06.04.2020

3-Plus-Gruppe

«Wir hatten von Beginn an Kampfgeist und Passion»

Chief Creative Officer Christina Noell hat CH Media verlassen. Auf sie folgen als Co-Leiter Nik Hartmann und Miriam Martino. Während zwölf Jahren hatte die 44-Jährige den Privatsender 3+ mit Quotenhits geprägt. Ein Gespräch über Dominik Kaiser, Vujo und wilde Zeiten.
3-Plus-Gruppe: «Wir hatten von Beginn an Kampfgeist und Passion»
Christina Noell startete 2008 bei der 3-Plus-Gruppe und war zuletzt Chief Creative Officer und stv. Geschäftsführerin. Nach der Übernahme durch CH Media leitete sie den Bereich Eigenproduktionen TV National ad interim. (Bild: toru-maru.com)
von Christian Beck

Frau Noell, Sie waren zwölf Jahre lang sozusagen im Schatten Ihres Chefs Dominik Kaiser. Fühlten Sie sich da wohl?
Dominik stand nach aussen. Ich hatte nach innen sehr viele Freiheiten. Neben dem kreativen Lead aller Projekte konnte ich die Teams zusammenstellen, die Abteilungen aufbauen und mit den besten Leuten zusammen viele Quotenhits generieren wie «Bauer, ledig, sucht …», «Der Bachelor», «Bumann, der Restauranttester» und «The Voice of Switzerland».

Auch Kaiser war ja nicht gerade als «Rampensau» bekannt, hielt sich gerne vornehm zurück. Haben Sie gut harmoniert?
Wir waren super Sparringspartner. Wenn wir uns uneinig waren, haben wir uns ausgetauscht, bis wir uns einig waren. Das Ziel war immer, möglichst viele Zuschauer zu erreichen.

Am Montagabend war das Finale von «The Voice of Switzerland» – es gewann Remo Forrer aus dem Toggenburg. War das quasi Ihre letzte Amtshandlung?
Operativ war das Finale von «The Voice of Switzerland» auch mein persönliches Finale. Ich bleibe aber CH Media sicher bis im Sommer als Beraterin erhalten. 

«Stolz bin ich auf den David-gegen-Goliath-Approach»

Alle 3+-Eigenproduktionen tragen Ihre Handschrift. Auf welche Sendung sind Sie besonders stolz?
Ich mag alle Sendungen. Stolz bin ich auf den David-gegen-Goliath-Approach: Marktführer zu sein mit deutlich tieferen Budgets, vergleichbarer Production Value und höheren Zuschauerzahlen als die grossen deutschen Sender. Auf mein Team bin ich auch stolz, alles Individualisten und Highperformer.

Was würden Sie heute besser machen?
Es gibt immer und überall etwas zu optimieren. Es ist ein ständiger Lernprozess, und wir haben es dann in der nächsten Staffel oder beim nächsten Projekt umgesetzt.

Den 3+-Formaten wird nachgesagt, durchgehend gescriptet zu sein. Dann sind Sie auch verantwortlich für die teils legendären Sprüche der Bachelors – wie zum Beispiel von Vujo Gavric?
Die besten Geschichten schreibt das Leben. Man muss seinen Cast gut auswählen, das Beste aus jedem rausholen und dann unterhaltend erzählen. Vujos Sprüche kamen alle von ihm selber, darum war er ja der Kult-Bachelor, weil er absolut authentisch ist.

Und welches Format hätten Sie auch gerne umgesetzt, schaffte es aber nie aus der Schublade?
«Der Dschungel» lag lange in der Schublade – und Fiction-Projekte.

«Wir haben fest zusammengehalten und wollten gewinnen»

2008 starteten Sie als Leiterin Unterhaltung, 2016 wurden Sie zur stellvertretenden Geschäftsführerin befördert. Wie hat sich der Sender in den letzten zwölf Jahren verändert?
Wir haben als kleines Start-up angefangen, vieles improvisiert und jeden Rappen zweimal umgedreht. Was wir von Beginn an hatten, war Kampfgeist und Passion. Immer das Beste rauszuholen – trotz viel Gegenwind und Kritik. Über die Jahre sind wir gewachsen, haben viel ausprobiert und gelernt, Strukturen geschaffen, mehr Leute an Bord geholt und waren erfolgreich. Was gleichgeblieben ist, ist, dass jeder von 3+ bis zuletzt immer Hands-on war. Wir haben fest zusammengehalten und wollten gewinnen. Da hat immer die beste Idee gezählt, egal von wem die kam.

Sie hatten drei Prozent Anteil an der 3-Plus-Gruppe. Machte Sie der Verkauf an CH Media reich?
Was bedeutet schon reich? Das ist eine philosophische Frage.

Haben Sie dem Verkauf zugestimmt oder haben Sie davon abgeraten?
Wir haben sehr viele Alternativen geprüft, damit das Unternehmen lang und mittelfristig weiterwachsen kann, um auch deutlich mehr Eigenproduktionen zu zeigen. Die Entscheidung war für uns alle sehr emotional und nicht einfach. Für das Unternehmen war es schlussendlich die beste Lösung.

Man hört, die Mitarbeitenden hätten nach dem Verkauf kräftig gefeiert. Kaiser soll alle 65 Mitarbeitenden für ein Wochenende nach Dubai eingeladen haben. Wie war die Feier?
Wir hatten eine super Zeit alle zusammen und haben auch wild im alten 3+-Style gefeiert.

Und wer kann am besten feiern?
Vujo natürlich.

«Es war eine tolle, aufregende Zeit»

Nach der Integration bei CH Media leiteten Sie den Bereich Eigenproduktionen ad interim. Nun übernehmen Nik Hartmann und Miriam Martino gemeinsam (persoenlich.com berichtete). War von Beginn weg klar, dass Sie ausscheiden?
Ich habe nach der Übernahme zusammen mit den Teams weiter Vollgas gegeben, dann hat sich mehr als erwartet verändert – und somit habe ich die schwere Entscheidung getroffen, 3+ nach zwölf Jahren zu verlassen. Ich gehe aber im Guten und bin sicher, dass CH Media weiter an die Erfolge anknüpfen kann.

Was bleibt von der Zeit bei der 3-Plus-Gruppe in Erinnerung?
Es war eine tolle, aufregende Zeit. Wir haben mit viel Kreativität Dinge möglich gemacht, viel Bestehendes hinterfragt und schnelle Entscheidungen getroffen. Wir haben viel gelacht und waren erfolgreich. An dieser Stelle möchte ich mich beim ganzen 3+-Team bedanken für die verrückte Zeit mit euch, ich werde euch sehr vermissen.

Und nun – wohin zieht es Sie?
Nach zwölf Jahren 3+-Marathon im Sprinttempo werde ich erstmal eine kleine Auszeit nehmen, mich kreativ aufladen und dann wieder etwas Neues, Spannendes aufbauen.



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