25.03.2020

Coronakrise

Westschweizer Medien ergreifen Massnahmen

Die Coronavirus-Krise hat der bereits arg gebeutelten Westschweizer Medienbranche einen weiteren herben Dämpfer versetzt. Zahlreiche Unternehmen beantragen Kurzarbeit. Die Zeitungen werden immer dünner.
Coronakrise: Westschweizer Medien ergreifen Massnahmen
Einzelne Bünde von Zeitungen aus der Romandie mussten verkleinert, teilweise sogar ganz gestrichen werden. (Bild: pixabay)

So besteht zum Beispiel die Freiburger Tageszeitung La Liberté seit Mittwoch nur noch aus zwei statt vier Bünden wie zu normalen Zeiten. Das Blatt begründet den Schritt mit dem Rückgang der Sport- und Kulturnachrichten sowie einem gewaltigen Inserateschwund.

Der Einbruch bei den Werbeeinnahmen sei «massiv», sagt Patrick Matthey, Leiter der Kommunikation der TX Group, die in der Romandie die Titel 24 Heures, Tribune de Genève, Le Matin Dimanche und 20 Minutes veröffentlicht.

Der Fehlbetrag für die TX-Gruppe werde sich «im mittleren zweistelligen Millionenbereich» bewegen, sagt Matthey der Nachrichtenagentur Keystone-SDA auf Anfrage. «Je länger die Krise andauert, desto grösser werden die Verluste», fügt er hinzu.

Am vergangenen Freitag bereits hatte der Züricher Konzern seine Mitarbeiter informiert, dass er Kurzarbeit einführen werde. Neben der Kostensenkung solle diese Massnahme auch dazu dienen, Arbeitsplätze nach der Krise zu erhalten, sagt Matthey weiter.

Wie eine Recherche von Keystone-SDA ergeben hat, erwägen die meisten französischsprachigen Medienunternehmen in der Schweiz, Kurzarbeit einzuführen. Mehrere von ihnen haben diese Massnahme bereits offiziell angekündigt, wie die Radios des Jurabogens (RJB, RJF und RTN), Radio Fribourg oder die Tageszeitung Le Quotidien jurassien.

Kein Thema ist Kurzarbeit vorerst beim Westschweizer Fernsehen und Radio RTS. Bei der SRG werde diese Massnahme derzeit nicht in Betracht gezogen, sagt Sprecher Edi Estermann. Freie Mitarbeiter werden den verschiedenen Redaktionen des Unternehmens zugewiesen, die Unterstützung benötigen.

Gewerkschaften kritisch

Die Gewerkschaften verfolgen die Lage kritisch. Der Journalistenverband Impressum befürwortet die Einführung von Kurzarbeit, falls damit Entlassungen vermieden werden könnten. «Wir bitten die Verleger jedoch, die Arbeitsverträge zu respektieren und die Redaktionen zu konsultieren», sagt Dominique Diserens, Zentralsekretärin von Impressum.

Letzteres war bei Tamedia offenbar nicht der Fall. Die Belegschaft kritisierte die Geschäftsleitung, dass die Personalkommissionen nicht einbezogen worden sei.

Impressum macht sich Sorgen um die prekäre finanzielle Lage der Medienbranche und verlangt öffentliche Hilfe. «Wir fordern, dass alle Mediensubventionen, die auf Bundes- und Kantonsebene geprüft werden, sofort aktiviert werden. Jetzt ist es an der Zeit, dieses Geld auszuzahlen, weil die Medien einen wichtigen öffentlichen Dienst leisten», fordert Diserens.

Mehr Abos

Bei der Bevölkerung hat der erhöhte Informationsbedarf wegen Coivd-19 in den vergangenen Wochen zu einer erhöhten Mediennutzung geführt. «Wir sehen einen starken Anstieg der Online-Nutzung und eine steigende Nachfrage nach digitalen Abonnements», sagt Matthey.

Doch auch im Print-Bereich nehmen die Leserzahlen zumindest kurzfristig zu. Die Öffentlichkeit zeige wieder Wertschätzung für die Zeitung, sagt Rémy Chételat, Chefredaktor von Le Quotidien jurassien.

«Die Menschen können die Zeitung nicht mehr am Arbeitsplatz oder in Restaurants lesen, wenn sie besser über das Geschehen in ihrer Region informiert sein wollen», sagt er. Dies sei wohl der Grund dafür, dass die Tageszeitung derzeit einen Anstieg von Abonnementsbestellungen verzeichnen.

«Während Fake News die sozialen Netzwerke überfluten, gibt es in der Bevölkerung eine grosse Nachfrage nach zuverlässigen Informationen», sagt Impressum- Zentralsekretärin Diserens. Dennoch befürchtet sie, dass gewisse Medien diese Krise nicht überleben und viele Journalisten in existenziellen Schwierigkeiten geraten werden. (sda/lol)



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