14.10.2018

Fall Khashoggi

USA und Saudi-Arabien gehen auf Konfrontation

In der Affäre um den vermissten saudiarabischen Journalisten Jamal Khashoggi hat sich am Wochenende der Ton zwischen Washington und Riad verschärft. Auch Berlin, Paris und London fordern eine rasche Aufklärung. Von Khashoggi fehlt seit dem 2. Oktober jede Spur.
Fall Khashoggi: USA und Saudi-Arabien gehen auf Konfrontation
Die Tür zum saudiarabischen in Istanbul: Hier verliert sich die Spur von Jamal Khashoggi. (Bild: Keystone/AP/Petros Giannakouris)

Das Königreich Saudi-Arabien werde «jedwede Massnahme mit einer grösseren beantworten», zitierte die staatliche Nachrichtenagentur SPA am Sonntag eine amtliche Quelle. US-Präsident Donald Trump hatte zuvor eine «schwere Strafe» angedeutet.

Das Königreich lehne jeglichen Versuch ab, durch Androhungen wirtschaftlicher Sanktionen oder politischen Drucks geschwächt zu werden, hiess es in Riad.

Wegen des Verdachts, dass Riad den Regierungskritiker Khashoggi im saudiarabischen Konsulat in Istanbul ermorden liess, waren zahlreiche westliche Unternehmen auf Distanz gegangen. Selbst Firmen, die den Reformkurs des mächtigen Kronprinzen Mohammed bin Salman unterstützen, sagte ihre Teilnahme an einem Wirtschaftsgipfel Ende Oktober ab – darunter etwa der britische Milliardär Richard Branson und der Vorstandsvorsitzende des Fahrdienstes Uber, Dara Khosrowshahi.

Berlin, Paris und London wollen Aufklärung

Die Aussenminister Deutschlands, Frankreichs und Grossbritanniens forderten Saudi-Arabien eindringlich auf, das Verschwinden Jamal Khashoggis aufzuklären. «Wir nehmen diesen Vorfall überaus ernst», hiess es in einer am Sonntag veröffentlichten gemeinsamen Erklärung.

Die Verteidigung der freien Meinungsäusserung und einer freien Presse sowie die Gewährleistung des Schutzes von Journalisten stellten für die drei Länder «zentrale Prioritäten» dar.

US-Präsident Trump deutete am Samstag an, dass er den vermissten saudiarabischen Journalisten für tot hält. Nach Khashoggis Verschwinden habe noch die Hoffnung bestanden, ein Lebenszeichen zu erhalten, sagte Trump in Washington. «Das war unsere erste Hoffnung, unsere erste Hoffnung war es, dass er nicht getötet wurde, aber vielleicht sieht es nicht allzu gut aus», fügte der Präsident hinzu.

Dank für Kommission

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan telefonierte unterdessen erstmals seit dem Verschwinden des saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi mit Saudi-Arabiens König Salman. In dem Gespräch am Sonntag sei es darum gegangen, «Licht in den Fall von Jamal Khashoggi» zu bringen, verlautete aus dem türkischen Präsidialamt.

Das Aussenministerium in Riad erklärte, Salman habe in dem Telefonat die soliden Beziehungen zwischen beiden Ländern beschworen. Niemand solle «die Stärke dieses Verhältnisses unterlaufen». Ausserdem habe König Salman dem türkischen Staatschef dafür gedankt, dass er einer gemeinsamen Untersuchungskommission beider Länder zur Aufklärung des Falls Khashoggi zugestimmt habe.

Von Khashoggi fehlt seit seinem Besuch im saudiarabischen Konsulat in Istanbul am 2. Oktober jede Spur. Türkische Ermittler gehen davon aus, dass der Regierungskritiker dort von saudiarabischen Agenten ermordet wurde. Riad bestreitet dies, ist bisher aber den Beweis dafür schuldig geblieben, dass der damals 59-jährige Khashoggi das Gebäude lebend verliess.

Die Türkei warf Saudi-Arabien am Samstag vor, bei den Untersuchungen nicht ausreichend zu kooperieren. Aussenminister Mevlüt Cavusoglu forderte Riad erneut auf, türkischen Ermittlern Zugang zum Konsulat in Istanbul zu verschaffen.

Angebliche Videoaufnahmen vom Mord

Vor seinen Äusserungen im Weissen Haus hatte Trump bereits deutlich gemacht, dass aus seiner Sicht Saudi-Arabien, ein wichtiger Verbündeter der USA, für das Verschwinden Khashoggis verantwortlich sein könnte. «Könnten sie es sein? Ja», sagte Trump in der CBS-Sendung «60 Minutes». «Wir werden der Sache auf den Grund gehen und es wird eine schwere Strafe geben.»

Laut US-Zeitung «Washington Post» informierten türkische Regierungsvertreter US-Vertreter über Audio- und Videoaufnahmen, auf denen zu sehen und zu hören sei, wie Khashoggi in dem saudiarabischen Konsulat in Istanbul verhört, gefoltert und ermordet worden sei. Anschliessend sei seine Leiche zerteilt worden, berichtete das Blatt, für das Khashoggi seit seiner Flucht aus seiner Heimat vergangenes Jahr Kolumnen geschrieben hatte.

Kurseinbruch an Börse

Saudi-Arabiens Börse erlebte am Sonntag einen schlimmen Kurseinbruch. Die Aktien sackten zwischenzeitlich um sieben Prozentpunkte ab.

Der Leitindex Tasi fiel am Mittag unter die wichtige Grenze von 7000 Punkten und machte damit alle Kursgewinne seit Jahresbeginn zunichte. Auch wenn sich die Kurse wieder etwas erholten, handelte es sich immer noch um die schlimmsten Kurseinbrüche innerhalb eines Tages seit drei Jahren. (sda/afp/maw)

 



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