28.01.2003

Roger Köppel vs. Hannes Britschgi

Wiederholt sich die Geschichte? Wenn es nach Facts-Chefredaktor Hannes Britschgi geht -- ja. Die neue Weltwoche werde zurzeit mit der gleichen Power in den Markt hineingepusht wie sein Magazin vor bald sieben Jahren, meint der ehemalige TV-Star. Für Weltwoche-Chefredaktor Roger Köppel eine Verschwörungstheorie, um den Erfolg seines Blatts herunterzureden. Im neuen "persönlich rot" streiten sich die beiden prominenten Blattmacher über Inhalt, Form -- und die politische Ausrichtung ihrer Publikationen. "persoenlich.com" bringt einen Ausschnitt.
Roger Köppel vs. Hannes Britschgi

Hannes Britschgi, ist es für Sie nicht störend, dass momentan alle von der Weltwoche sprechen?

Britschgi: Doch, das ist sehr störend. Gleichzeitig hat es aber den Vorteil, dass der Wochentitelmarkt wieder belebt und ein hoch spannendes Geschäft wird. Schlussendlich profitieren wir alle davon.

Wie reagieren Sie als Chefredaktor des Konkurrenzblatts Facts auf diese Herausforderung?

Britschgi: Facts ist in den letzten zwei Jahren aktueller geworden und überzeugt durch journalistische Substanz. Wir haben an Glaubwürdigkeit gewonnen. Diesen Weg gehen wir weiter. Die Weltwoche konnte durch ihren Neustart bei Null beginnen. Dies erweckt automatisch die Neugier der Leserinnen und Leser. Ich beobachte hier eine ähnliche Entwicklung, die Facts in der Gründungsphase Mitte der neunziger Jahre durchmachte: Es werden immense Summen ins Marketing gebuttert, um das Blatt neu zu positionieren.

Herr Köppel, wieviel Geld hat die Weltwoche im Marketing eingesetzt?

Köppel: Das weiss ich nicht mehr, ich habe mich zu stark mit dem Inhalt beschäftigt. Klar hat die Weltwoche bei ihrem Relaunch Geld in die Werbung und in entsprechende Marketingmassnahmen investiert -- aber ich muss dich daran erinnern, Hannes, dass man in Zürich über Jahre keine Kaffeemaschine mehr kaufen konnte, ohne dass einem nicht gleich auch noch ein Facts-Abo geschenkt wurde. Ich war schon bei meiner Zeit in der Tamedia (Köppel war zuvor Chefredaktor des Tages-Anzeiger-Magazins, d.R.) ein eher kritischer Beobachter grosser Marketing-Offensiven, weil ich davon überzeugt bin, dass sich Zeitungen und Medien am Ende nur über den Inhalt verkaufen. Diese Philosophie haben wir auch bei der Jean Frey. Wir investieren das Geld in gute Journalisten. Das ist die wichtigste Aufgabe: Das Team laufend zu verbessern und zu optimieren.

Hannes Britschgi, Sie haben Roger Köppel wegen der -- wie Sie sagen -- hohen Marketingausgaben kritisiert. Um was beneiden Sie ihn dann?

Britschgi: In erster Linie beneide ich ihn um die Marke Weltwoche. Dank ihrer jahrzehntelangen Geschichte hat sie eine immense Strahlkraft gehabt. Sie hilft Roger Köppel gute Journalisten einzustellen, die er als Autoren bezeichnet. Ob aber wirklich alle diesen Titel verdienen, wage ich zu bezweifeln.

Köppel: Ich betreibe keinen Kult um den Begriff Autor. Damit soll einfach gesagt sein: Es gibt auf einer Redaktion Leute, die eher redigieren, und solche, die eher schreiben.

Wer stört Sie von den Weltwoche-Autoren?

Britschgi: Das kann ich und will ich so nicht sagen. Nochmals: Die Weltwoche ist eine gewachsene Marke mit sehr viel Substanz. Roger konnte von diesem Fixstern profitieren. Vor dieser Tradition habe ich Respekt. Facts hingegen ist ein junger Titel, der mit viel Power innert kürzester Zeit sehr erfolgreich lanciert wurde.

Köppel (leicht säuerlich): Hannes, danke für die freundlichen Worte. Für mich hat sich die Situation aber ganz anders dargestellt; als ich startete, wurde das Blatt gemeinhin für tot gehalten. Aber auf mich hat die Weltwoche -- wie bei dir, Hannes -- immer eine grosse Faszination ausgeübt. Felix Müller, der jetzige NZZ am Sonntag-Chefredaktor, meinte einmal, dass wir beim Tagi-Magi eine Art Weltwoche im Exil waren. Ich will meine Verdienste nicht hervorheben, aber der ganze Umbau -- auch im personellen Bereich -- ist nicht zuletzt eine Folge der Schwierigkeiten, die sich über die Jahre verstärkt haben. Ich habe immer an die Weltwoche geglaubt, musste gleichzeitig feststellen, dass verschiedene meiner Vorgänger den Esprit und die Brillanz der Marke arg vernachlässigt haben.

Roger Köppel, macht jetzt die Weltwoche nicht auch Provokation um der Provokation willen? Sie stemmen sich gegen den Mainstream und schreiben für Gentechnologie, für George Bush und für die SVP-Asylinitiative.

Köppel: Das sind Schlagworte, die der Argumentationsweise der entsprechenden Artikel nicht gerecht werden. Ich habe in meiner journalistischen Laufbahn gezeigt, dass ich Themen nicht wegen ihrer Provokation aufgreife, sondern lediglich die Perspektive manchmal anders setze als meine Kollegen. Kurzfristige Effekte bringen gar nichts, aber was kann ich dafür, wenn in der Schweiz ein Common-Sense-Artikel von führenden Journalisten offenbar schon als Skandal empfunden wird? Gerade Facts hat in der Anfangszeit ein paar Mal übertrieben, und unter Hannes Britschgi hat sich dies nun geändert. Er steht sicher für einen seriösen Journalismus, wie er bereits in der "Rundschau" bewiesen hat. Seine heutige Angriffigkeit erstaunt mich hingegen.

Britschgi: Es geht mir nicht darum, dass heikle Themen wie das Asylwesen tabuisiert werden. So hat Facts im vergangenen Sommer als erstes Medium über die so genannten Kügeli-Dealer im Kokainhandel berichtet. Ich wiederhole nochmals: Natürlich darf man, muss man über das Asylwesen schreiben -- aber nicht so. Vielleicht war diese Geschichte ein einmaliger Ausrutscher, ich hoffe es. Nach so einer Schlagzeile sollte man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Gerade ein liberaler Geist, als der sich Roger Köppel gerne bezeichnet, würde eine solche Story nicht so polemisch ankündigen!

Wer ist dann Ihr grösster Konkurrent?

Köppel: Ich glaube, die Weltwoche hat keinen Konkurrenten, wir hatten schon immer ein sehr eigenständiges Profil. Die Weltwoche ist kein Nachrichtenmagazin, nein, wir gehen unseren eigenen Weg -- ohne nach links und rechts zu schauen.

Britschgi: Zwei Anmerkungen. Erstens: Die Summe für das Marketing-Feuerwerk ist so gross, dass sie Roger schlichtweg vergessen musste. Das spricht Bände. Zweitens: Zur Frage nach dem Hauptkonkurrenten. Als Roger zum ersten Mal vor seiner Redaktion gestanden hat, meinte er in die Runde: "Unser Hauptkonkurrent ist Facts!"…

Köppel: Das stimmt nicht. Woher weisst du das?

Britschgi: Willst du es dementieren?


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