28.10.2017

Impressum

Gang an die Weko wegen Tamedia-Plänen

Der Zürcher Medienkonzern missbrauche seine marktbeherrschende Stellung, ist der Berufsverband der Journalisten überzeugt. Er ruft deshalb die Wettbewerbskommission an. Impressum missbrauche mit dieser Beschwerde die Weko für eine Kampagne, heisst es bei Tamedia.
Impressum: Gang an die Weko wegen Tamedia-Plänen
Redaktionsmitglieder der Berner Tageszeitungen «Der Bund» und der «Berner Zeitung» protestierten Mitte August gegen den geplanten «Einheitsbrei». (Bild: Keystone/Peter Schneider)

Impressum, der Berufsverband der Schweizer Journalistinnen und Journalisten, kämpft gegen die Vereinheitlichung der Tamedia-Tageszeitungen, indem er die eidgenössische Wettbewerbskommission (Weko) anruft. Er macht geltend, der Zürcher Medienkonzern missbrauche seine marktbeherrschende Stellung, was sozial schädliche Auswirkungen habe.

Konkret geht es um die geplante Zusammenlegung von Tamedia-Redaktionen. Das Zürcher Medienhaus plant, ab 1. Januar 2018 die überregionale Berichterstattung seiner Tages- und Sonntagszeitungen in den Ressorts Inland, Ausland, Wirtschaft, Sport sowie Kultur und Gesellschaft an je einem Standort pro Sprachregion zu konzentrieren. Grund für diese Bündelung der Ressourcen ist der starke Rückgang der Werbeumsätze (persoenlich.com berichtete).

Nach Ansicht von Impressum hat diese Konzentration der Zeitungsredaktionen eine in der Schweiz «noch nie dagewesene Verarmung der Informations- und Meinungsvielfalt» zur Folge, wie es in einer Mitteilung des Berufsverbandes vom Freitag heisst. Er will deshalb, dass sich die Weko der Sache annimmt. Die Wettbewerbskommission soll feststellen, in welchen Regionen der Schweiz die Tamedia über eine marktbeherrschende Stellung verfügt. Zudem müsse die Weko prüfen, ob das Verhalten des Zürcher Medienhauses volkswirtschaftliche oder sozial schädliche Auswirkungen zeitigt, schreibt Impressum.

Tamedia soll Massnahmen aussetzen

Als «vorsorgliche Massnahme» fordert der Journalistenverband, dass Tamedia die Reorganisationsmassnahmen einstweilen aussetzt. Der Medienkonzern plant für die Bündelung der Kräfte drei so genannte Kompetenzzentren in Bern, Lausanne und Zürich. Kündigungen seien keine Vorgesehen, betonte das Unternehmen bei der Bekanntgabe seiner Pläne.

In der «Berner Zeitung» werde künftig dasselbe stehen wie im «Bund» – mit Ausnahme der Lokalnachrichten, befürchtet Impressum. Die Texte für die Leser in Bern würden zu einem grossen Teil aus Zürich angeliefert. Nur weil Tamedia dort keine lokale Konkurrenz zu fürchten habe, könne sie es sich leisten, diese Redaktionen zu demontieren.

Auch dass in den Zürcher Regionalzeitungen künftig die gleichen Inhalte wie im «Tagesanzeiger» zu lesen sein werden, kritisiert Impressum. Auch werde die «Tribune de Genève» zu einem Grossteil mit «24 Heures» aus Lausanne gleichgeschaltet. In einer Demokratie sei dies bedenklich, bildeten sich die Stimmberechtigten doch ihre Meinung aus den Zeitungen.

«Weko wird missbraucht»

Bei Tamedia zeigte man sich am Freitag befremdet über das Vorgehen des Journalistenverbands. Impressum missbrauche mit dieser Beschwerde die Weko für eine Kampagne, sagte Konzernsprecher Christoph Zimmer auf Anfrage von persoenlich.com. «Das Kartellgesetz ist auf eine solche interne Reorganisation gar nicht anwendbar.» Tamedia verfüge weder über ein Monopol noch sei das Medienhaus in der gesamten Schweiz marktbeherrschend, wie Impressum unterstelle, betonte Zimmer.

Dem stimmt auch Wettbewerbsrechtler Roger Zäch von der Universität Zürich zu. «Eine kartellrechtliches Problem kann ich nicht erkennen», so Zäch gegenüber persoenlich.com.

Weiter sagte Zimmer, dass dank einer engeren Zusammenarbeit zwischen den Tageszeitungen der unabhängige Journalismus gestärkt und die technologischen Möglichkeiten für neue Angebote genutzt werden könnten. Er wies zudem darauf hin, dass sich die Zeit der Konsumenten auf immer mehr Informations-, Social-Media- und Werbeplattformen verteile. Dies sei eine grosse Herausforderung für einen Medienkonzern. (sda/cbe)


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