10.03.2020

SRF

Nathalie Wappler spricht über Blutrunst und Bierdeckel

Es sei nicht die beste Lösung, aber praktikabel, dass Ringier nun die SRG-Werbung verkaufe. Dies sagte Nathalie Wappler in der Talkshow «Schawinski». Die SRF-Direktorin versprach, den Newsroom «in naher Zukunft» zu eröffnen.
SRF: Nathalie Wappler spricht über Blutrunst und Bierdeckel
Nathalie Wappler zu Gast bei der drittletzten «Schawinski»-Sendung auf SRF. (Bild: Videostill)
von Edith Hollenstein

Eines vorweg: Nathalie Wappler zeigt sich bei ihrem «ersten grossen TV-Interview seit dem Amtsantritt» wie sie sich bei anderen öffentlichen Auftritten seit ihrem Start als SRF-Direktorin vor rund einem Jahr gab. Klar, ruhig und konzentriert. Inhaltlich interessant wird der «Schawinski»-Talk vom Montagabend bei zwei Themen: Einerseits als es um Admeira geht. Andererseits beim neuen, topmodernen SRF-Newsroom, der ursprünglich bereits 2018 hätte in Betrieb genommen werden sollen, jetzt jedoch noch immer nicht bereit ist.

Newsroom als «hochkomplexes Projekt»

Schawinski visualisiert die Verspätung des Newsrooms in einer eingeblendeten Timeline: «Was wird zuerst eröffnet: der neue SRF-Newsroom oder der Berliner Flughafen?» Wapplers kurzes Lachen auf diese Frage wirkt etwas angestrengt. Sie sagt: «Natürlich unser Sendestudio!» Der Newsroom sei das herausforderndste und komplexeste Projekt, das SRF je durchgeführt habe. Er sei technologisch auf dem allerneusten Stand, im Stadium der «early Adapters» oder sozusagen Forschungs- und Entwicklungsarbeit. «Doch», so Wappler, «ich bin überzeugt, der Newsroom wird laufen. Das verspreche ich dir jetzt und hier.» Auf Nachfrage, was denn mit den Änderungen im Programm sei, die angekündigt wurden, jedoch nicht umgesetzt werden können und Formate betreffen wie G&G, Sport oder das neue Vorabendprogramm, sagt die SRF-Direktorin: «Nochmals, ich versichere, er wird laufen und zwar in naher Zukunft. Es ist ein komplexes Projekt, hinzu kommt, dass wir bei der Umstellung jederzeit den Sendebetrieb sicherstellen müssen».

Von Schawinski auf die finanziellen Folgen dieser Verspätung angesprochen («70 Millionen Budget seien bereits aufgebraucht, wie viel ist es jetzt? Weit über 100 Millionen Franken?»), pariert Wappler etwas weniger souverän: «Die letzten Zahlen kann ich nicht nennen». Es bringe auch überhaupt nichts, wenn man nun Zahlen anführe, «sondern wir müssen es in den Griff bekommen». Wobei, «der Newsroom läuft ja. Wie du sicher gesehen hast, arbeiten aktuell Journalisten darin». Die Vorteile in Organisation und bei den Abläufen seien bedeutend: «Recherche-Ergebnisse – etwa zu Corona oder Crypto – können viel schneller unter den Redaktoren ausgetauscht werden. Das ermöglicht viel mehr Tiefe in den Themen», so die 52-Jährige. Es sei für SRF-Mitarbeitende ein schönes Erfolgserlebnis, wenn ihre Recherchen in unterschiedlichen Sendungen, etwa zuerst bei «10vor10» und später auch in der «Rundschau» zu sehen seien. «Die Journalisten arbeiten alle für SRF, das ist doch schön so!»

Admeira: «nicht optimal, aber praktikabel»

Zur Admeira, der Vermarktungsfirma der SRG, die seit rund drei Wochen zu hundert Prozent Ringier gehört, fragt Schawinski ohne Umschweife: «Wie glücklich bist du, dass nun Ringier die SRG-Werbung verkauft?» Wappler meint, dass dies «unter den gegebenen Bedingungen eine gute Lösung» sei: «Nicht die beste Lösung, aber praktikabel und wir können damit kutschieren.» Positiv sei etwa, dass die SRG die Sponsoring-Abteilung wieder intern integriert habe. «Es ist wichtig, dass Leute, die das Produkt verkaufen, auch tatsächlich dafür brennen.» Schawinski hakt nach und Wappler meint, die SRG müsse schauen, «wie das nun zum Laufen kommt». Der Vertrag mit Ringier läuft noch zwei Jahre. «Anschliessend müssen wir schauen, wie wir weiterverfahren wollen.»

No Billag als «Bierdeckel-Idee» bezeichnet

Im Talk geht es darüber hinaus um den Standort-Entscheid des Radiostudios Bern und um den Abgang mehrerer SRF-Stars. Zudem erklärt Wappler wie das vieldiskutierte Zitat «Wir machen keinen Meinungsjournalismus» aus dem Interview der NZZ am Sonntag von November 2018 (persoenlich.com berichtete) verstanden werden soll: «Wir machen keinen Meinungsjournalismus» heisse, dass SRF ganz grundsätzlich keinen Meinungsjournalismus mache, sondern mit Offenheit und Neugier an Themen herangehe. Wappler hatte damals also gemeint, dass SRF keinen Thesenjournalismus macht und auch künftig keinen Thesenjournalismus machen soll. Schawinskis Anmerkung, wonach sie das demnach gegenüber der NZZaS schlecht oder gar falsch Formulierung hatte, kontert Wappler nicht.

Etwas verstimmt wirkt die SRF-Direktorin allenfalls, als Schawinski ein altes Video abspielen lässt, in dem Wappler, damals noch beim MDR, die No-Billag-Initiative als «Bierdeckel-Idee» bezeichnete. Doch Wappler erklärt die Hintergründe und peinlich oder heikel ist der Videoausschnitt ohnehin nicht.

«Blutrünstige Attribute sollte man nicht weiterverbreiten»

Nach 30 Minuten, der Talk wäre nun eigentlich zu Ende, fragt Schawinski seine Chefin, ob sie als Senderdirektorin ihm die Erlaubnis geben könne, die reguläre Sendezeit zu überziehen. Wappler, etwas überrumpelt, nickt kurz, was sie kurz danach bereits zu bereuen scheint, denn Schawinski versteht «einige Minuten» scheinbar als reguläre Nachspielzeit. 

Das Interessanteste, was Schawinski in der Verlängerung noch entlocken kann, ist Wapplers Antwort auf die Frage, ob ihr früherer Übername «Fallbeil vom Leutschenbach» Kompliment oder Kritik sei. «Bei einem Mann würde man wahrscheinlich sagen, er sei durchsetzungsstark. Daher finde ich diese Bezeichnung unnötig. Im Übrigen stören mich blutrünstige Attribute und ich finde, man sollte sie nicht weiterverbreiten.»



Newsletter wird abonniert...

Newsletter abonnieren

Wollen Sie Artikel wie diesen in Ihrer Mailbox? Erhalten Sie frühmorgens die relevantesten Branchennews in kompakter Form.

Kommentar wird gesendet...

Kommentare

Kommentarfunktion wurde geschlossen

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren:

Zum Seitenanfang20240425

Die Branchennews täglich erhalten!

Jetzt Newsletter abonnieren.