13.12.2018

Persönlichkeiten 2018

«Ich mag Transparenz und schätze Ehrlichkeit»

Das Joint Venture zwischen AZ Medien und NZZ-Regionalmedien hat 2018 den operativen Betrieb aufgenommen. Mitte November wird klar: CH Media baut 200 Stellen ab. CEO Axel Wüstmann spricht im sechsten Teil unserer Serie über Mitarbeiter, Marktanteile – und Massaker.
Persönlichkeiten 2018: «Ich mag Transparenz und schätze Ehrlichkeit»
«Natürlich baue ich nicht gerne Stellen ab», sagt Axel Wüstmann, CEO von CH Media. (Bild: zVg., Grafik: Corinne Lüthi)

Herr Wüstmann, Sie haben 2018 Mediengeschichte geschrieben: 200 Stellen werden in zwei Jahren abgebaut (persoenlich.com berichtete). Wie fühlt man sich dabei?
Eines vorneweg: Ich hoffe, dass wir mit dem Start von CH Media im Oktober 2018 Mediengeschichte schreiben werden. Jetzt zu Ihrem Punkt: Natürlich baue ich nicht gerne Stellen ab. Es ist aber ein wichtiger und notwendiger Schritt, um aus den beiden Unternehmen NZZ-Regionalmedien und AZ Medien CH Media zu formen. Ich habe es schon oft gesagt: Alleine wäre es für beide Unternehmen schlechter gekommen. Wir haben mehr Chancen und mehr Möglichkeiten zusammen. Das ist meine feste Überzeugung. Aber natürlich ist das kein Trost für die betroffenen Mitarbeitenden.

200 Vollzeitstellen sind für die Schweizer Medienbranche sehr viel. «Republik»-Bundeshausautor Dennis Bühler bezeichnete den Abbau als «November-Massaker». Eine treffende Umschreibung?
Ich denke nein. Ein Massaker umschreibt für mich eine Art und Weise, mit der ich mich weder identifiziere, noch werde ich für diese stehen. Aber als journalistische Zuspitzung kann ich es verstehen.


Zum Start von CH Media wählten Sie deutliche Worte an die Mitarbeiter: «Es wird harte Entscheidungen geben müssen.» Mögen Sie klare Ansagen?
Ich mag Transparenz und schätze Ehrlichkeit. Die erwarte ich auch.

Wie haben Ihre Mitarbeiter auf das «Integrationsprogramm» reagiert?
Grundsätzlich haben die Kolleginnen und Kollegen sehr, sehr professionell reagiert. Ich denke, alle wissen, wie schwierig der Markt ist. Der überwiegende Teil versteht, dass wir die sogenannten Doppelspurigkeiten abbauen müssen. Das liegt in der Natur der Sache, wenn zwei Unternehmen sich zusammenschliessen. Ich glaube, die Transparenz und offenen Worte halfen den meisten Mitarbeitenden, die Situation von Beginn an richtig einzuschätzen. Und natürlich gibt es Unsicherheit, das kann man nicht wegdiskutieren. Ich würde aber trotzdem wieder so kommunizieren.

«Wir werden vermutlich Ende Januar erste Resultate haben»

Sie sagten in einem persoenlich.com-Interview, dass ein Sozialplan ausgearbeitet werde. Gibt es schon erste Resultate?
Die Personalkommission der CH Media hat sich Ende November konstituiert. Wir werden in den nächsten Tagen ein erstes Meeting abhalten und vermutlich Ende Januar erste Resultate haben.

Seit 1. Oktober ist CH Media operativ tätig. Nimmt das Joint Venture Fahrt auf?
Das ist eine gute Frage. Wichtig ist vor allem, dass die bisher am Markt tätigen Bereiche keine Fahrt verlieren. Da machen die Kolleginnen und Kollegen einen sehr, sehr guten Job und leisten weit mehr als unter normalen Umständen. Trotz aller Projekte und Umbaumassnahmen machen wir weiterhin erstklassige Produkte, verlieren aktuell keine Marktanteile und können sogar Investitionsvorhaben umsetzen und erste Chancen nutzen. Bis CH Media wirklich Fahrt aufnimmt, wird es wohl noch 12 bis 18 Monate dauern.

Welche Schlagzeilen wird man 2019 über CH Media lesen?
«Die Integration schreitet voran», «CH Media investiert in die Zukunft», «Der Motor läuft noch nicht rund», «CH Media mit solider finanzieller Entwicklung». Es wird ein gemischtes Bild sein. Persönlich freue ich mich, wenn wir trotz vieler Veränderungen und neuer Strukturen ein attraktiver Arbeitgeber bleiben, der sich dem Journalismus verpflichtet fühlt. Und ein Arbeitgeber, dessen Mitarbeitende die Herausforderungen verstehen und sich weiterhin motiviert für CH Media engagieren.

«Das ist eine der schönen Seiten meiner neuen Herausforderung»

Auch für Sie persönlich war das Jahr 2018 einschneidend: Vom CEO der AZ Medien zum CEO von CH Media. Wie spüren Sie, dass Sie plötzlich viel mehr Mitarbeitende haben?
Ich bin immer noch damit beschäftigt – und werde es wohl noch einige Zeit sein –, die Mitarbeitenden kennenzulernen. Neue Menschen und neue Perspektiven kennenzulernen, das ist eine der schönen Seiten meiner neuen Herausforderung.

Dann kennen Sie noch nicht alle Ihre Mitarbeiter namentlich…
Kennen Sie 2200 Menschen namentlich und mit Gesicht zum Namen?

Ich mit meinem Namensgedächtnis bin ein schlechter Massstab. Wie häufig besuchen Sie die Redaktionen in den Regionen?
Ich habe bereits in den ersten paar Wochen an verschiedensten Sitzungen in den Bereichen teilgenommen. Auch in den Redaktionen. Wichtig ist natürlich auch, dass meine Kolleginnen und Kollegen aus der Unternehmensleitung ihre neuen Bereiche und Mitarbeitenden kennenlernen. Dort ist die tägliche Zusammenarbeit viel intensiver und für das Geschäft zentral.

Sie sind Chef über diverse Zeitungen, Radios und Fernsehstationen. Welche Medien konsumieren Sie persönlich?
Ich konsumiere alle Medien. Aber nicht alle Marken. Das geht nicht. Es sind über 80.

«Die Phase ist spannend und anstrengend zugleich»

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus? Der startet vermutlich früh und dauert lange…
Am Schluss muss jeder auch essen und schlafen, und freie Zeit braucht man auch. Aber klar, die Phase ist spannend und anstrengend zugleich.

Haben Sie überhaupt noch Zeit für ein Privatleben? Wie schaffen Sie sich Inseln?
Ich schaffe es von Zeit zu Zeit, aber in den letzten zwölf Monaten sicherlich weniger als früher. Das gilt aber für alle Kolleginnen und Kollegen bei uns. Das Gute ist, wenn der Job Freude bereitet und es vorwärts geht, müssen die Inseln nicht allzu gross sein.

Welchen Wunsch haben Sie für 2019?
Für mich persönlich und für alle anderen auch: Gesundheit.



In der Serie «Persönlichkeiten 2018» lassen wir Menschen, die 2018 von sich reden machten, nochmals zu Wort kommen. Weitere «Persönlichkeiten 2018» finden Sie hier.

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