29.11.2023

Hirzel.Neef.Schmid.Konsulenten

«Informierte Journalisten machen die Arbeit interessanter»

Vor zwei Monaten ist Alice Chalupny als Partnerin eingestiegen. Die frühere Mobiliar-Kommunikationschefin spricht über ihre Arbeit als Beraterin von Spitzenpositionen. Sie sagt, wie sie die Krise der Medien spürt – und welche Herausforderungen die Kommunikation prägen.
Hirzel.Neef.Schmid.Konsulenten: «Informierte Journalisten machen die Arbeit interessanter»
«Es wäre sehr wünschenswert, wenn Medienschaffende auch in Zukunft genug Zeit und Freiraum erhielten, um Dossierkenntnisse aufzubauen»: Alice Chalupny ist Partnerin beim Beratungsunternehmen Hirzel.Neef.Schmid.Konsulenten. (Bild: zVg)

Frau Chalupny, Sie arbeiten seit Oktober als Beraterin bei den Hirzel.Neef.Schmid.Konsulenten. Ist dies die Vollendung einer Karriere in der Kommunikationsbranche?
Ich bin erst Mitte 40 und fühle mich noch nicht in der Schlussrunde. Ich bin jetzt seit 25 Jahren im Geschäft, zuerst als Medienschaffende, dann zehn Jahre lang als Kommunikationschefin von zwei grossen Schweizer Unternehmen. Der Wechsel in die Beratung ist für mich ein spannender nächster Schritt. Es macht mich stolz, dass ich Mitinhaberin von Hirzel.Neef.Schmid.Konsulenten, kurz HNS, werden konnte, der führenden strategischen Kommunikations- und Wirtschaftsberatung der Schweiz.

Was ist Ihre konkrete Aufgabe?
Ich unterstütze Persönlichkeiten auf Stufe Verwaltungsrat und auf C-Level in allen Belangen der strategischen und taktischen Kommunikation. Langfristig geht es um den Aufbau und die Pflege von Reputation. Kurzfristig – in Krisensituationen etwa – um deren Schutz. Weiter begleite ich Change-Situationen, etwa im Rahmen von Strategiewechseln oder M&A, häufig verbunden mit einer engen Begleitung der Unternehmenskommunikation. Denn für die Unternehmensspitze ist die Kommunikation eines ihrer wichtigsten Führungsinstrumente in Phasen der Veränderung.

«Mich reizte es, wieder in Kontakt mit ganz verschiedenen Branchen und Unternehmen zu sein»

Arbeiten Sie auch mit anderen Partnern von Hirzel.Neef.Schmid.Konsulenten zusammen?
Ja. Wir sind aktuell zwölf Partner mit Büros in Bern, Zürich und Genf und beraten regelmässig im Team, weil verschiedene Kompetenzen gefragt sind – Unternehmens-, Kapitalmarktkommunikation oder Public Affairs als Beispiele. Meine Kolleginnen und Kollegen von HNS verfügen alle über langjährige Erfahrung, Expertise und hervorragende Netzwerke. Teil dieser Partnerschaft zu sein, jederzeit Sparring zu bekommen und geben zu können, gemeinsam für Kundinnen und Kunden zu arbeiten und gleichwohl meine eigene Chefin zu sein, das gefällt mir.

Sie waren vorher Leiterin Unternehmenskommunikation der Mobiliar. Warum jetzt der Wechsel in die Selbstständigkeit?
Mich reizte es, wieder in Kontakt mit ganz verschiedenen Branchen und Unternehmen zu sein – etwas übrigens, das der journalistischen Tätigkeit nicht ganz unähnlich ist. Als selbständige Beraterin kann ich eine Aussensicht in die Zusammenarbeit mit Führungspersönlichkeiten und Unternehmen einbringen, bei ganz unterschiedlichen Problemstellungen begleiten. Also mein ganzes Wissen und meine ganze Erfahrung aus dem Rucksack holen und zur Verfügung stellen.

«Die Vielfalt an Möglichkeiten zum Dialog erfordern völlig neue Fähigkeiten und Kompetenzen»

Inwiefern haben sich die Herausforderungen an die Kommunikation in den letzten Jahren verändert?
Als ich Ende der 1990er-Jahre bei der damaligen Neuen Luzerner Zeitung als Praktikantin einstieg, waren Mobiltelefone noch kaum verbreitet. Im Internet gab es nichts zu recherchieren – wenn ich etwas erfahren wollte, musste ich mit Menschen sprechen. Die Zitate schickte ich per Fax zum Gegenlesen. Das ist erst 25 Jahre her, aber es scheint mir eine ferne Vergangenheit zu sein. Die heutige Vielfalt an Möglichkeiten zum Dialog mit Stakeholdern, ihre verschiedenen Codes sowie Spielregeln und die unglaubliche Geschwindigkeit, mit der Kommunikation abläuft, erfordern völlig neue Fähigkeiten und Kompetenzen – in allen Disziplinen der Kommunikation.

Welche Auswirkungen hat die Krise bei den Verlagshäusern und die damit verbundenen Entlassungen auf Ihre Tätigkeit?
Die erwähnte Vielfalt der Kommunikationskanäle führt dazu, dass die Medienarbeit zwar immer noch wichtig in der externen Kommunikation ist, aber eben längst nicht mehr das einzige Mittel. Unternehmen und Organisationen erreichen ihre Anspruchsgruppen heute auf mehr Kanälen denn je und das auch direkt. Es wäre sehr wünschenswert, wenn Medienschaffende auch in Zukunft genug Zeit und Freiraum erhielten, um Dossierkenntnisse aufzubauen und zu pflegen, sich zu spezialisieren, um auch komplexere Zusammenhänge zu verstehen und Ereignisse schlüssig einordnen zu können. Informierte Journalisten sind kritischer. Das macht meine Arbeit nicht einfacher, aber interessanter.

Sie waren früher auch Ressortleiterin Wirtschaft bei der SonntagsZeitung und Leiterin des Zeitungsbundes «Unternehmen» bei der Handelszeitung. Warum haben Sie den Journalismus verlassen?
Weil ich mein Gebiet erweitern wollte. Als Journalistin berichtete ich für die Leserschaft. Als Kommunikationschefin der Fenaco und der Mobiliar ging es darum, gemeinsam mit meinen damaligen Teams den Dialog mit vielen verschiedenen internen und externen Anspruchsgruppen aufzubauen und zu führen und dabei mit unterschiedlichen Erwartungen und Bedürfnissen konstruktiv umzugehen.

«Mit dem Perspektivenwechsel wurden Rahmenbedingungen, auch Sachzwänge, sichtbar hinsichtlich Strategien, Entscheidungen und Handlungen, die mir als Aussenstehende in ihrer Komplexität zuvor verborgen gewesen waren»

Hat sich Ihr Bild auf die Wirtschaft seit Ihrem Wechsel auf die Unternehmensseite geändert?
Ja. Mit dem Perspektivenwechsel wurden Rahmenbedingungen, auch Sachzwänge, sichtbar hinsichtlich Strategien, Entscheidungen und Handlungen, die mir als Aussenstehende in ihrer Komplexität zuvor verborgen gewesen waren.

Wo sehen Sie die grössten Herausforderungen der Kommunikations- und auch Medienbranche?
Für Führungspersönlichkeiten, Unternehmen und Organisationen geht es darum, sich zu fokussieren, um gesehen, gehört und verstanden zu werden, und zwar von den relevanten Stakeholdern und im richtigen Moment. Je mehr Themen und Möglichkeiten für die Kommunikation zur Verfügung stehen, desto schwieriger wird es, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, damit die Kommunikation einen Beitrag zur Wertschöpfung leistet. Für die Medienbranche ist die Herausforderung vergleichbar, auch wenn die Antworten anders ausfallen als bei einem Unternehmen: Wen will man mit dem jeweiligen Medium informieren, womit und warum? Und: Wie lässt sich damit Geld verdienen?

Welches Projekt beschäftigt Sie momentan am meisten?
Ich konnte bereits eine schöne Zahl von Kundinnen und Kunden gewinnen. So bin ich schon kurze Zeit nach meinem Start bei HNS in verschiedenen Projekten tätig, das macht mir viel Freude. Einer meiner Branchenschwerpunkte ist die Industrie und die Energiewirtschaft – hier habe ich mir in den vergangenen 25 Jahren einiges an Wissen aufgebaut. So beschäftigt mich weniger ein einzelnes Projekt als eine Branche: dass sich die Industrieunternehmen in der Schweiz und international erfolgreich weiterentwickeln, wie wir die Energieversorgung sicherstellen, wie wir wettbewerbsfähig und innovativ bleiben. Und wie eine trennscharfe Positionierung und wirkungsvolle, effiziente Kommunikation die Verantwortlichen dabei unterstützt, diese Ziele zu erreichen.


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