08.11.2010

"Heute wechseln vor allem gute Journalisten in die PR-Branche!"

Der 59jährige Heier Lämmler ist ein PR-Urgestein. Seit 30 Jahren führt er erfolgreich die Promotion AG in Horgen und betreut zirka 12 Mandate jährlich. "persoenlich.com" fragte Heier Lämmler, warum gerade gute Journalisten in die PR-Branche wechseln und was sich in seinem Job in den letzten Jahren verändert hat. Zum Interview:
"Heute wechseln vor allem gute Journalisten in die PR-Branche!"

Heier Lämmler, Sie sind seit 30 Jahren selbstständiger PR-Berater. Wie hat sich Ihr Beruf mit den Jahren verändert?

Grundsätzlich die Aussenansicht: Als ich begann hiess es, nur schlechte Journalisten würden PR-Berater. Die Medienfülle der heutigen Zeit hat leider eher das Gegenteil bewirkt. Heute wechseln vor allem gute Journalisten in die PR-Branche. Das liegt an den Verlegern, die ihre Künstler viel zu wenig pflegen. Im Gegensatz zum Sport, wo die Quantität die Qualität fördert, ist es in der Kunst - und Journalisten sind Künstler - anders. Deshalb finden gute Journalisten im Medienbereich oft keine Befriedigung mehr.

Wie läuft Ihr Geschäft heute?

Mein Kleinstbüro hat nur eine Angestellte und einen Finanzchef. Letzterer ist meine Frau. Sie sorgt dafür, dass wir finanziell über die Runden kommen. Spass beiseite: Ich darf mich nicht beklagen, wenn, dann nur auf hohem Niveau. Immerhin haben die Honorare in den letzten dreissig Jahren gereicht, dass ich neben der Arbeit nachweislich auch noch viermal etwas mit Händen und Füssen co-produzieren konnte: Dominik, Julian, Jericho und Aline - meine Kinder.

Ist die Branche härter geworden?

Es gibt mehr ausgebildete PR-Leute. Und mein Bereich ist sicher attraktiv. Aber wenn man dann konkret den immensen Arbeitsaufwand den bescheidenen Honoraren gegenüber setzt, vergeht manchen die Lust an der Sache. Die Frage könnte darum auch heissen: Wieviel ist das Herzblut wert, das Sie in ihre Mandate einfliessen lassen? Die dünne Honorarbasis in meiner Branche ist neben dem Verkehrschaos in Zürich der Hauptgrund, weshalb ich vor fünf Jahren mein schönes Büro an der Zollikerstrasse 144 in Zürich in unser Haus nach Horgen verlegt habe.

Welches war bis jetzt Ihr aussergewöhnlichstes Mandat und warum?

Wenn man vorwiegend mit Künstlern arbeitet, gibt es immer wieder schöne Anekdoten zu erzählen, sie würden für ein Buch reichen. Ein unvergessliches Mandat war die Promotion für den Kinofilm "Terminator", den ersten Blockbuster von Arnold Schwarzenegger. Die drei Tage und Nächte mit der steirischen Eiche in Zürich sind unvergessen. Details zu erzählen wäre indiskret…

Auch kein Müsterchen?

Na gut. Zunächst hat er den auf die Minute säuberlich geplanten Interviewmarathon mit drei Kugelschreiber-Strichen und mit den Worten "Des mach’i ned", "Des mach’ i a ned" und "Des scho gra gar ned" über den Haufen geworfen. Ich war zunächst total perplex. Dann aber im Verlauf des Tages merkte er, dass die Journalisten hier nicht so aggressiv sind, wie er es offenbar aus den USA gewohnt war. Er holte bis auf das DRS3-Interview alle nach. Und danach, es war immerhin bereits morgens um halb zwei, wollte er noch ins Fitness. Dank meinen Beziehungen zum Geschäftsführer des damaligen John Valentine Clubs gab’s diese Ausnahme.

Wen würden Sie nicht mehr betreuen?

Kunden, die es mit dem Bezahlen der Rechnungen nicht genau nehmen. Da habe ich ein paar üble Erfahrungen machen müssen. Aber dadurch wurde ich so ganz nebenbei in den letzten 30 Jahren auch zum Spezialisten im Bereich Verträge und Inkasso.

Sie arbeiteten lange Zeit für Udo Jürgens. Was verbindet Sie heute noch mit dem beliebten Musiker?

Grossen Respekt vor seiner Professionalität und wenn wir uns sehen eine Umarmung: "Na wie geht’s Alter", sagt er dann.

Mit dem Magier Peter Marvey haben Sie wieder einen internationalen Star an Land gezogen. Was bedeutet sein Auftrag für Sie?

Erstens: Dass ich meine grosse Erfahrung aus 30 Jahren bei ihm nützen kann. Zweitens eine Erweiterung meiner Dienstleistung: Ich bin ja auch sein Veranstalter geworden, gehe mit ihm auch selber ins Risiko.

Im Moment vermarkten Sie die beiden Weihnachtszirkusse Conelli und Salto Natale. Die kommen jedes Jahr an Weihnachten nach Zürich. Heisst das, auch Ihre Arbeit wiederholt sich?

Ganz unbescheiden angemerkt: Auch das 6-Tagerennen betreuen wir zurzeit, und den Dällebach Kari, der jetzt zum Zürcher gemacht wird. Zurück zur Frage: Wenn ein Mandat zur Routine wird, dann bin ich der erste, der nicht mehr mag und aufhört. Gewisse Mechanismen wiederholen sich. Aber die Inhalte der PR-Kampagnen müssen alle Jahre unterschiedlich sein. Die Themen, die wir den Medien anbieten, sind jedes Jahr anders, weil meistens auch die Künstler, die dort auftreten, nicht dieselben sind.

Woher holen Sie die Ideen?

Nicht sehr weit her. Ich denke wie ein Journalist. Zunächst schaue ich mir die Künstler genauer an und dann überlege ich, in welche Zeitschrift, Zeitung oder zu welchem Fernsehen sie am ehesten hineinpassen könnten.

Bei Salto Natale tritt in diesem Jahr unter anderem eine Schwertschluckerin auf. Als mir diese zierliche Frau zum ersten Mal begegnete, wusste ich sofort, sie könnte ein interessanter Gesprächsgast für Kurt Aeschbacher sein. Ich dachte aber auch an ein Porträt in der Weltwoche. Die erste Annahme traf ein: "Beautiful Jewels", wie diese spannende Frau heisst, sitzt am 11. November 2010 bei Aeschbi. Die Weltwoche-Redaktion konnte sich hingegen bisher für die Geschichte nicht erwärmen. Vielleicht noch nicht. Ich bin aber nach wie vor überzeugt, dass ich das Porträt gerne in der Weltwoche lesen würde. Es braucht halt manchmal auch von den Redaktionen etwas Mut um auf unbekannte Namen zu setzen. Aber diese einmalige Artistin wird in den nächsten Wochen mit Bestimmtheit sehr viel zu reden geben. Vielleicht hat sie dann keine Lust mehr Interviews zu geben. Mal sehen. (Lacht).

Und was machen Sie in diesem Jahr speziell für den Weihnachtszirkus Conelli?

Conelli hat in diesem Jahr den "König der Taschendiebe" Charly Borra im Programm. Das ist auch dem Medienchef der Stadtpolizei Zürich, Marco Cortesi, aufgefallen, denn das leidige Thema ist gerade im Moment bei der Polizei sehr aktuell. So ist die Idee entstanden, gemeinsam mit Charly Borra ein Seminar für Polizisten und Detektive durchzuführen. Und weil die Medien solche Treffen lieben, sind die Journalisten eingeladen, ebenfalls daran teilzunehmen.

Sie sind oft auf die Gunst von Prominenten oder auch Journalisten angewiesen. Wird Ihnen diese Abhängigkeit nie zuviel?

Nein. Alles im Leben ist ein Geben und Nehmen.

Welchen beruflichen Traum haben Sie noch?

Ich hoffe in erster Linie, dass ich auch in Zukunft das Privileg habe, mit Menschen zusammen arbeiten zu dürfen, die einen Anteil des Honorars mit gemeinsamen Lachern bezahlen.


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