30.04.2004

Kurt W. Zimmermann

"Ich verwende in meiner Kolumne keine Internas"

Vormarsch des Thesenjournalismus beklagt.

Der Medienexperte und Weltwoche-Kolumnist Kurt W. Zimmermann muss mit dem Vorwurf leben, Tatsachen erfunden und verdreht zu haben, seit er im Rahmen seiner Weltwoche-Kolumne der Kommunikationschefin der Migros eine Veränderung der Gesichtsfarbe angedichtet hat, die er selber nicht beobachtet hatte ("Die Migros-Kommunikationschefin erbleichte."). Im Interview mit der Mittelland Zeitung hat "Zimmi" sich jetzt zu seinem Umgang mit der Wahrheit, zum Vormarsch des Thesenjournalismus und zu jungen Journalisten, die lieber abschreiben als recherchieren, geäussert.

Kritisch beäugen müsse man die Medienszene, sagt Zimmermann. Es sei kein gutes Zeichen, dass er der einzige Medienkolumnist des Landes sei. Ein so wichtiger gesellschaftlicher Faktor wie die Medien müsse reflektiert sein, so Zimmermann. Zumal die journalistischen Prinzipien von früher "auslaugen": "Die aktuelle Renaissance des Meinungsjournalismus hat die Standards verändert, indem klassische Kriterien wie Objektivität und Sachgerechtigkeit an Bedeutung verlieren. Ich bin gegenüber dem heutigen Journalismus nicht kritischer, weil ich nur noch am Rande -- als Kolumnist -- dabei bin, sondern weil sich der Journalismus zum Unguten verändert hat", so Zimmermann.

Ein Problem sieht der Kolumnist in den Recherchiergewohnheiten vieler junger Journalisten, die "heute nicht mehr am Telefon oder durch Direktkontakte recherchieren, sondern in den Zeitungen und im Internet. Dort finden sie nur, was andere schon geschrieben haben." So sei denn der Vormarsch des Thesenjournalismus auch augenfällig. Dass in seinen eigenen Kolumnen Quellenangaben oft fehlen, wie die Mittelland Zeitung feststellt, stört Zimmermann hingegen nicht. "Es ist nicht mein Job, nachzurecherchieren, was an Fakten in den Medien steht. Ich analysiere, wie die Medien und ihre Mechanismen funktionieren", lautet seine Erklärung.

Vorwürfe, dass er als ehemaliger Kadermann der Tamedia die Geschäftspolitik seines früheren Arbeitgebers öffentlich kritisiere, lässt "Zimmi" nicht gelten, gibt aber zu: "Das ist ein heikler Punkt. Unlauter wäre dies, wenn ich gegen die Treuepflicht verstossen würde. Das tue ich aber nicht. Ich verwende in der Kolumne keine Internas, ich werde nie aus Tamedia-Protokollen zitieren, ich verwende nur öffentlich zugängliche Informationen."


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