25.10.2021

Zürich liest

«Die Finanzierung war eine Herausforderung»

Martin Walker ist Festivalleiter von «Zürich liest», das am Dienstag gestartet ist. Im Interview spricht er über seine Tätigkeit, das Buchgeschäft in der Schweiz und welche Veranstaltungen er besonders empfiehlt.
Zürich liest: «Die Finanzierung war eine Herausforderung»
Martin Walker ist froh, dass die Veranstaltungen stattfinden können, «die Autorinnen und Autoren reisen können und hoffentlich das Publikum auch zahlreich erscheint». (Bild: zVg)
von Matthias Ackeret

Herr Walker, am Dienstag startet das Zürcher Literaturfestival «Zürich liest». Hat sich wegen der Pandemie etwas zu den anderen Jahren verändert?
Die Programmplanung sind wir angegangen, als ob es keine Pandemie gäbe. Allerdings immer mit einem etwas flauen Gefühl im Magen; man weiss ja nie, wie sich die Situation entwickelt. Nun sind wir froh, dass Veranstaltungen stattfinden können, dass die Autorinnen und Autoren reisen können und hoffentlich das Publikum auch zahlreich erscheint.

Wie viele Autorinnen und Autoren, wie viele Verlage nehmen dieses Jahr teil?
Insgesamt sind rund 300 Personen involviert: Autorinnen, Moderatoren, Schauspielerinnen, Musiker. In wie vielen Verlagen die Bücher erscheinen, kann ich Ihnen nicht sagen. Aber an der Verlagsausstellung am 30. Oktober im Karl der Grosse zeigen über 30 Zürcher Verlage, einige rätoromanische und rund 20 Westschweizer Verlage ihre Produktion, die man natürlich auch kaufen kann.

«Das Buchgeschäft wird je länger, desto stärker zum Massengeschäft»

Wie hat sich die Pandemie auf das ganze Buchgeschäft ausgewirkt?
Der Buchhandel hat sich mit viel Flexibilität recht gut auf die Situation einstellen können, was auch von der Kundschaft sehr geschätzt wurde. Verlage kämpfen um die Aufmerksamkeit für ihre Bücher und Autorinnen konnten während langer Zeit keine Lesungen abhalten, die für viele eine wichtige Einnahmequelle ist. Verglichen mit anderen Branchen hat die Buchbranche die Krise recht gut überstanden.

Was bedeuten diese Entwicklungen für die Schweizer Verlage?
Das Buchgeschäft wird je länger, desto stärker zum Massengeschäft, die Margen sind klein und die Auflagen sind für die meisten Titel, die in Schweizer Verlagen erscheinen, eher am sinken als am steigen. Das heisst, dass viele Bücher ohne Unterstützung durch Bund, Kantone und Gemeinden, ohne Druckostenzuschüsse von Stiftungen und Firmen wohl nicht erscheinen könnten.

Sie sind nun neu auch Festivalleiter von «Zürich liest». Was beinhaltet diese Tätigkeit?
Ich bin Geschäftsführer des Zürcher Buchhändler- und Verlegervereins, des Trägerverein von «Zürich liest». Als Festivalleiter von «Zürich liest» kümmere ich mich um alle Belange, die es eben braucht, so ein Festival auf die Beine zu stellen: Programmierung, Finanzierung, Kommunikation und Kooperation mit den vielen Mitveranstaltern von «Zürich liest». Zudem werden wir im Frühjahr zum zweiten Mal «Zürich liest ein Buch» organisieren.

«Das gedruckte Buch ist nach wie vor die beliebteste Form, einen Text zu lesen»

Wo stellen sich für Sie die grössten Herausforderungen?
Das kulturelle Angebot in Zürich ist immens, wir müssen uns also so positionieren, dass wir das Publikum mit einem interessanten, abwechslungsreichen und für alle erreichbaren Programm für uns gewinnen können. Das tun wir in einem kleinen, aber feinen Team. Und die Finanzierung ist Jahr für Jahr eine Herausforderung.

Wie hat sich die Digitalisierung auf das Buchgeschäft ausgewirkt?
Es haben sich verschiedene Darreichungsformen für «den Text» eröffnet: das gedruckte Buch, E-Book, Hörbuch etc., die Digitalisierung hat die Herstellung vereinfacht. Aber, das ist wichtig, das gedruckte Buch ist nach wie vor die beliebteste Form, einen Text zu lesen. Dahinter stecken ja auch 500 Jahre Erfahrung, wie man einen Text lesbar darstellen kann. Gerade in unserer Zeit, in der wir pausenlos von Elektronik umgeben sind, ist die stromfreie Zeit mit einem Buch, etwas vom Erholsamsten, das es gibt.

Auf welche Veranstaltung freuen Sie sich am meisten?
Ich freue mich besonders auf die Eröffnung mit Martina Clavadetscher, Michael Fehr, Rico Baumann und Thomas Meyer, auch weil das der Startschuss zu fünf wundervollen Tagen sein wird. Besonders gespannt bin ich auf Christina von Braun, eine kluge Frau mit einem spannenden Leben, Filmerin, Genderforscherin der ersten Stunde. Ich könnte noch viel aufzählen – vom Krimi mit Rumdegustation bis zur Geschichte der Alfonsina Strada, die als erste Frau den Giro d’Italia absolviert hat. Als Festivalleiter werde ich allerdings nicht die Zeit haben, viele Veranstaltungen besuchen zu können. Das ist die Krux an diesem Job, aber die glücklichen Menschen, die aus einer Lesung kommen, sind Entschädigung genug.



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