Herr Brand, der Digitalumsatz von Tamedia stieg dank Zukäufen im Jahr 2013 um 62 Prozent von 144 Millionen auf 233 Millionen Franken. Was ist das Ziel für 2014?
Genaue Zahlen geben wir natürlich nicht bekannt. Ein mittelfristiges Ziel: In zwei bis drei Jahren soll Digital rund 50 Prozent zum Ebitda-Ergebnis der Gruppe beitragen. Dies soll durch organisches Wachstum und durch Zukäufe erreicht werden.
Dann sind bereits für 2014 weitere Zukäufe geplant?
Davon können Sie ausgehen. Mehr darf ich dazu aber leider noch nicht sagen.
Alle Schweizer Medienhäuser wollen zurzeit ihren Digitalbereich stärken: Wie gross ist die Konkurrenz?
Es ist ein gemischtes Bild, wir sind auch mit internationalen Medienhäusern in Konkurrenz. In der Schweiz würde ich die Situation eher als "Coopetition“, als Kooperationswettbewerb beschreiben: Wir betreiben zum Beispiel mit Ringier gemeinsam jobs.ch. Auf der anderen Seite ist die Onlineplattform car4you ein Konkurrent von autoscout24, unser Immobilienportal homegate von immoscout24. Es ist in diesem Geschäft aber normal, dass man zugleich Wettbewerber und Partner ist.
Die neue Website tamediadigital.ch (persoenlich.com berichtete) und ihre Wachstumsziele zeigen, dass sich Tamedia von der Konkurrenz abheben möchte. Wie soll das gelingen?
Sicherlich haben wir ambitiöse Ziele, was das Wachstum betrifft. Und wer ambitiöse Ziele hat, muss bereit sein, eine ambitiöse Investitionsstrategie zu verfolgen. Dies wiederum ist attraktiv für Unternehmen, die Investitionspartner suchen. Wir bei Tamedia haben bewiesen, dass wir diesbezüglich mutig sind. Punkt zwei: Wir bieten eine hohe Reichweite. Tamedia erreicht mit ihrem Digital-Portfolio rund 75 Prozent der Schweizer Internetnutzer. Zudem gelingt es uns mittlerweile, Know-how und Services aufzubauen, die wir danach unserem ganzen Portfolio zur Verfügung stellen können.
Welche Services sprechen Sie konkret an?
Wir verfügen über viele Daten und machen zu wenig damit. Deshalb bauen wir jetzt ein "Big Data“-Team auf, das allen Firmen, an denen wir uns beteiligen, zur Verfügung stehen wird. Ich habe zudem Leute in meinem Team, die sehr viel über die Themen Strategie und Business Development wissen. Überdies versuchen wir, unsere Firmen aktiv zu vernetzen: Regelmässig organisieren wir informelle Treffen, zum Beispiel mit allen Produktmanagern oder Marketingverantwortlichen. Das Einzige, was wir dann von ihnen erwarten: Sie sollen sich austauschen. Tamedia sponsert das Bier und die Pizza.
Sie unterteilen auf tamediadigital.ch Ihre Beteiligungen in Classified, Bewegtbild, Commerce, Services und Ticketing: Welche Digitalprojekte und -Bereiche halten Sie für vielversprechend?
Da mache ich keine Prognose. Das Classified-Geschäft ist im Moment sehr ertragsstark. Dann gibt es Themen wie eHealth, Sharing Economy oder Personal Finance, die wir jetzt genauer anschauen, um nach Investitionsmöglichkeiten zu suchen. Die entscheidende Frage ist: Wo können wir den Menschen in der Schweiz einen echten Mehrwert bieten, Unternehmen dabei helfen, Prozesse zu vereinfachen und dabei auf unseren Stärken aufbauen? Im Bereich E-Commerce ist in der Schweiz noch ein sehr grosses, bislang unausgeschöpftes Potenzial vorhanden. Und es gibt Beispiele wie Doodle: Diese Firma hat ein enormes internationales Wachstumspotenzial. Am meisten genutzt wird Doodle in den USA, die Schweiz folgt erst auf Platz vier. Die Bereiche, die man jetzt auf tamediadigital.ch findet, werden sich sicherlich verändern: Neue kommen hinzu, andere verschwinden. Das Geschäft ist sehr dynamisch.
Ihr Ziel ist es, die Internationalisierung von in der Schweiz erfolgreichen Digitalangeboten voranzutreiben: Welche Firma haben Sie da insbesondere Auge?
Wir glauben, dass das Angebot von Olmero, einem Anbieter von internetbasierenden Lösungen für die Bauwirtschaft, im Deutschen Markt auf Anklang stossen könnte. Man muss aber realistisch bleiben: Niemand hat auf Tamedia gewartet. Aber wir probieren es trotzdem, denn es gibt einen Markt für unsere Angebote. Davon bin ich überzeugt.
Tamedia Digital will sich stärker mit der Start-up-Szene vernetzen. Hierzu unterstützen Sie Anlässe wie etwa den "Web Monday", der am Montagabend stattgefunden hat. Was versprechen Sie sich davon?
Mehr Doodles! Wir lernen zudem viel über die Denkweise der jungen Gründer. Tamedia war bisher eher passiv unterwegs, vieles wurde an uns herangetragen. Wir werden jetzt aktiver. Tamedia ist aber ein strategischer Investor und kein Finanzinvestor.
Welchen Nutzen haben denn die Start-ups, wenn Sie mit Tamedia zusammenarbeiten?
Sie profitieren durch unsere Vernetzung. Diese ist aus verschiedenen Gründen sinnvoll: Wenn uns etwas begeistert, dann kann es zu einer Investition oder Kooperation kommen. Wenn es in Richtung Investment geht, können wir verschiedene Tools zur Verfügung stellen. Wir sind aber kein Venture Capitalist. Das heisst: Wir unterstützen nicht dutzende Firmen mit Kleinbeträgen in einem ganz frühen Stadium. Wir kommen dann ins Spiel, wenn bereits Umsatz und ein funktionierendes Geschäftsmodell vorhanden sind, wenn eine Firma in den Markt eintritt und Werbung machen will. An diesem Punkt können wir am meisten bieten: Support, Medienleistungen usw.
Tamedia Digital beschäftigt bereits über 700 Personen, ein Schwerpunkt der neuen Seite wird die Ansprache von potenziellen Arbeitnehmenden sein: Welche Leute suchen Sie?
IT-Leute, Aussendienstmitarbeitende und Produktmanager werden immer gesucht. In unserem Team suchen wir ebenfalls immer nach guten Projektleitern. Für den Aufbau des Bereichs Data Analytics suchen wir gerade Data-Engineers und -Scientists.
Wir haben einen neuen, unternehmensweiten Innovationsfonds lanciert, der pro Jahr mit einer Million dotiert ist. Dort können Mitarbeitende eigene Ideen einbringen oder Ideen vorschlagen, denen sie ausserhalb von Tamedia begegnet sind. Die Mitarbeitenden sind hier sehr frei: Es kann eine Innovation sein, die einen internen Arbeitsablauf betrifft, es kann ein neues Produkt sein, etwas im publizistischen oder digitalen Bereich.
Seit dem Start Anfang dieses Jahres wurden rund 80 Ideen eingereicht, zwei bis drei werden umgesetzt. Das wird zu einem späteren Zeitpunkt kommuniziert.
Auch da ist es noch zu früh, um etwas Konkretes zu sagen. Zuerst muss die ganze Übernahme stattfinden. Dann muss die eidgenössische Wettbewerbskommission das Vorhaben noch gutheissen. Erst danach werden wir die weiteren Schritte definieren und kommunizieren.