18.07.2018

Google

EU verhängt Rekord-Busse von 4,34 Milliarden Euro

Die EU-Kommission durchkreuzt Googles Geschäftsmodell bei Android: «Wir wollen, dass Google sein Verhalten ändert», sagt EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager.
Google: EU verhängt Rekord-Busse von 4,34 Milliarden Euro
Wer bei Android Google-Dienste einbauen will, muss immer ein komplettes Paket aus elf Apps verwenden. (Bild: Keystone/AP Photo/Matt Rourk)

Die EU-Kommission verdonnert Google wegen illegaler Praktiken beim Handy-Betriebssystem Android zu einer Rekord-Kartellstrafe. Der US-Internetkonzern müsse wegen Verstössen gegen EU-Recht 4,3 Milliarden Euro zahlen, teilte die Brüsseler Behörde am Mittwoch mit.

Google habe etwa Smartphone-Herstellern und Mobilfunknetzbetreibern seit 2011 unzulässige Vorschriften für die Verwendung von Android gemacht und verlangt, bestimmte Google-Apps vorzuinstallieren. «Auf diese Weise hat Google Android dazu verwendet, die marktbeherrschende Stellung seiner Suchmaschine zu festigen», sagte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Google will die Strafe anfechten. Sie könnte auch den ohnehin schon eskalierenden Handelsstreit zwischen der EU und den USA weiter anheizen.

Auf «nahezu allen» in Europa verkauften Geräten

Laut Vestager haben die Google-Praktiken Wettbewerber daran gehindert, innovative eigene Produkte auf den Markt zu bringen. Das sehen die Amerikaner anders: Man sei besorgt, dass die heutige Kartellentscheidung offene Plattformen wie Android schwäche und geschlossene Systeme stärke, sagte Google-Chef Sundar Pichai. Android basiert auf dem offenen Computersystem Linux, das von jedem benutzt und verändert werden kann. Google stellt die Software kostenlos zur Verfügung. Damit ist Android mit Abstand Marktführer und läuft weltweit auf acht von zehn Mobiltelefonen. Auf Platz zwei liegt Apples iOS.

Die Kommission, die in der EU die oberste Kartellbehörde ist, hat Google vor einem Jahr bereits wegen Vergehen bei seinem Preisvergleichsdienst eine Strafe von 2,4 Milliarden Euro aufgebrummt. Ein dritter Fall wegen des Anzeigendienstes Adsense ist noch anhängig.

Konkret kritisiert Vestager, dass Google die Handybauer gezwungen hat, auf Android-Geräten die konzerneigenen Apps im Bündel zu installieren. Neben Google Play mit zahlreichen Online-Anwedungen habe auch der Browser Chrome und die Google-Suche aufgespielt werden müssen. Dadurch sei die Google-Suchfunktion auf «nahezu allen» in Europa verkauften Android-Geräten vorinstalliert.

Zudem nahm die Kommission daran Anstoss, dass Google sich von Handybauern zusichern liess, keine alternative Version von Android zu verwenden. Auch Zahlungen des Apple-Rivalen an die Hersteller, damit sie nur das Suchfenster von Google einblenden, seien nicht rechtmässig. Die deutsche IT-Industrie warnt vor möglicherweise unabsichtlichen Auswirkungen der Entscheidung aus Brüssel. Die Kommission treffe mit ihrem Vorgehen nicht nur Google, sondern auch das gesamte Android-Ökosystem mit seinen Smartphone-Herstellern und vielen Software-Entwicklern, sagte Bernhard Rohleder, Chef des Lobbyverbands Bitkom.

Der Silicon-Valley-Riese muss die besagten Praktiken nun innerhalb von 90 Tagen abstellen. Ansonsten drohen Zwangsgelder von bis zu fünf Prozent des globalen Tagesumsatzes der Google-Mutter Alphabet.

Vestager dementiert Anti-US-Kurs

Aus der Bahn werfen wird den Suchmaschinenbetreiber die Zahlungsaufforderung aus Brüssel nicht. Die 4,3 Milliarden Euro entsprechen dem Umsatz von zwei Wochen. Zudem hat der Konzern 89 Milliarden Euro auf der hohen Kante.

Aber das Vorgehen könnte die bereits belastete Stimmung zwischen den USA und der EU weiter eintrüben. Vestager bestritt, absichtlich gegen US-Konzerne oder aus anti-amerikanischer Gesinnung vorzugehen. Sie möge das Land, sagte die Dänin. Die Durchsetzung des EU-Kartellrechts sei losgelöst vom politischen Kontext.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wird am 25. Juli mit US-Präsident Donald Trump in Washington Handelsgespräche führen. Mit dem Besuch will Juncker verhindern, dass Trump seine Drohung umsetzt und US-Importzölle auf Autos aus der EU verhängt. Amerika verlangt seit Anfang Juni schon Strafabgaben auf Stahl und Aluminium aus der EU. (awp/sda/reu/eh)

 



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