17.09.2020

Echo der Zeit

«Bei der Technik wird es einen grossen Sprung geben»

Die ältesten politische Hintergrundsendung von SRF feiert Geburtstag. Redaktionsleiter Beat Soltermann beurteilt im Interview die erste Ausgabe vor 75 Jahren – und spricht über das «Echo der Zeit» der Zukunft. Die neue Audiostrategie bedeute mehr Koordinationsaufwand.
Echo der Zeit: «Bei der Technik wird es einen grossen Sprung geben»
«Ich glaube, dass sich die journalistischen Formen und die Art der Inhaltsvermittlung weiter ändern werden»: Beat Soltermann ist Redaktionsleiter von «Echo der Zeit». (Bild: Oscar Alessio/SRF)

Herr Soltermann, heute vor 75 Jahren ging «Echo der Zeit» erstmals über den Sender. Konnten Sie sich die Folge anhören? Welchen Eindruck hatten Sie?
Man kann die erste Sendung leider nicht mehr hören, weil es keine Aufzeichnung davon gibt. Aber das Manuskript ist zum Glück erhalten geblieben. Es ist ein Interview mit dem Berichterstatter der US-Truppen, John Shaw, der damals zu Besuch in Zürich war. Das Gesprächsthema war die Wichtigkeit der Benzin-Pipelines beim Vormarsch der Alliierten nach der Invasion der Normandie 1944. Ein spannendes Zeitdokument. Doch das Gespräch würde es heute nicht mehr in die Sendung schaffen.

Warum nicht?
Zwischen der Invasion der Normandie und der Sendung liegt mehr als ein Jahr. Wir haben heute einen völlig anderen Aktualitätsbegriff. Der Interviewer nimmt zudem eine unterwürfige Haltung gegenüber Herrn Shawn ein. Wir befragen heute kritisch, interessiert und auf Augenhöhe. Der grösste Unterschied betrifft aber das Technische. Das Gespräch wurde damals nicht mit einem Mikrofon aufgenommen, sondern mitgeschrieben und dann später von Schauspielern im Studio nachgesprochen. Heute absolut undenkbar! Und da realisiert man auch, dass seit dieser ersten Sendung wirklich 75 Jahre vergangen sind…

Wie feiert das «Echo der Zeit» seinen Geburtstag?
75 Jahre alt wird man nicht alle Tage. Wir haben uns deshalb entschieden, das ganze Jahr über ein wenig zu feiern. Zum Beispiel mit dem Podcast «Die raffinierte Lüge», bei dem es um Desinformation geht, und mit einer Sommerserie, in der wir die grossen «Echo»-Themen nochmals Revue passieren liessen – und auch schauten, wie sich der Fokus und die Gewichtung bei diesen Themen über die Jahre veränderten.

«Ich bin überzeugt, dass es auch in 20 Jahren ein Bedürfnis nach Information, Einordnung und Analyse gibt»

Zudem ist heute Donnerstag eine Spezialsendung zu hören. Was ist zu erwarten?
Da möchte ich noch nicht zu viel verraten. Nur so viel: Wir schauen und hören hinter die «Echo»-Kulissen, blicken zurück in die Geschichte, aber vor allem nach vorne – in die Zukunft.

Wie wird sich das «Echo der Zeit» verändern – vielleicht nicht grad in den nächsten 75, aber in den nächsten 20 Jahren?
Die Welt wird komplexer, nicht einfacher. Ich bin überzeugt, dass es auch in 20 Jahren ein Bedürfnis nach Information, Einordnung und Analyse gibt. Das ist unser Kerngeschäft. Gleichzeitig glaube ich, dass sich die journalistischen Formen und die Art der Inhaltsvermittlung weiter ändern werden. Ich habe fürs Jubiläum viele ältere Sendungen gehört – sie waren damals topmodern, klingen mit den heutigen Ohren jedoch teilweise etwas angejahrt. Es kommen zum Beispiel weniger Töne zum Einsatz; auch die Texte sind heute direkter. Dieser Trend wird weiter gehen. Schliesslich wird es bei der Technik nochmals eine grossen Sprung nach vorne geben – und zwar sowohl bei der Aufnahmetechnik als auch bei der Distribution.

Für Medien, aber für Radiosender im Speziellen, wird es immer schwieriger ein junges Publikum zu erreichen. Welche Strategien, Ideen werden umgesetzt oder diskutiert?
Zum einen stellen wir fest, dass viele jüngere Hörerinnen und Hörer das «Echo der Zeit» gar nicht kennen. Wenn sie es aber entdecken, sind viele begeistert. Das zeigen die Rückmeldungen, die wir erhalten. Wir müssen unser Angebot demzufolge einem Publikum bekannter machen, das nicht mehr mit der Sendung sozialisiert wurde wie wir «älteren Semester». Zum anderen ist es aber auch wichtig, dass wir dort zu finden sind, wo das jüngere Publikum Medien konsumiert. Das «Echo der Zeit» hat den populärsten Podcast der Schweiz – da sind wir in einer guten Ausgangsposition. Auch bei den Smart-Speakern sind wir mit dabei (Alexa-Skill und «SRF Audio»-Skill). Wichtig ist mir allerdings, dass wir bei all diesen Überlegungen auch das treue traditionelle Publikum nicht vergessen. Wir schätzen das ganze Publikum, unabhängig vom Alter!

«Ich habe fürs Jubiläum viele ältere Sendungen gehört – sie waren damals topmodern, klingen mit den heutigen Ohren jedoch teilweise etwas angejahrt»

Bis Ende 2021 will SRF eine neue Audiostrategie umsetzen. Inwiefern ist das «Echo der Zeit» davon betroffen?
Das «Echo der Zeit» wird es auch künftig geben – und zwar wie heute als Sendung im Radio und auch als Podcast. Die Sendung wird weiterhin die Welt, die Schweiz und die Schweiz in der Welt abbilden und einordnen. Was sich ändern wird, sind die internen Prozesse und Abläufe – und die Zusammenarbeit mit den Fachredaktionen Ausland, Inland, Wirtschaft und Wissenschaft und natürlich den Korrespondentinnen und Korrespondenten in aller Welt. Hier wird es wichtig sein, dass wir mit diesen Kolleginnen und Kollegen weiterhin eng zusammenarbeiten können, denn jedes «Echo der Zeit» ist ein Team-Work. Die Details werden in den kommenden Monaten ausgearbeitet.

Gleichzeitig sollen die Kompetenzzentren Hintergrund in Bern und Aktualität in Zürich starten. Wie wird sich dadurch der Workflow ihres Teams verändern?
Auch das gilt es gemeinsam neu festzulegen. Die örtliche Trennung von Aktualität und Hintergrund steht jetzt als Grundsatz fest und wird für uns sicher mehr Koordinationsaufwand bedeuten. Im «Echo der Zeit» sind aktuelle Ereignisse aus dem Tag genau so zu hören, wie vertiefende Beiträge und Gespräche. Die digitale Entwicklung ist künftig in Zürich angesiedelt, hier laufen Gespräche, wie wir vom «Echo der Zeit» auch künftig in die Abläufe eingebunden sind. Wichtig wird auch der Austausch zwischen Zürich und Bern sein – mit den Kolleginnen und Kollegen vom Radio, aber auch vom Online und Fernsehen.

Im Rahmen von SRF 2024 hat Nathalie Wappler gerade Sparmassnahmen verkündet und verschiedene TV-Sendungen gestrichen. Muss auch das «Echo der Zeit» sparen? Wenn ja, wo?
Ob wir allenfalls kleinere Anpassungen vornehmen müssen, kann ich momentan noch nicht sagen. Die Finanzplanung ist noch nicht abgeschlossen. Aber um es nochmals ganz deutlich zu sagen. Das «Echo der Zeit» wird es als Sendung und als Podcast auch künftig geben. Und wie in den vergangenen 75 Jahren wird sich das Angebot künftig laufend leicht anpassen und weiterentwickeln.

«Die örtliche Trennung von Aktualität und Hintergrund steht jetzt als Grundsatz fest und wird für uns sicher mehr Koordinationsaufwand bedeuten»

Die Coronakrise macht dieses Jahr vielem einen Strich durch die Rechnung. Inwiefern mussten Sie die Jubiläums-Pläne anpassen aufgrund der Pandemie?
Wir hatten in der ersten Jahreshälfte eine «Roadshow» geplant, mit der wir raus zum Publikum gegangen wären. Wir nehmen nun gegen Ende Jahr einen neuen Anlauf – in einem kleineren Rahmen. Hoffentlich macht uns Corona nicht erneut einen Strich durch die Rechnung. Ebenfalls nicht stattgefunden hat dieses Jahr leider das traditionelle Treffen der Radio-Korrespondentinnen und Korrespondenten in Bern – da hatten wir im «Echo der Zeit» ebenfalls etwas Spezielles geplant.

Nicht nur das Jubiläum, sondern auch das aktuelle Ergebnis des Medienqualitätsratings geben Anlass zur Freude. Das Echo steht zum dritten Mal in Folge auf dem obersten Platz. Wie feiern Sie beides mit dem Team?
Das gute Abschneiden ist natürlich sehr erfreulich und für uns keine Selbstverständlichkeit. Das Bemühen um möglichst viel Qualität ist ein ständiger Prozess. Ein eingespieltes Team und ausgezeichnete Rahmenbedingungen helfen da. Das Medienqualitätsranking ist – neben dem Jubiläum – ein weiterer Grund zum Feiern. Doch auch hier werden wir wegen Corona nicht überborden: Wir haben vor, am 17. September nach der Sendung auf der Redaktion gemeinsam anzustossen. Chefredaktorin Lis Borner offeriert uns den Apéro.




Beat Soltermann (47) leitet die «Echo»-Redaktion seit etwas mehr als drei Jahren. Zuvor war der promovierte Jurist sechs Jahre USA-Korrespondent und fünf Jahre Wirtschaftsredaktor – beides für Radio SRF.


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