18.08.2003

"Dominik Kaiser, lieben Sie das Risiko?"

Am Wochenende wurde bekannt, dass der frühere Managing Director von Viva Plus, Dominik Kaiser (Bild), einen Fernsehsender für Jugendliche plant. Ein entsprechendes Konzessionsgesuch hat er bereits beim Bakom deponiert. "persoenlich.com" sprach mit dem Gründer und Hauptaktionär von Elevator-TV über die Chancen von interaktivem Fernsehen, über drohende Seichtigkeit und über Exitstrategien. Das Interview:
"Dominik Kaiser, lieben Sie das Risiko?"

Ihr Projekt heisst Elevator-TV. Wie sind Sie auf diesen Namen gekommen?

Aus zwei Gründen: Erstens betreibe ich bereits ein Label mit dem Namen Elevator Music. Zweitens passt der Name zu einem interaktiven Sender, bei dem die Zuschauer ihre Inhalte gewissermassen auf den Sender hochheben können.

Wer sagt ihnen denn, dass überhaupt jemand interaktives Fernsehen wünscht?

Niemand -- das ist lediglich mein Gefühl. Dank meiner Erfahrung als Fernsehproduzent sowie als Mitorganisator der Zürcher Street Parade kenne ich die Zielgruppe, die Elevator TV ansprechen soll, sehr gut. Zudem gibt es im Ausland viele gute Beispiele, wo die Interaktivität funktioniert hat. In England etwa hat der digitale Sender BSkyB die Interaktivität in alle Sende-Elemente eingebunden, auch in News und Reportagen. Die Zuschauer können dank der Set-Top-Box zu allen Features zusätzliche Informationen abrufen oder auch abstimmen. Es ist übrigens bezeichnend, dass nach der Übernahme von Direct TV durch News Corp. welche auch an BSkyB beteiligt sind, genau diese Funktionen auch in den USA übernommen werden sollen. Ein anderes Beispiel ist das amerikanische Gameshow Network. Zudem ist die Verbindung von SMS und Fernsehen in Deutschland und in der Schweiz bereits heute sehr beliebt. Das sehe ich bei "Deutschland sucht den Superstar", aber auch bei Formaten, die ich selber realisiert habe.

Elevator-TV will allerdings noch einen Schritt weitergehen, indem die Zuschauer auch gleich das Programm machen sollen.

Ja, die Zuschauer werden auf die Sendungen einwirken und abstimmen können. Auf der anderen Seite können sie aber auch eigene Inhalte beitragen. Denn es gibt in der Schweiz so viele kreative Kunstschaffende und andere Leute mit lustigen Ideen.

Sie sagen "lustig". Wird es auch Platz für Tragisches geben?

Unser Programm soll sicher unterhaltend sein. Das ist beim Fernsehen eine Bedingung, sonst hat es nichts zu melden. Natürlich kann man auch mit Tragik unterhalten, doch wird das nicht unsere Stossrichtung sein. Wir werden kein Reality TV zeigen, wo man Unfälle aus nächster Nähe sieht. Natürlich wird nicht immer alles "lustig" sein. Wir werden uns auch mit ernsten Themen wie Politik befassen.

Und wie wollen Sie der Gefahr der Seichtigkeit entgehen?

Die Inhalte werden gewisse Kriterien erfüllen müssen, um gesendet zu werden. Zudem wird unsere Redaktion filtern müssen. Im Moment möchte ich bezüglich der einzelnen Formate aber noch nicht ins Detail gehen -- der Medienmarkt ist doch sehr aktiv, und gute Ideen werden schnell absorbiert.

Frühjahr 2004 als Starttermin ist ein ambitiöses Ziel. Was gibt Ihnen die Gewissheit, die Konzession vom Bakom so schnell zu erhalten?

Gewissheit haben wir keine, aber aufgrund unserer Gespräche mit dem Bakom haben wir haben das Gefühl, dass es mit dem eingereichten Gesuch schnell gehen könnte. Allerdings fragen Sie dort besser selber nach, ich kann nicht für das Bakom sprechen. Der Frühling endet jedenfalls am 21. Juni, und bis dahin geht es noch lange.

Wie weit sind Sie denn mit den Vorbereitungen?

Hinter den Kulissen ist viel gelaufen. Doch auch hier möchte ich nichts verraten. Wir haben jedenfalls eine sehr klare Vorstellung von dem, was wir machen möchten und mit wem. Sonst hätten wir kein Konzessionsgesuch eingereicht. Natürlich können sich noch Änderungen ergeben.

Wo werden Sie denn beispielsweise Ihre Studios haben?

Zuhause sind wir in Zürich und Umgebung, klassischen Studios werden wir aber keine haben. Diese Infrastruktur bindet man sich besser nicht ans Bein, da gibt es schon seit Jahren genügend günstige Lösungen.

Und wo rekrutieren Sie Ihre 15 MitabeiterInnen?

Einen Teil davon haben wir schon im Auge, einen weiteren werden wir nach einem OK vom Bakom angehen. Dann werden wir auch Stellenanzeigen aufsetzen.

Ausschreibungen für Praktikantenplätze, wie sie Ihr künftiger Mitbewerber U1 TV Station aufgesetzt hat?

Es wird sicher auch Praktikanten geben. Die sind wichtig für den jugendlichen Touch, der unserer Zielgruppe entspricht.

Wie viele Stunden wollen Sie täglich senden?

Tag und Nacht. Es wird aber keine Loops im eigentliche Sinn geben, sondern Stundenformate, die sich wiederholen.

Als Hauptaktionär haben Sie bei einem Aktienkapital von 100'000 Franken mindestens 50'000 investiert. Lieben Sie das Risiko?

Wenn man etwas Neues auf die Beine stellen will, muss man Risiken eingehen. Das habe ich schon immer so gesehen. Beim Aufbau meiner zwei Musik-Labels glaubte niemand daran, dass man mit Techno Geld verdienen kann. Desgleichen mit meiner TV-Produktionsfirma: Als ich begann, zweifelten auch alle. Inzwischen ist sie seit 1997 profitabel. Ich glaube, ich habe ein ganz gutes Gefühl dafür entwickelt, was möglich ist und was nicht . Risiken sind auch gut, sie vergrössern die Motivation, erfolgreich zu sein.

Wer hilft Ihnen, das Risiko zu tragen?

Die Investoren stammen alle aus dem Umfeld des Senders: Berater und künftige Angehörige des Managements.

Wer ist das konkret?

Das werden wir in einem nächsten Schritt bekannt geben, vermutlich nach dem Feedback des Bakom.

Wieviele Leute beschäftigen Sie denn zur Zeit?

Bevor wir senden, bauen wir keine Infrastruktur auf. Deshalb sind im Moment nur Freie beteiligt sowie Leute, die auch nach dem Sendestart mitmachen werden. Auch die gehen übrigens ein Risiko ein, indem sie Herzblut und Freizeit investieren.

Wie soll das laufende Programm finanziert werden?

Mit Werbung, Sponsoring und über Telefongebühren von SMS und MMS. Wir haben eine Marktabklärung gemacht und mit potentiellen Kunden und Partnern gesprochen -- die Zeichen stehen gut! Bei den Partnern sind die Verhandlungen noch im Gange, Namen möchte ich daher keine nennen.

Im Handelsregister ist ersichtlich, dass auch eine internationale Expansion in Frage kommt. Wie soll das aussehen?

Das ist nicht unser nächster, sondern vielleicht ein fünfter Schritt. Ich habe in den vergangenen Jahren einige internationale Sachen gemacht und besitze dadurch einiges an Kontakten und Goodwill. Ich spreche auch immer wieder mit grösseren Unternehmen im Ausland bezüglich anderer Projekte und dabei habe ich auch Elevator-TV erwähnt um Feedback und Meinungen einzuholen. Zusätzlich ist die Schweiz ist ja ein schöner Testmarkt für grössere Länder. Es ist aber nicht so, dass der Einstig eines Grösseren im Moment geplant ist.

Und wie sieht Ihre persönlich Exitstrategie aus?

Die gibt es nicht. Ich will die nächsten Jahre Fernsehen machen, das Medium ist extrem lässig. Zudem baue ich keine Firma auf, um mich dann gleich wieder zurückzuziehen -- da müsste ich mir ja schon wieder etwas Neues einfallen lassen (lacht).


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