30.06.2022

Nagra

«Das Magazin ist definitiv mehr als ein PR-Gag»

Anlässlich des Tiefenlager-Projekts für Atommüll hat die Nagra unter dem Titel «500m+» ein «Jahrhundertmagazin» lanciert. Kommunikationsleiter Patrick Studer über die Zusammenarbeit mit der Agentur Schroten, die erste Ausgabe und kommunikative Herausforderungen.
Nagra: «Das Magazin ist definitiv mehr als ein PR-Gag»
«Die Länge sollte niemandem Angst machen: Nach ein paar Sätzen will man den Text zu Ende lesen», sagt Patrick Studer, Leiter Kommunikation der Nationalen Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra). (Bilder: zVg)
von Tim Frei

Herr Studer, vorausgesetzt Sie werden 100 Jahre alt, was möchten Sie hundert Jahre lang einmal pro Jahr unbedingt gemacht haben?
Ich will jedes Jahr sagen können: Ich habe viel Zeit mit Familie und Freunden verbracht, viele gute Taten vollbracht, 5000 Kilometer mit dem Velo zurückgelegt und eine spannende berufliche Herausforderung gemeistert. Beruflich sieht es dieses Jahr dank dem «Jahrhundertmagazin» schon ganz gut aus.

Sie sprechen es an, die Nagra lanciert ein Magazin, um den besten Standort für das Schweizer Tiefenlager, der im September bekannt gegeben wird, kommunikativ zu begleiten. Weshalb haben Sie sich entschieden, für diesen «Meilenstein des Jahrhundertprojekts» ein Jahrhundertmagazin ins Leben zu rufen?
Mit unserem Standortvorschlag im Herbst kommen wir in der Schweiz in eine neue Phase. Wir finden, dass das auch die entsprechende Einordnung verdient. Und der weitere Weg verspricht ein spannender zu werden.

Was steckt hinter dem Magazinnamen «500m+»?
Der Titel bedeutet mehr als 500 Meter: In der Schweiz muss das Tiefenlager in einer Tiefe von mindestens 500 Metern gebaut werden.

Jahrhundertmagazin03

Das Magazin entsteht in Zusammenarbeit mit der Zürcher Agentur Schroten. Es soll hundert Jahre lang einmal jährlich erscheinen. Was entgegnen Sie Stimmen, das sei ein reiner PR-Gag?
Unsere Art zu kommunizieren wird sich verändern, das Magazin auch. Sicher ist: Wir wollen diesen Weg kommunikativ begleiten, ihm eine Chronik geben. Wir werden das Magazin voraussichtlich bald einer internationalen Runde mit Expertinnen und Experten präsentieren können, die sich mit der Frage beschäftigt, wie man das Wissen über das Tiefenlager an zukünftige Generationen übermitteln kann. Es ist also definitiv mehr als ein PR-Gag. 

«Dass wir kommunikativ etwas ausprobieren, was es so noch nicht gegeben hat, passt sehr gut»

Aber auch das Wording, dass mit diesem Magazin gewissermassen ein «neues kommunikatives Genre erfunden» worden sei, ist alles andere als bescheiden. Inwiefern passt das zur Nagra?
Wir haben den Auftrag, ein Jahrhundertprojekt umzusetzen. Es gibt noch kein Tiefenlager, ist also auch ein Pionierprojekt. Dass wir auch kommunikativ etwas ausprobieren, was es so noch nicht gegeben hat, passt also sehr gut.

Jede Ausgabe soll eine neue Perspektive bieten. Ich kann mir das über eine Dauer von hundert Jahren nur schwer vorstellen, zumal ein Tiefenlager für radioaktive Abfälle ein wenig fassbares Thema ist. Was stimmt Sie dennoch optimistisch?
Die erste Ausgabe und die Fähigkeiten aller Beteiligten. Es gibt so viele Aspekte und Geschichten, die erzählt werden wollen. Man könnte zum Beispiel die Frage beleuchten, wie man die Zukunft am besten vor der Gegenwart schützt. Oder die Frage: Wie sicher ist sicher genug?

Pro Ausgabe soll es einen Artikel geben, der dafür sehr lang sein soll – ein sogenanntes Longform-Format. Von welcher Grössenordnung sprechen Sie?
Die erste Ausgabe umfasst einen Text von rund 10’000 Wörtern respektive 70’000 Zeichen – plus Infografiken und Videos.

Gerade die jüngere Generation ist immer weniger bereit, längere Texte zu lesen. Wie wollen Sie diese Zielgruppe dennoch erreichen?
Die Autorin Michèle Roten hat versucht, in einem Text eine neue Perspektive auf das Thema zu eröffnen. Dazu muss man sich etwas eingehender damit beschäftigen. Die Länge sollte niemandem Angst machen: Nach ein paar Sätzen will man den Text zu Ende lesen. Um dennoch einen einfachen Einstieg zu finden, haben wir kurze Filme produziert, die bereits in wenigen Sekunden Teilaspekte beleuchten.

«Wir von der Nagra bleiben sicherlich bis zum Schluss in hundert Jahren dran, das Team von Schroten hoffentlich auch»

Von wem kam die Initiative zu diesem grossen kommunikativen Projekt?
Ich ging mit der noch unausgegorenen Idee auf die Agentur zu, gemeinsam haben wir dann das Konzept entwickelt.

Wie hat die Agentur Sie überzeugt?
Sehr schnell war klar: Wir machen das zusammen, das harmoniert. Sie haben anschliessend die weiteren Player mit an Bord geholt. Alles ausgewiesene Fachleute, mit denen wir eine hervorragende Zusammenarbeit pflegen. 

Wie muss man sich die Zusammenarbeit zwischen Nagra und Schroten in den nächsten hundert Jahren vorstellen? Wer wird den längeren Atem haben?
Wir von der Nagra bleiben sicherlich bis zum Schluss in hundert Jahren dran, das Team von Schroten hoffentlich auch. Da wir alle Kinder haben, dürfte es spannend werden …

Wie viele Personen aus dem Nagra-Team sollen künftig für das Magazin tätig sein?
Die erste Ausgabe von «500m+» wurde von Schroten, Hubertus Design und dem Fotografen Simon Habegger umgesetzt. Die Nagra hat deren Arbeit ermöglicht und das Projekt geleitet.

«Wir wollen die gesellschaftliche Relevanz des Projekts in Zukunft noch mehr thematisieren»

Auf nagra.ch sind bisher eher technische Berichte zu finden. Nun also soll es ein multimediales Magazin geben, das auf Storytelling setzt. Was bedeutet das konkret? 
Jahrhundertmagazin.swiss ist die Heimat des Jahrhundertmagazins. Es gibt dort einiges zu entdecken. Technische Berichte werden wir auf unserer normalen Website weiterhin veröffentlichen: Wir sind und bleiben eine wissenschaftsorientierte Organisation. Gleichzeitig werden wir in Zukunft noch mehr auch die gesellschaftliche Relevanz des Projekts thematisieren.

Wo sehen Sie die grössten kommunikativen Herausforderungen bei diesem Projekt?
Die Relevanz ist gegeben, das erste Magazin ist publiziert. Jetzt geht es darum, Leserinnen und Leser zu gewinnen.

Von welchem Thema wird die erste Ausgabe handeln und weshalb gerade dieses zum Anfang?
Es handelt vom Jahrhundertprojekt, weil wir es logisch fanden, mit diesem zu starten. Es geht der Frage nach, wie es der Schweiz mit dem Tiefenlager geht.

Lassen Sie uns zum Schluss in die Glaskugel blicken: Was wird die letzte Geschichte des multimedialen Magazins in hundert Jahren sein?
Es wird hoffentlich nachzeichnen, wie das Tiefenlager erfolgreich gebaut werden konnte, weil Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft gemeinsam ihren Beitrag dazu geleistet haben. Vielleicht besteht es aber auch aus den Nachrichten an die Welt in hundert Jahren, die die Userinnen und User auf jahrhundertmagazin.swiss ab sofort hinterlassen können. Tipp: Artikel bis zum Ende lesen.



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