25.04.2021

Sexuelle Belästigung

Wichtige Zeugen nicht befragt

Die Ergebnisse der externen Untersuchung machten viele RTS-Mitarbeitende wütend, schreiben die Tamedia-Redaktionen.

Die Untersuchung der Belästigungsvorwürfe beim Westschweizer Radio- und Fernsehen RTS, die von der Zeitung Le Temps enthüllt wurden, ist abgeschlossen, die Resultate sind bekannt (persoenlich.com berichtete): Der TV-Chefredaktor und der Leiter der Personalabteilung verlassen den Sender, SRG-Generaldirektor Gilles Marchand und RTS-Chef Pascal Crittin dürfen bleiben. Zudem kam die Untersuchung zum Schluss, dass der angeschuldigte Moderator Darius Rochebin, der im Herbst zum französischen Nachrichtensender LCI wechselte, nicht schuldig sei. Rochebin hatte daraufhin verkündet, seine Sendung wieder aufzunehmen (persoenlich.com berichtete).

Viele RTS-Mitarbeitende mache dies alles wütend, schreiben die Tamedia-Zeitungen am Samstag. Übergriffe und Sexismus würden verharmlost, die Verantwortung der Unternehmensführung werde heruntergespielt, so die RTS-Mitarbeitenden. Knapp ein Viertel der Belegschaft habe die Chefetage in einem Protestbrief zur Rede gestellt.

Recherchen der Tamedia-Redaktion zeigen, dass in den Untersuchungen Betroffene ignoriert und zentrale Zeugen umgangen worden sind. Betroffene hätten von der Möglichkeit, an den Untersuchungen teilzunehmen, nichts gewusst, heisst es im Artikel weiter. So auch jener Zeuge, der den Journalisten von Le Temps als einziger seinen Namen nannte und den RTS-Moderator beschuldigte, ihn mit einem gefälschten Account in einen Raum gelockt zu haben und zudringlich geworden zu sein. Für eine Teilnahme an der RTS-Untersuchung sei er nie kontaktiert worden, sagte dieser Zeuge gegenüber den Tamedia-Redaktionen. RTS-Direktor Pascal Crittin entgegnete, dass sie kein Recht gehabt hätten, sich in die unabhängige Untersuchung einzumischen.

Weiter heisst es im Artikel, dass einige der 237 Personen, die Übergriffs- und Belästigungsfälle gemeldet haben, ihre Aussagen noch nicht validiert hätten. Trotzdem seien dutzende Protokolle in die Paralleluntersuchung über die Verantwortlichkeiten von Vorgesetzten eingeflossen, für die zwei weitere Experten verantwortlich waren und auf deren Zwischenbericht sich die Chefs von SRG und RTS bei der Präsentation vorheriger Woche abstützten.

Der Schlussbericht wird im Sommer erwartet – und dann würden, so die Tamedia-Redaktionen, die Diskussionen von neuem beginnen. (lom)



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