Medien machen Fehler. Oder sie präsentieren eine Interpretation der Fakten, die nicht die einzig mögliche ist. Betrifft solche Berichterstattung die Bundesverwaltung, dann reagieren manche Kommunikationsabteilungen mit «Richtigstellungen» oder «Fakten-Checks». Zahlreiche Ämter und Departemente führen auf ihren Websites Rubriken, wo sie (vermeintliche) Fehler korrigieren oder ihre Sichtweise darlegen.
Auch VBS und Armee reagieren derart auf Medienberichte. Das geschieht nicht etwa als Ultima Ratio, wenn sie sich mit der betreffenden Redaktion nicht auf ein Korrigendum einigen konnten. Sie feuern mitunter auch direkt zurück, ganz ohne Vorwarnung und ohne die Autorschaft des (vermeintlich) fehlerhaften Berichts zu informieren. Wer solches Geschütz auffährt, sollte dann aber auch treffen.
Was geschieht, wenn die Salve danebengeht, und welchen Kollateralschaden eine staatliche Stelle damit verursachen kann, zeigt ein aktuelles Beispiel.
Am 23. Oktober berichtete Radio SRF über die teilweise Sistierung eines Informatikprojekts der Schweizer Armee. Der Sender tat dies unter anderem gestützt auf nicht öffentliche Dokumente und darin enthaltene Aussagen der Armeespitze. Die Sichtweise von Armee und Verteidigungsdepartement kommt prominent vor.
Dennoch reagierte der Kommunikationschef der Schweizer Armee umgehend mit einer «Richtigstellung». Drei falsche Aussagen will er in dem Radiobericht entdeckt haben. Diesen Eindruck erweckt zumindest die gewählte Darstellungsform mit Zitaten in Anführungs- und Schlusszeichen. Nur: Diese vorgeblich beanstandeten Textpassagen kommen in der Berichterstattung nirgends vor. Es handelt sich um Paraphrasen und Zuspitzungen. Damit führt die «Richtigstellung» in die Irre, ja sie ist selber falsch.
Um nur eine der drei «richtiggestellten» Passagen zu nehmen: Die Armee schreibt, SRF liege falsch mit seiner Aussage, «dass die Armee die SAP-Lösung abbricht». Tatsächlich heisst es im Textbeitrag auf srf.ch: «Das VBS will die Einführung einer Logistiksoftware nicht vollständig umsetzen.» Also nichts von «abbrechen».
Es ist der Armee und dem VBS unbenommen, interne Vorgänge und Entscheidungen mit eigenen Worten zu beschreiben und dies auf der eigenen Website zu dokumentieren. Zu einem Problem für den öffentlichen Diskurs wird die Behördenkommunikation, wenn sie mit Falschaussagen unqualifizierte Medienkritik befeuert. Das geschah im vorliegenden Fall auf LinkedIn, wo der Armeesprecher seine «Richtigstellung» auch im Wortlaut publizierte. Da fordert einer eine Entschuldigung von SRF-Direktorin Wappler, ein anderer personelle Konsequenzen und weitere sehen eine Bestätigung für eine notorisch armeekritische Berichterstattung.
Eine Richtigstellung der «Richtigstellung» ist bis heute nicht erfolgt. Angemessener wäre eine Löschung.
Nick Lüthi ist Redaktor von persoenlich.com.
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Armee zielt aufs Radio und trifft daneben