17.08.2023

Radiokonzessionen

Ems-Chemie kritisiert Medienmonopol von Somedia

Die Neukonzessionierung der Lokalradios sorgt für Wirbel. Dies vor allem in der Region Südostschweiz-Glarus, wo sich nebst Somedia auch Roger Schawinski mit Radio Alpin bewirbt. Nun mischt sich der Chemiekonzern von SVP-Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher ein.
Radiokonzessionen: Ems-Chemie kritisiert Medienmonopol von Somedia
Das Studio vom Radiosender Südostschweiz in Chur. (Bild: Keystone/Gian Ehrenzeller)

Die zurzeit laufende Neukonzessionierung der regionalen Radio- und TV-Sender führt in verschiedenen Sendegebieten zu Konkurrenzsituationen. So gibt es für die TV-Sendekonzessionen in den Regionen St. Gallen und Bern, die beide bislang von CH Media gehalten werden, erfolgsversprechende Neubewerbungen. Gleiches gilt für das Konzessionsgebiet Südostschweiz-Glarus, wo Medienunternehmer Roger Schawinski mit seinem Bündner Geschäftspartner, dem früheren Bündner-Zeitung-Chefredaktor Stefan Bühler, mit Radio Alpin zum zweiten Mal um eine Radiokonzession nachsucht. Damit fordern sie den bisherigen Konzessionsinhaber, Radio Südostschweiz, das zur Somedia-Gruppe gehört, heraus. Das Departement Uvek von Bundesrat Rösti will bis Jahresende eine Entscheidung treffen.

Regionale Verankerung hervorgehoben

Momentan können auch «interessierte Kreise» Stellungnahmen zu den 51 TV- und Radiogesuchen beim Bundesamt für Kommunikation (Bakom) abgeben. Allein die Hälfte der 31 Stellungnahmen «weiterer interessierter Kreise» stammen aus dem Kanton Graubünden, was auf die Brisanz der dortigen Ausschreibung hinweist. Wie auf der Website des Bakom ersichtlich ist, sind die Argumentationen dieser Stellungnahmen mit einer Ausnahme – jener von Ems-Chemie – weitgehend identisch und allesamt zugunsten von Somedia und Radio Südostschweiz.

Roger Schawinski vermutet in seiner Stellungnahme, die das Bakom auch publiziert hat, eine gesteuerte Aktion des bisherigen Konzessionsinhabers. Denn darin wird unisono vor allem die regionale Verankerung und das 35-jährige Bestehen von Radio Südostschweiz betont.

Ems unterstützt Schawinski

Anderer Meinung war die Glarner Regierung, die in ihrer Stellungnahme Radio Südostschweiz trotz klarer Konzessionsvorgaben «als abwesend vom Kanton Glarus» wahrnimmt (persoenlich.com berichtete).

Pikant ist bei den eingereichten Vernehmlassungen, dass sich der grösste private Arbeitgeber des Kantons, die Ems-Chemie, die von der Bündner SVP-Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher geleitet wird und sich mehrheitlich immer noch im  Besitz der Familie von Altbundesrat Christoph Blocher befindet, klar für das Schawinski-Projekt einsetzt.

Ems schreibt in ihrer Stellungnahme, dass Somedia in Graubünden faktisch ein Medienmonopol errichtet habe, das die Vielfalt der regionalen Berichterstattung im Versorgungsgebiet Südostschweiz-Graubünden einschränke. Diese monopolistische Stellung ermögliche es Somedia, bestimmte Themen selektiv zu behandeln und eine «einseitige, polemische Berichterstattung gegenüber Andersdenkenden» zu betreiben.

Pikant ist diese Aussage aus zweierlei Gründen: Zum einen gilt Schawinski als SVP-kritisch, zum andern ermöglichte Christoph Blocher 1986 mit grossem finanziellen Aufwand die Rettung der zweiten Bündner Tageszeitung, des Bündner Tagblatts. Diese ist laut Statuten heute noch redaktionell unabhängig, wurde aber 1996 in die Somedia Press AG integriert. Über die Ausgestaltung der Rechtsverhältnisse zwischen den beiden Zeitungen gab es zwischen Somedia-Verleger Hanspeter Lebrument und Christoph Blocher in der Vergangenheit immer wieder Auseinandersetzungen.  

«Faktisch besteht somit im Kanton Graubünden nur noch ein Eintitel-System», dies unter gravierender Verletzung der vertraglichen Bestimmungen, die mit Somedia bestehen», schreibt Ems. Laut Artikel 45 des Radio- und Fernsehgesetzes muss bei inhaltlich praktisch gleichwertigen Gesuchen zwingend dasjenige den Zuschlag erhalten, das mehr Unabhängigkeit und Meinungsvielfalt garantiert. Dieser Passus dürfte auch bei den anderen Gesuchen eine nicht unwesentliche Rolle spielen und könnte bei der erneuten Konzessionsvergabe den Ausschlag geben. (ma)

 



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