«Dies ist ein kleiner Schritt für Menschen, aber ein grosser Sprung für die Menschheit», hat Neil Armstrong bei der Mondlandung gesagt. Das war vor 52 Jahren. Jonas Projer hat sich jetzt die schweizerische Variante dieses legendären Spruchs ausgedacht: Zwar erfolgt sein Wechsel – geografisch gesehen – nur über zwei Häuserblocks im Zürcher Seefeld, für die hiesige Medienbranche ist es aber ein gigantischer und – ähnlich der Mondlandung – ein noch nie dagewesener Sprung.
Dass jemand aus der Ringier-Chefetage direkt in diejenige in die obersten Sphären der NZZ, also zum Chefredaktor, berufen wird, ist eine Premiere. Ohne sich nun in Superlativen zu verlieren, hat dieser Wechsel sehr viel Brisanz, was sich auch an den überraschten Reaktionen am Donnerstagabend zeigte und für einen kurzen Moment die Pandemie, Meghan und Harry und sogar die protestierenden Tagi-Journalistinnen vergessen liess. Eigentlich sollte die Ankündigung am Freitagmorgen feierlich durch Ringier und die NZZ erfolgen, durch eine Indiskretion ist sie aber bereits am Vorabend durch CH Media, die pikanterweise hälftig der NZZ-Gruppe gehört, verbreitet worden (persoenlich.com berichtete).
Genau dies wollte man wohl vermeiden, zu wach sind noch die Erinnerungen an die gescheiterte Einstellung von Markus Somm als NZZ-Chefredaktor vor sechs Jahren. Doch dies spricht nur für die Brisanz der Meldung, sie war wohl zu spektakulär, als dass sie die Eingeweihten in unserer plauderigen Branche geheim halten konnten. Da aber mittlerweile selbst Bundesratsentscheide vor der Bundesratssitzung in unseren Medien behandelt werden, soll man bei diesem Fall grosszügig über das Informationsleck hinwegsehen.
Spektakulär ist der Wechsel aber aus zwei Gründen: Zum einen ist es erst ein bisschen mehr als ein Jahr her, seit Jonas Projer als Chefredaktor bei Blick TV gestartet ist. Der Sender befindet sich also immer noch in der Start-up-Phase. Zusammen mit Moderator Reto Scherrer, der auch von der SRG kam, war der prominente Ex-«Arena»-Moderator das Aushängeschild von Blick TV und trat auch regelmässig – wie zuletzt am vergangenen Sonntag nach den eidgenössischen Abstimmungen – in gewohnt professioneller Manier vor der Kamera auf. Das Prädikat «Arena-tauglich» hat er auch nach seinem Abgang aus dem Leutschenbach nicht verloren.
Ob es interne Gründen waren oder am Ende nur die Verheissungen aus dem Hause NZZ sind, die zu diesem Schritt führten, wird man wohl nie ganz genau erfahren. Was man aber weiss: Der Wechsel vom Leutschenbach in die Chefredaktion eines privaten Verlagshauses ist immer noch die ganz grosse Ausnahme. Roger Schawinski (vom «Kassensturz» zur Tat), Jürg Wildberger (von der SRG zu Facts und später Weltwoche), Hannes Britschgi (von der «Rundschau» zu Facts und SonntagsBlick), Christine Maier («10vor10» zum SonntagsBlick) gehören zu dieser raren Spezies, ein Erfolgsgarant ist ein solcher Wechsel, wie die Geschichte zeigt, längst nicht.
Dem erst 39 Jahre alten Projer kann man, ja muss man, zugutehalten, dass er risikobereit ist. Sein neuer Partner heisst nun Eric Gujer und nicht mehr Reto Scherrer, in der Falkenstrasse herrscht ein anderes Betriebsklima als bei Ringier. Dieser Personalwechsel ist für viele so überraschend, dass er vielleicht gar nicht wahr ist. So glauben viele Menschen immer noch, Neil Armstrong sei gar nie auf dem Mond angekommen und das ganze Spektakel in einem Fernsehstudio inszeniert worden. Einem Vorgänger von Blick TV?
Matthias Ackeret ist Verleger und Chefredaktor von persönlich und persoenlich.com.
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15.03.2021 09:37 Uhr
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13.03.2021 13:41 Uhr
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