18.12.2019

Presserat

Leitentscheid zu Native Advertising

Der Schweizer Presserat rügt die NZZ am Sonntag für die Gestaltung einer Werbeanzeige.

In Schweizer Zeitungen und Online-Medien erscheinen vermehrt Beiträge, bei denen es sich um gekaufte Werbung handelt, die aber nicht eindeutig als solche zu erkennen sind. So heisst es in einer Mitteilung des Schweizer Presserats. Laut diesem wird so das Publikum getäuscht und irregeführt. Die Medien schaden so ihrer eigenen Glaubwürdigkeit als unabhängige Berichterstatter. Der Presserat besteht drauf, das Publikum müsse Werbung und redaktionellen Inhalt auf den ersten Blick unterscheiden können.

Beim Presserat sind mehrere Beschwerden eingegangen, die eine unklare Trennung zwischen redaktionellem Inhalt und Werbung rügen. Eine Beschwerde hat der Presserat bereits behandelt. Sie kritisiert die NZZ am Sonntag wegen eines ganzseitigen Beitrags mit dem Titel «Superheld Schweinefleisch». Die Seite ist in Schrift, Layout und Gestaltung weitgehend identisch mit den redaktionellen Seiten der NZZ am Sonntag. Es gibt nur zwei Unterschiede: Im Seitentitel steht «Sponsored Content von Proviande» und am Ende des Artikels steht: «Dieser Artikel wurde von NZZ Content Solutions im Auftrag von Proviande erstellt.» Nach Ansicht des Presserats können Leserinnen und Lesern nur durch sehr genaues Hinsehen erkennen, dass es sich um bezahlte Werbung und nicht um redaktionellen Inhalt handeln dürfte. Damit hat die NZZ am Sonntag den Journalistenkodex verletzt. Dieser verlangt, dass bezahlte Inhalte von redaktionellen gestalterisch klar abgehoben sind. Ist dies nicht der Fall, muss die Werbung klar als solche deklariert sein. Beides hat die NZZ am Sonntag unterlassen.

In solchen Werbeformen wird oft fälschlicherweise der Begriff «Sponsoring» verwendet, obwohl es sich offensichtlich um Werbung handelt. Beim Sponsoring werden redaktionelle Beiträge finanziert, ohne dass auf deren Inhalt Einfluss genommen wird. Bezahlter Inhalt ist dagegen Werbung. Auch diese Vermischung von Sponsoring und Werbung schadet laut Presserat der Glaubwürdigkeit des Journalismus.

Der Berufsverband Impressum begrüsst die Stellungnahme und verlangt ihre Publikation durch die NZZaS. «Impressum fordert alle Medienunternehmen auf, ab sofort auf die Praxis der offensichtlich beabsichtigten Verwechselbarkeit zwischen redaktionellen und bezahlten Inhalten zu verzichten, da sie die Glaubwürdigkeit der ganzen Branche und damit letztlich auch den wirtschaftlichen Erfolg der Medienunternehmen gefährdet», heisst es in einer Mitteilung vom Donnerstag. (pd/lol/cbe)



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Kommentare

  • Urs Thalmann, 20.12.2019 11:30 Uhr
    Sehr geehrter Herr Custer, das mit der Haltung der Journalistinnen und Journalisten stimmt nicht ganz: Immerhin haben sie über ihren (grössten) Verband impressum eine klare Haltung. Sie lehnen "native advertising" klar ab, weil - wie Sie es treffend ausdrücken - die Verwechselbarkeit offensichtlich beabsichtigt ist. Solches widerspricht sämtlichen Branchenstandards ("Journalistenkodex", "code of conduct", etc.) und natürlich letztlich auch der ökonomischen Vernunft. Entsprechende Medienmitteilungen finden Sie hier: https://www.impressum.ch/content/details/schweizer-presserat-native-advertising-in-der-nzz-a-s-verletzt-den-journalistenkodex https://www.impressum.ch/content/details/tamedia-verletzt-code-of-conduct-und-presseratsrichtlinien-durch-swisscom-werbung/ Freundliche Grüsse!
  • Ueli Custer, 19.12.2019 08:41 Uhr
    Die Absicht solcher "Sponsoring"-Beiträge ist ja offensichtlich: Man will die Leserinnen und Leser täuschen. Er oder sie sollen glauben, dass es sich um einen redaktionellen Beitrag handelt. Sonst könnte man diese Beiträge ja so gestalten, dass der Unterschied zu den redaktionellen Seiten sofort ins Auge springt. Dass sich die Presse mit diesen faulen Tricks das eigene Grab schaufelt, soweit reicht die Weltsicht in den Verlagsetagen aber offenbar nicht. Und die Journalistinnen und Journalisten machen angesichts des angespannten Arbeitsmarktes zwangsläufig die Faust im Sack. Das ist einfach nur himmeltraurig.
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