26.09.2021

Bundestagswahl

«Es war selten so spannend»

Deutschland hat gewählt. Die Parlamentswahl besiegelt das Ende der Ära von Kanzlerin Angela Merkel. SRF sendete am Sonntag live aus Berlin. Cornelia Boesch moderierte die Sondersendungen aus einem Open-Air-Studio direkt gegenüber dem Reichstagsgebäude.
Bundestagswahl: «Es war selten so spannend»
Cornelia Boesch moderierte am Sonntag zwei Sondersendungen «SRF News Spezial – Wahlen Deutschland» live aus Berlin. (Bild: Screenshots SRF)
von Christian Beck

Frau Boesch, Sie haben am Sonntag zwei Sondersendungen zu den Bundestagswahlen direkt aus Berlin moderiert. Wie nervös waren Sie?
Natürlich hat man vor solch grossen Sendungen immer ein bisschen das Muffensausen. Klappt alles in technischer Hinsicht? Macht uns Corona keinen Strich durch die Rechnung? Aber in erster Hinsicht war ich wegen der Ausgangslage gespannt, wie es rauskommt.

Was reizte Sie daran, diesen Job anzunehmen?
Ich bin Politjournalistin. Und wenn im wichtigsten Nachbarland die Weichen neu gestellt werden, war es keine Frage, da wollte ich hautnah dabei sein. Wer übernimmt nach 16 Jahren Merkel? Es war selten so spannend.

Normalerweise moderieren Sie die «Tagesschau»-Hauptausgabe aus dem Studio Zürich, dies übrigens seit genau zehn Jahren. Welches waren die grössten Unterschiede im Studio Berlin?
Berlin war ein prächtiges Outdoor-Studio vor der prächtigen Kulisse des Reichstages, direkt an der Spree. Die Nase in der wirklich sehr frischen Luft. Eine «Tagesschau» aus Zürich geht in der Regel wie geplant über den Sender. In einer Sondersendung wie bei den Wahlen in Berlin wird fortwährend entschieden – was machen wir als Nächstes?

«Schliesslich wurde ein Stück deutsche Geschichte geschrieben»

War es wichtig, dass direkt aus Berlin gesendet wurde und nicht etwa einfach aus Zürich mit Schaltungen?
Das war ein Grundsatzentscheid: Sind wir im Studio Zürich, analysieren aus der Distanz? Oder sind wir mittendrin? SRF hat sich aus verschiedenen Gründen für die zweite Variante entschieden, mit Gästen vor Ort, Reporterinnen und Reportern bei den Parteien. Schliesslich wurde ein Stück deutsche Geschichte geschrieben.

Wie und wie lange bereiteten Sie sich auf diesen Sondereinsatz vor?
Seit im Frühling klar war, dass wir aus Berlin senden, habe ich mein Augenmerk natürlich vermehrt auf die deutsche Politik gerichtet. Damit ich inhaltlich auf der Höhe bin. Spezifisch für die Sendung war das Team die ganze vergangene Woche am Vorbereiten.

Gab es auch eine Art Generalprobe? Oder kann man eine Wahlsendung gar nicht vorbereiten?
Natürlich mussten wir proben. Vor allem, ob die Technik nach Zürich funktioniert, ob alle wissen, was sie zu tun haben, ob allen alles klar ist. Ob die Leitungen in die Parteizentralen stehen etc. Wir probten vorwiegend technische Szenarien, danach hiess es: Let's Rock!

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Drei TV-Trielle gab es im Vorfeld im deutschen Fernsehen. Wer argumentierte aus Ihrer Sicht am besten?
Ich finde, alle drei – sowohl Scholz wie Laschet oder Baerbock – hatten ihre kleinen schillernden Minuten. Für mich überwogen jedoch bei allen dreien die eher schwachen Momente.

Waren diese TV-Auftritte matchentscheidend für die Wahlen?
Diese TV-Debatten leisten etwas Entscheidungshilfe. Wenn es gut läuft, ist der Nutzen in der Regel weniger gross als der Schaden, wenn es schlecht läuft.

«Aus Deutschland höre ich etwas mehr Leidenschaft»

Wie erleben Sie die deutschen Politikerinnen und Politiker im Vergleich mit jenen aus der Schweiz?
Aus Deutschland höre ich etwas mehr Leidenschaft und vor allem Humor an der Auseinandersetzung. Hängt auch mit dem politischen System zusammen.

Während der Sondersendungen sorgte Berlin-Korrespondentin Bettina Ramseier für Einordnung. Wie intensiv war der Kontakt zu ihr im Vorfeld?
Wir hatten vor allem Organisatorisches zu besprechen. Auf dem Plateau waren die Rollen von Beginn weg klar: Ich bin Gastgeberin der Runde, Bettina erklärt dem Schweizer Publikum die deutsche Politik, zusammen analysieren wir die Geschehnisse.

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Unter anderem auch Ihre «Tagesschau»-Kollegin Monika Schönenberger war als Sonderkorrespondentin in Deutschland im Einsatz. Hätte Sie dies nicht auch gereizt?
Das hat mich auch gereizt – aber das grosse Ganze im Blick zu haben, das war noch verlockender.

An der Produktion waren viele Frauen beteiligt – auch im Hintergrund. Fühlten Sie sich dadurch getragen?
Ich finde es bloss zeitgemäss, dass Frauen heute genau dasselbe zugetraut wird wie den männlichen Kollegen. Am liebsten arbeite ich mit einem tollen, tatkräftigen, kreativen und schlauen Team, ganz unabhängig vom Geschlecht.

Wie war die Stimmung in Berlin?
Die war toll. Eine schöne Mischung aus Anspannung, Freude, Konzentration, Teamgeist, Zeitgeist, kreativem Stress, Berliner Wind und Wetter.

«Meine Eltern waren schon beide sehr interessiert am Zeitgeschehen»

Sind Sie eigentlich auch privat stark an Aussenpolitik interessiert?
Ja, seit jeher. Meine Eltern waren schon beide sehr interessiert am Zeitgeschehen. Bei uns lagen viele Zeitungen rum. Spätestens in der Zeit, als ich zu Reisen begann, interessierte mich der Blick über den Tellerrand je länger je mehr. Auch deshalb gehöre ich bei SRF der «Fachredaktion Ausland» an.

Der Einsatz am Sonntag war lang. Wie verbringen Sie nun den Wochenanfang?
Zuallererst steht nun die Heimreise an, danach ausgiebiges Nichtstun. Anschliessend belohne ich mich mit einer Zugfahrt nach Paris, ich will unbedingt den verhüllten Arc de Triomphe sehen.



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Kommentare

  • Maya Ziegler, 27.09.2021 07:55 Uhr
    Cornelia Bösch hat einen sehr guten Job gemacht. Ich wollte nur kurz in die Sendung reinschauen und bin hängengeblieben. Sie hat es verstanden Spannung und Inhalte zu kombinieren und überzeugte mich hohem Sachverständnis. Dass sie zudem äusserst sympathisch ist und deshalb mit ihrem gewinnenden Auftreten punkten konnte, ist ein eine wundervolle Zugabe.
Kommentarfunktion wurde geschlossen

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