13.06.2003

"Heute produziert fast jeder Markenartikler Handelsmarken"

Die Übernahme der Bon-Appetit-Gruppe durch Rewe ist nur das aktuellste Beispiel für die Neuordnung im Schweizer Detailhandel, nachdem Coop Waro übernimmt, Carrefour die Jumbokette und Migros die Scana Lebensmittel. Durch die Konzentration erhält der Kampf "Markenartikel gegen Eigenmarken" eine neue Dimension: das Hauptthema der Promarca-Jahresversammlung vom 26. Juni, zu der "persönlich blau" diese Woche als Sondernummer erscheint. "persoenlich.com" bringt dazu einen Auszug aus einem Interview mit Professor Manfred Bruhn (Bild):
"Heute produziert fast jeder Markenartikler Handelsmarken"

Die Konzentration im Detailhandel nimmt weiter zu. Wie beurteilen Sie die veränderten Marktbedingungen vor dem Hintergrund der Frage Markenartikel oder Handelsmarke?

Die Schweiz ist Vorreiterin in der Handelsmarkenentwicklung, was mit der Entwicklung der Migros zu tun hat. Wenn die Konzentration im Handel nun weiter zunimmt, wird der Wettbewerb der Markenartikler noch schärfer. Anderseits könnte Coop die Markenartikelorientierung auch als Positionsvorteil gegenüber den Migros noch stärker ausbauen wollen. Ich kann mir deshalb vorstellen, dass die Entwicklung durchaus kehrt und zu Gunsten der Markenartikel verläuft.

Aber Coop zeigt doch gerade sehr deutlich, dass man zumindest in Richtung Eigenmarken geht. Zum Beispiel wurde viel Kraft in den Aufbau von Naturaplan und Betty Bossi gelegt.

Das ist richtig. Coop zielt auf eine Mischform zwischen Markenartikel und Handelsmarke ab, der Eigenmarke. Mit Naturaplan und Betty Bossi bildet man ein ganzes Sortiment an Artikeln. Aber wir sollten nicht nur die nächsten zwei Jahre betrachten, sondern die nächsten zehn Jahre. Vor diesem Zeithorizont denke ich, dass Coop gut beraten ist, neben den "Special"-Eigenmarken wie Naturaplan und Betty Bossi auch den Markenartikelgedanken noch stärker zu verfolgen.

Wie beurteilen Sie die Situation, dass Markenartikler sich selbst konkurrenzieren, indem sie Handelsmarken für die Verteiler herstellen?

Ich erinnere mich an eine Fachtagung vor 20 Jahren in Deutschland, als Industrievertreter wild und überzeugt argumentierten, sie würden nie und nimmer Handelsmarken produzieren, weil es ihr Untergang wäre. Heute macht das fast jeder, weil er auf diese Weise seine Produktionskapazität auslasten kann. Er muss es sogar tun, um überleben zu können.

Der Handel wäre vielleicht nicht in der Lage, die Kapazitäten selbst aufzubauen, also könnte der Markenartikler allenfalls doch Druck erzeugen?

Dieses Argument wurde oft benützt. Aber man muss erkennen, dass es relativ leicht ist, etwa in Griechenland oder in Portugal einzukaufen, wenn ein hiesiger Hersteller bockt. Das sind die Gesetze der globalisierten Wirtschaft.



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