13.03.2016

Mediendebatte

SRG als Archiv, Private als Wachhunde

Ottfried Jarren fordert stärkere journalistische Aufgabenteilung zwischen den gebührenfinanzierten und den kommerziellen Medien.
Mediendebatte: SRG als Archiv, Private als Wachhunde

Die Grenzen zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Rundfunkanbietern sind verwischt: Private Lokalradio- und TV-Stationen hängen ebenso am Gebührentropf, die SRG verfügt über starke Werbeeinnahmen. Und die Inhalte gleichen sich immer mehr an. Das schreibt die «Schweiz am Sonntag» und spricht mit Ottfried Jarren, Zürcher Medienprofessor und Präsident der Eidgenössischen Medienkommission über ein neues Wettbewerbsmodell: Die SRG müsse sich stärker auf ihre integrative Funktion besinnen, die privaten Medien ihre kritische Kontrollfunktion wahrnehmen.

Das Mediensystem habe sich in den vergangenen Jahrzehnten stark ausdifferenziert, es gebe unzählige Zwischenformen im Spektrum zwischen den klassischen Massenmedien und den neuen sozialen Medien. Ein kultureller Prozess habe zwar zu einer Verständigung zwischen den Nutzern und den Medienschaffenden geführt. So wissen die Nutzer ziemlich genau, welche Inhalte sich in welchem Medium in welcher Qualität finden. Die Medienschaffenden wiederum wissen, diesen Erwartungshaltungen zu entsprechen. Diesen Prozess, so meint Jarren, sollten die Medien nun gezielt nutzbar machen. 

Die SRG, so meint Jarren, könne er sich als eine Plattform vorstellen, die eine «Bündelungsfunktion» für schweizerische Inhalte wahrnehme. Als ein «gesellschaftliches Gedächtnis» müssten darauf nicht nur die aktuellen Streaming-Inhalte angeboten werden, sondern gleichsam auch das Archiv.

Medien müssen etwas wollen

Die SRG, so meint Jarren, müsse ihren jetzigen Auftrag stärker in den Mittelpunkt rücken, um sich damit zu profilieren und sich von den privaten Medien abzugrenzen. Etwa auch, indem sie fremdsprachige Angebote für in der Schweiz Lebende anbietet. Im Sinne des Gemeinwohls fördere sie damit den Zusammenhalt.

Den privaten Medien weist Jarren die Aufgabe zu, mit kritischem, investigativem und hintergründigem Journalismus die Konfliktlinien in der Gesellschaft in den Mittelpunkt zu rücken. Die privaten Medien seien die Treiber der gesellschaftlichen Entwicklung, meint Jarren. Jede Veränderung komme von unten und benötige mediale Verbreitung, um sich durchzusetzen. Dafür eigneten sich die privaten Medien besser als eine konsensorientierte SRG. 

Medien, sagt Jarren, müssten aber in jedem Fall «etwas wollen». Er kritisiert, dass sie diese Tugend immer mehr vermissen liessen. Journalismus sei immer weniger das Primärgeschäft von Medienunternehmen, sondern zunehmend das Mittel zum Zweck, mit den Lesern andere Geschäfte zu treiben. Doch damit verlören sie an Glaubwürdigkeit und schwächten sich selbst. (SwaS/lcv)

 



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