14.12.2000

Nationalfonds-Studie

"Journalisten in der Schweiz"

Forderung nach besserer Ausbildung und gerechteren Löhnen.

Wer sind die Männer und Frauen, die mit ihrer journalistischen Arbeit grossen Einfluss auf die Meinungsbildung in der Schweiz haben? Welche Ausbildung und Ziele haben sie? Wie sehen sie ihre Arbeitsrealität? Diese und viele andere Fragen stellten sich die Forscher der kommunikationswissenschaftlichen Institute der Universitäten Bern und Zürich anlässlich ihrer Nationalfonds-Studie "Journalisten in der Schweiz". Ihr Ziel war eine umfassende und aktuelle Bestandesaufnahme der Schweizer Medienschaffenden. Die Autoren - Heinz Bonfadelli, Roger Blum, Mirko Marr und Vinzenz Wyss - präsentierten die Ergebnisse ihrer Studie am Donnerstag in Zürich. Diese beruhen auf einer schriftlichen Befragung von 2020 Medienschaffenden und auf persönlichen Interviews mit 41 Führungsverantwortlichen in allen drei Sprachregionen.

Das Gross der Schweizer Medienschaffenden ist 30 bis 45 Jahre alt - mit einer Tendenz zur Verjüngung. Der geringe Anteil älterer Journalisten offenbare, dass der Beruf im Gegensatz zu anderen akademischen Tätigkeitsfeldern nicht lebenslang ausgeübt werde, hielt Vinzenz Wyss vom Berner Institut für Medienwissenschaft fest. 44 Prozent der Journalistinnen und Journalisten absolvierten zwar ein Hochschulstudium, die Ausbildung für Medienschaffende ist in der Schweiz aber immer noch nicht systematisch strukturiert. So sagten viele Befragte, dass sie mit den redaktionsinternen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten unzufrieden seien, sagte Wyss.

Gemäss Mirko Marr vom Zürcher Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung lässt sich festhalten, dass der typische Schweizer Journalist in der Deutschschweiz lebt und arbeitet, männlich ist, etwa 40 Jahre alt, über ein Hochschulstudium und eine Berufserfahrung von 15 Jahren verfügt. Der Frauenanteil jedoch stieg seit 1980 massiv von 17 auf 32 Prozent. Mit Ausnahme des Sports seien in allen Ressorts 25 Prozent der Redaktoren Frauen, sagte Marr. Bestehen blieben jedoch die strukturellen Nachteile wie geringe Frauenquoten in Führungspositionen und deutlich niedrigere Löhne.

Über diese bestehende Benachteiligung hinweg sind die Medienschaffenden sehr zufrieden mit ihrem Beruf und äussern sich ähnlich über ihre Arbeit. So glauben Schweizer Medienschaffende nicht, dass der "normale Journalist" wegen der Online-Medien nicht mehr gebraucht werde. Das Internet-Angebot werde als ökonomische Konkurrenz und journalistische Ergänzung wahrgenommen, sagte Wyss. Deshalb wird das Ende des Journalismus nicht befürchtet. Im Gegenteil: Die journalistische Selektion, Analyse, Einordnung und Gewichtung werde künftig gar noch verstärkt benötigt.



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