18.02.2024

KI-Crawler

Nicht alle Medien sperren künstliche Intelligenz aus

NZZ, CH Media, Tamedia und 20 Minuten wollen nicht, dass ihre Inhalte von KI-Bots genutzt werden. «Medieninhalte gehören den Medienunternehmen», heisst es bei 20 Minuten. Doch SRF und Ringier gehen einen ganz anderen Weg. Das sind die Gründe.
KI-Crawler: Nicht alle Medien sperren künstliche Intelligenz aus
Die künstliche Intelligenz kommt hier nicht rein: NZZ, CH Media, Tamedia und 20 Minuten verbieten KI-Crawlern den Zugriff auf ihre Inhalte. (Bild: stablediffusionweb.com)
von Christian Beck

Die künstliche Intelligenz (KI) kann nicht auf Inhalte von 20 Minuten zugreifen. Eine Barriere verhindere den Zugriff, sagte der stellvertretende Chefredaktor Gaudenz Looser Anfang Februar auf einem Panel am Communication Summit. Diese Aussage liess aufhorchen.

20 Minuten bestätigt auf Anfrage, dass sogenannte KI-Crawler vom Scannen der eigenen Inhalte ausgeschlossen werden. So kann beispielsweise der ChatGPT-Bot nicht auf aktuelle Inhalte zugreifen und diese auch nicht wiedergeben, wenn Nutzerinnen und Nutzer danach suchen. «Das Blockieren der Crawler ist als Signal zu verstehen: Medieninhalte gehören den Medienunternehmen und dürfen nicht ohne Erlaubnis wiedergegeben werden», so Eliane Loum-Gräser, Leiterin Kommunikation 20 Minuten. Doch: «Wie zuverlässig oder verbindlich diese Barriere respektiert wird, lässt sich Stand heute noch zu wenig beurteilen.»

Das Thema beschäftigt Medienhäuser weltweit. Ende Dezember klagte die New York Times als erstes grosses Medienhaus gegen OpenAI und Microsoft auf Schadenersatz (persoenlich.com berichtete). «Wir müssen uns gegen die parasitären Geschäftsmodelle der KI-Giganten wehren», stand Anfang Jahr auf einer Folie während der Ansprache von Präsident Andrea Masüger an der Dreikönigstagung. Noch gebe es aber kein konkretes Projekt, präzisierte Masüger auf Anfrage.

Auch Tamedia macht dicht

Vorerst scheinen die meisten Schweizer Medienhäuser ihre Inhalte schützen zu wollen. 20 Minuten ist damit nicht allein, wie eine Umfrage von persoenlich.com zeigt. Auch Tamedia, ebenfalls zur TX Group gehörend, sperrt die KI aus. «Uns ist es sehr wichtig, dass die Urheberrechte an unseren Inhalten sichergestellt sind», so Tamedia-Sprecher Philip Kuhn auf Anfrage.

Der Journalismus von Tamedia erfordere «beträchtlichen Aufwand», um den Leserinnen und Lesern hochwertige Inhalte zu liefern. «Daher möchten wir sicherstellen, dass unsere Arbeit nicht von Dritten ohne entsprechende Lizenz genutzt wird», so Kuhn. «Aktuell ist dies bei verschiedenen KI-Modellen nicht sichergestellt, weshalb wir einen Schutz einsetzen und entsprechend Crawler blockieren und unsere Urheberrechte bestärken.» Es sei nicht ausgeschlossen, dass dies in Zukunft, je nach Modell und Zusammenarbeit mit Anbietern von KI-Werkzeugen, angepasst werde. Kuhn: «Für den Moment sehen wir mit dem eingeschlagenen Weg keine Nachteile.»

Tamedia hat verschiedene Barrieren eingebaut, von der Blockierung der Inhalte, über robots.txt-Informationen und Copyright-Passagen in den Metatags. Diese seien im Verlauf der letzten Monate laufend ausgebaut worden, wie Kuhn sagt.

Die NZZ blockiert Crawler ebenfalls. «In unseren Geschäftsbedingungen ist festgehalten, dass die NZZ der Verwendung ihrer Inhalte zustimmen muss», antwortet die Medienstelle knapp.

«Keines der Unternehmen, welches eigene KI-basierte Sprachmodelle trainiert, um darauf Business Cases zu formen, hat CH Media um Erlaubnis für die Nutzung von unserem Content gefragt», antwortet Kommunikationschefin Catherine Mettler. CH Media erstelle und finanziere diese Inhalte, während die zumeist amerikanischen Plattformen die Inhalte für den Einsatz der KI-Modelle monetarisieren, «was aus unserer Optik ungerecht und ein Verstoss gegen geltendes Recht ist», so Mettler. Sie verweist auf die Klage der New York Times. CH Media gewährt den KI-Bots von ChatGPT (OpenAI), Bard (Google) und Bing (Microsoft) keinen Zugang zu den Inhalten der Publishing-Portale.

«Wir können hier mehr gewinnen als verlieren»

Doch nicht alle sind so restriktiv wie CH Media, die NZZ oder TX Group. So hat Ringier die Schranke oben. «KI-generierte Inhalte und Antworten spielen eine immer wichtigere Rolle bei der Nutzerinteraktion. Unser Ziel ist es, dass unser Journalismus und unsere Inhalte auch weiterhin zugänglich, präsent und zitabel bleiben: auf den präferierten Kanälen unserer Userinnen und User, für Suchmaschinen und dadurch auch für KI-Crawler», so Blick-Sprecher Daniel Riedel. Er betont: «Wir können hier mehr gewinnen als verlieren.»

Weiter sagt Riedel, dass das Blockieren eines KI-Crawlers ja nicht die Nutzung bereits erfasster historischer Trainingsdaten – also Inhalte – verhindere. Auch könne nicht ausgeschlossen werden, dass zum Beispiel Google auf Daten anderer Crawler zurückgreife – wie beispielsweise der Creative Commons Bot.

Nicht in Stein gemeisselt ist jedoch, dass Ringier die Schranke für KI immer oben lässt. «Angesichts der Dynamik des technologischen Wandels ist vieles denkbar. Wichtig ist, dass man seine KI-Strategien kontinuierlich überprüft, anpasst und agil bleibt, um jederzeit flexibel auf Veränderungen reagieren zu können», so Riedel.

Auch SRF hat «bewusst noch keine Barriere für die Crawler von künstlicher Intelligenz errichtet», heisst es auf Anfrage. Dies, um im Umgang mit der Technologie Erfahrungen zu sammeln. «So soll auch das Verständnis verbessert werden, ob und wie die Technologie künftig im Sinne von SRF und des Publikums genutzt werden könnte», schreibt SRF. Ob sich diese Handhabung in Zukunft ändere, sei offen. SRF werde die Entwicklungen weiterhin beobachten.

Auch international ist der Umgang der Medienhäuser mit KI unterschiedlich. So geht beispielsweise Axel Springer Partnerschaften ein und schliesst Lizenzverträge ab.



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