in den vergangenen vierzehn Jahren in der "Männerwelt" Sport bewegt, und auch da war das nie ein Thema für mich. Tendenziell bringen Frauen aber von Natur aus Eigenschaften mit, die in der Kommunikation von Bedeutung sind, so etwa die Fähigkeit zuzuhören und ein Gespür für Menschen und Situationen. Wieviele männliche und weibliche Kandidaturen nun in der Schlussphase des Auswahlverfahrens dabei waren, weiss ich nicht. Ich glaube auch nicht, dass das Geschlecht eine Rolle gespielt hat. Ganz allgemein hat Ingrid Deltenre das ja schon früh gesagt.

Der bisherige Kommunikationsstil von SF DRS polarisierte bekanntlich. Was macht Ihrer Meinung nach gute Kommunikation aus?

Mein Ziel ist es, Unternehmen und Programm so zu kommunizieren, wie sie sind. "Sei klar und offen", soll die hehre Maxime lauten, mehr Offenheit ist ganz zentral. Schliesslich kann man nicht erwarten, dass die Medien nur unsere Programminformationen abdrucken und wir alles Andere abblocken. Obwohl es wiederum auch Informationen gibt, die man nicht herausgeben kann. Wir möchten zu den Journalisten ein Vertrauensverhältnis aufbauen, damit sie auch verstehen können, wenn wir einmal schweigen müssen. Dass es dabei dennoch mal zu unterschiedlichen Meinungen kommen kann, ist klar. Mit Urs Durrer habe ich einen Leiter Media Relations, der sehr ähnlich denkt wie ich. Seine offene Kommunikation im Zusammenhang mit "MusicStar" war ein Novum bei SF DRS, genau so sollte es künftig immer sein! Auch seine Zusammenarbeit mit den privaten Sendern war toll. Man hat erkannt, dass sie keine Gegner sind -- ebensowenig wie die Journalisten.

Neben der Kommunikation werden Sie auch für die Entwicklung aller kommerziellen Aktivitäten von SF DRS verantwortlich sein. Wie wollen Sie diese Doppelbelastung bewältigen?

Die Vermarktung des Programms ist ein zentrales Anliegen. Wir können uns nicht auf dem sehr guten Gebührenpolster ausruhen, sondern müssen uns nach zusätzlichen Finanzierungsmöglichkeiten im Bereich TV-Sponsoring umsehen. Man soll die gesetzlichen Rahmenbedingungen aber nicht ausreizen. Wir erhalten viele Gebührengelder und können uns daher im Markt nicht gleich bewegen wie die privaten Sender.

Welche weiteren Einnahmequellen sehen Sie?

Wir müssen uns neue Formen überlegen, die über die reine Sponsorenpräsenz am Bildschirm hinausgehen. Zu denken wäre da etwa an eine Präsenz an Events, auf Merchandising-Artikeln, DVDs, im Internet usw. wo man Gesamt-Packages anbieten könnte. Mehr kann ich dazu aber noch nicht sagen, erst muss ich das mit Jörg Beer, dem Verantwortlichen fürdas TV-Sponsoring, angehen. Dies soll möglichst schnell geschehen, nach meinen ersten hundert Tagen sollte man in allen Bereichen die Stossrichtung erkennen können.

Zu Ihren zahlreichen Aufgaben wird der Aufbau der neu geschaffenen Abteilung gehören. Wo setzen Sie die Prioritäten?

Im Moment befassen wir uns noch mit ganz banalen Fragen wie Büroräume, Personal und Budgets. Während dieser Aufbauphase werden wir Ad-Hoc-Teams zur Betreuung der einzelnen Projekte -- etwa "Music Star" oder "Leben wie zu Gotthelfs Zeiten" -- bilden. Mein Ziel ist es aber, ab 2005 in der definitiven Struktur arbeiten zu können. Die Grobstruktur mit Ressorts wie beispielsweise den Media Relations oder dem Sponsoring steht ja bereits heute.Über die Ansiedlung anderer Kommunikations- und Marketing-Bereiche müssen wir noch diskutieren. Auch hier sind meine ersten hundert Amtstage die Zeitlimite, nach der alles klar sein sollte.


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