17.01.2010

SF

Trickserei beim "Swiss Award"

Publikumsrat wird sich mit Sendung beschäftigen.

Stand der "Schweizer des Jahres" schon fest, bevor ihn das Volk per Televoting bestimmte? Diese Frage wirft die "SonntagsZeitung" auf. In der Sendung "Swiss Award" verkündete Moderatorin Sandra Studer vor einer Woche den Überraschungssieger, den Zürcher Herzchirurgen René Prêtre, und sagte kurz darauf: "Wir schalten nochmals nach Maputo." Auf dem Bildschirm sahen die Zuschauer dann den Arzt, der jeweils zwei Wochen im Jahr in der Hauptstadt von Mozambique Kinder mit Herzproblemen operiert, in voller Montur der Arzt: "Wow - einfach unglaublich, so eine Anerkennung."

Ganz anders las sich die Szene gemäss der "SonntagsZeitung" in der "Schweizer Illustrierten", die das Patronat über den Anlass hat: "Als der Fisch serviert wird draussen am Strand, rauscht das Meer, die Luft flirrt bei 29 Grad, reicht Barbara, eine Krankenschwester, ihr iPhone über den Tisch und sagt: ‹Hey René, du bist Schweizer des Jahres!" Die "Schweizer Illustrierte" gibt zu, dass sie sich die künstlerische Freiheit nahm und die romantische Szene von Zürich aus beschrieb. Daneben druckte sie ein doppelseitiges Jubelfoto, das von einem Teammitglied stammen soll.

Und das Schweizer Fernsehen räumt ein, die Botschaft des Arztes aus Mozambique, die der Rhetoriktrainer Marcus Knill in seinem Blog als spontan, verständlich auf dem Punkt und "hundertprozentig mediengerecht" lobt, sei vorproduziert gewesen: "Es sollte auf keinen Fall der Eindruck entstehen, dass das eine echte Live-Verbindung war". Just dieser Eindruck sei aber entstanden, schreibt die "SonntagsZeitung" weiter. Sogar SF selber sprach auf seiner Website von einer "Videoschaltung nach Mozambique". Und die Täuschung dürfte die Wahl entscheidend beeinflusst haben. Denn Prêtre, der gemäss Insidern seit Monaten Wahlkampf betrieb, konnte sich schon bei einer vermeintlichen Liveschaltung bedanken, als er zuvor einen Swiss Award gewann: "Der Arzt, über knuddelige afrikanische Kleinkinder gebeugt, musste der Nation an Herz und Nieren gehen", schrieb der "Bund".

Nun wird sich der Publikumsrat mit der Sendung beschäftigen. "Wenn der Eindruck entstand, das sei live, finde ich das sehr bedenklich", sagt Manfred Pfiffner, der Präsident des Publikumsrates, zur "SonntagsZeitung". Sein Gremium habe die Swiss Awards nicht auf dem Radar. "Aber ich werde sie an der nächsten Sitzung zur Sprache bringen."



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