09.02.2017

Swiss Music Awards

«Eine Award-Show lebt von Emotionen»

Am Freitag findet im Zürcher Hallenstadion die zehnte Austragung der Musikpreisverleihung statt. Im Interview sagt Veranstalter Oliver Rosa, wie stark das Schweizer Musikbusiness momentan ist. Ausserdem macht er einen Rück- und einen Ausblick.
Swiss Music Awards: «Eine Award-Show lebt von Emotionen»
Oliver Rosa, Gründer der Swiss Music Awards: «Mit den SMA können wir der Schweizer Szene ein Gesicht geben. Dieser Anlass ist wichtig.» (Bild: zVg.)
von Matthias Ackeret

Herr Rosa, herzliche Gratulation. Die Swiss Music Awards (SMA) feiern dieses Jahr im Hallenstadion ihr 10-Jahr-Jubiläum. Was hat Sie bewogen, diese Veranstaltung auf die Beine zu stellen?
Die Attraktivität der Schweizer Musik. Sie hat sich in den Jahren vor der ersten Durchführung stark entwickelt. Das wollten wir aufzeigen.

Wie viel Unterstützung bekamen Sie anfänglich von der Branche, und was waren die grössten Hürden?
In den ersten Jahren wurde ich vom Verband der Schweizer Musiklabels IFPI mit der Entwicklung und Durchführung der Veranstaltung beauftragt. Die Labels haben den Anlass von Anfang an unterstützt und das Potenzial erkannt. Die Verwertungsgesellschaften und der Verband der Live-Veranstalter kamen später dazu – dieses Jahr erstmals auch die Schweizerische Interpretengenossenschaft SIG. Sie alle haben sich zum Verein Press Play im Sinne einer breit abgestützten Trägerschaft der Branche zusammengeschlossen und sind offizieller Preisverleiher der SMA. Herausfordernd ist es, die Interessen von Musikszene, Medien, Sponsoren und Musikern verschiedener Couleur gleichermassen zu erfüllen. Da kann es Schwierigkeiten geben.

Seit vier Jahren findet der Anlass jeweils im Hallenstadion statt, in der grössten Halle des Landes. Was bedeutete dieser Schritt für Sie?
Dieser Schritt kam mit der Öffnung des Events für das Publikum, es war der bisher grösste. Dies gab den Awards eine neue Dimension. Durch das Public Voting haben wir die Fans von Anfang an direkt eingebunden. Seit 2014 können sie vor Ort dabei sein, wenn ihre Favoriten ausgezeichnet werden.

Nun hört man den Vorwurf, dass die Preise im kleinen Markt immer unter den gleichen Interpreten aufgeteilt würden. Empfinden Sie dies als Nachteil?
Die Toten Hosen haben ein Dutzend Echos gewonnen, Robbie Williams 18 Brit Awards. Bei uns liegt Stress mit neun Preisen vorne. Dieses Jahr haben wir so viele neue erstmals Nominierte wie nie zuvor. Bekannte Künstler machen aus der SMA eine grosse, breitenwirksame Plattform, auf der wir neue Talente vorstellen können.

Der TV-Sender Joiz hat jeweils zusammen mit dem Schweizer Fernsehen den Anlass übertragen. Nun fällt Joiz weg. Ist dies ein Nachteil für Sie?
Joiz hat online und im TV eine junge, affine Zielgruppe direkt angesprochen. Medienvielfalt ist generell gut, auch für die SMA. Insofern ist der Wegfall von Joiz ein Nachteil, ja. Unsere eigene Online-Community wächst allerdings beachtlich, und wir versuchen, stets neue Wege zu gehen. Bei den SMA 2017 werden wir für diese Zielgruppe eigenen Live-Content produzieren. Beim Voting-Start Mitte Januar gingen in den ersten 24 Stunden über 70’000 Stimmen ein, mehr als doppelt so viele wie im Jahr zuvor.

Wie viel kostet der ganze Anlass?
Über anderthalb Millionen.

Können Sie alles durch Sponsoring finanzieren, oder gibt es noch andere Einnahmequellen?
Nebst Einnahmen aus Sponsoring und Ticketing unterstützt der Verein Press Play, im Sinne eines Sockelbeitrags aus der Branche, den Anlass substanziell. Ohne diese Unterstützung wäre die Durchführung als Public Event mit Live-TV in verschiedenen Sprachregionen nicht möglich. Von der öffentlichen Hand wurden die SMA bisher nicht unterstützt.

Wie geht es der Schweizer Musikbranche momentan?
Sie ist im Umbruch. Die Recording-Branche verbuchte 2016 in vielen Märkten wieder ein Plus. Das ist erfreulich und auf den Zuwachs im Streaming zurückzuführen. Streams verdrängen allerdings bereits den Download. Durch Streaming wird der Markt internationaler. Das zeigen die Single-Charts auf, die für Schweizer Acts derzeit schwer zu knacken sind. Sobald die Streaming-Anbieter auch in kleineren Märkten das lokale Repertoire besser kuratieren, gehen neue Türen auf. Die grossen Umsätze im Live-Geschäft erzielen vor allem internationale Künstler. Mit den SMA können wir der Schweizer Szene ein Gesicht geben. Diese Plattform erscheint mir wichtig.

Wie viele Leute können derzeit hierzulande von der Musik leben?
Das ist schwer abzuschätzen. Im Pop/Rock-Bereich, ohne Zuschüsse aus der Förderung, wohl keine 20 Acts.

Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung auf das ganze Geschäft?
Seit über zehn Jahren ausserordentlich grosse. Die Digitalisierung hat alles auf den Kopf gestellt. Für die Musikbranche ist das nichts Neues. Viele Medienvertreter, welche der Musikbranche vor zehn Jahren grosse Vorwürfe für ihre Trägheit gemacht haben, scheinen heute selbst kein Erfolgsrezept für ihre Branche zu haben.

Gibt es bereits neue Einnahmequellen?
Das erwähnte Streaming ist eine neue Einnahmequelle. Für Repertoire-Owner mit umfassendem Katalog ist diese jedoch interessanter als für einzelne Künstler, vor allem in kleineren Märkten wie der Schweiz.

Zerstören Dienste wie Spotify nicht das ganze Businessmodell?
Nein, neue Dienste wie Spotify und Apple Music sind für die Branche ein Gewinn. Streaming holt Nutzer zurück, die nicht mehr bereit waren, für Musik zu bezahlen. Das ist entscheidend.

Noch ein Blick nach vorne: Was sind momentan die Trends im Schweizer Musikbusiness?
Mundartmusik ist derzeit sehr stark, und zwar in verschiedensten Genres, ob Hip-Hop oder volkstümlicher Pop. Das zeigen auch unsere diesjährigen Nominierten.

Rückblickend gesehen: Was war Ihr Lieblingssieger?
Alle, die auf der Bühne vor Freude geschrien oder geweint haben. Eine Award-Show lebt von Emotionen.


Dieses Interview erschien auch in der aktuellen Ausgabe des «persönlich»-Magazins. «persönlich» ist erstmals Medienpartner der Swiss Music Awards.

 



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