16.12.2016

Blick

Auf den Spuren des Reporters Ralph Donghi

Ein Jahr nach dem Fall Rupperswil hat die «Zeit» mit einem Angehörigen über seine Erfahrungen mit dem Boulevard-Journalisten gesprochen. «Da standen Dinge, über die wir nicht einmal gesprochen hatten», sagt er. Der «Blick» will die Recherche nicht kommentieren.
Blick: Auf den Spuren des Reporters Ralph Donghi
Ralph Donghi erhält den Titel «gefürchtetster Kriminalreporter der Schweiz»: Der Artikel der «Zeit». (Bild: zVg.)
von Michèle Widmer

«Er legte mir Sätze in den Mund, die ich nie gesagt hatte», sagt Mirco Metger gegenüber der Schweizer Ausgabe der «Zeit» (online nicht verfügbar). Und der Angehörige der Opfer des Vierfachmords in Rupperswil im letzten Dezember fügt an: «Da standen Dinge, über die wir nicht einmal gesprochen hatten». Metger spricht über Ralph Donghi, der als Reporter beim «Blick»-Büro Mittelland arbeitet.

In einer ausführlichen Recherche zeigt die «Zeit»-Redaktorin Sarah Jäggi auf, wie Donghi als Boulevard-Journalist vorgeht. Der 43-Jährige – der «gefürchtetste Kriminalreporter der Schweiz» – sei oft als erster vor Ort, wenn im Schweizer Mittelland ein Unglück oder ein Verbrechen geschehe. Sein hinterhältiger Journalisten-Trick sei: Entweder du redest oder ich schreibe über dich. Und zwar irgendetwas. Immer wieder fahre er bei mutmasslichen Quellen vor. «Wenn ich ihm ein Interview geben würde», so erzählt Metger der «Zeit» weiter, «dann würde er mich nachher in Ruhe lassen.»


Für den Artikel hat Jäggi mit Polizisten, Richtern, Anwälten, Spitalangestellten und Behörden gesprochen, wie sie schreibt. Alle wollten öffentlich nicht darüber reden, was sie zuvor hinter vorgehaltener Hand erzählt hätten.

Donghi selbst will sich gegenüber der Journalistin nicht äussern. Ein vereinbartes Treffen sagte er später wieder ab. Auch Ringier und die «Blick»-Chefredaktion verzichteten auf eine Stelllungnahme. Gegenüber persoenlich.com begründet Ringier-Sprecher Edi Estermann dies wie folgt: «Form und Inhalt der Anfrage der ‹Zeit› hat uns klar aufgezeigt, dass die Meinung hier bereits gemacht war.» Deshalb werde man auch weiterhin auf eine Stellungnahme verzichten.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Arbeitsweise von Donghi in den Fokus rückt. Ende August sorgte das Musikvideo «Nur din Job» von Heinz de Specht für Wirbel. Darin kritisierte das Künstlertrio die Vorgehensweise von «Blick»-Journalisten – allen voran Donghi, der als einziger ohne Zensurbalken zu sehen war.



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Kommentare

  • Heinz Specht, 19.12.2016 11:28 Uhr
    fast schon irnoisch, dass donghi nicht mit dem journi sprechen will. begründung: "die meinung war bereits gemacht.". haha. genau wie wenn er mit angehörigen spricht. vielleicht hätte die zeit journalistin auch mehrmals mit bluemenstrauss an seiner privatadresse vorfahren sollen...
  • glancy mueller, 17.12.2016 08:41 Uhr
    herger, sie bleiben genauso lange bei ihrer meinung, wie der blick-reporter nicht vor ihrem haus auftaucht. wegen irgendwas, dass sie verbockt haben. ich wette mit ihnen, dass sie der erste und lauteste sind, der dann rumblökt und sich beschwert. es kostet nix, ausser ein paar sekunden hirni einschalten, um sich in die situation betroffener einzufühlen. aber das setzt eine gewisse emotionale intelligenz voraus.
  • Robert Weingart, 15.12.2016 23:04 Uhr
    Naja, Herr Herger, sachte, sachte. "Witwenschütteln" darf man nicht gut finden, Boulevard hin oder her. Was Donghi offenbar da macht (die Schilderungen in der Story `tönen`glaubhaft) ist moralisch verwerflich. Basta.
  • Nico Herger, 15.12.2016 14:00 Uhr
    Dem Boulevard werden fragwürdige Methoden vorgeworfen. Ui, das gibt mal eine Story. So funktioniert nun mal der Boulevard, ihr Tugendwächter von der Zeit. Will ja den vom Blick nicht in Schutz nehmen und lese ihn auch nicht - aber dass er sich dazu nicht äussern will, dafür habe ich volles Verständnis. Und: Schnüffeln tun ja immer nur die andern, nicht wahr.
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