Die Verteidigerin der Journalistin Jana Avanzini hatte am 9. März vor dem Kantonsgericht einen Freispruch verlangt. Sie führte aus, es gehe in dem Fall um die grundsätzliche Frage der Medienfreiheit und den Schutz der Recherche. Der Augenschein im Gebäude sei ein angemessenes Mittel gewesen, um objektiv über die Besetzung zu berichten. Das Hausrecht der Eigentümerschaft sei nur minimal tangiert worden (persoenlich.com berichtete).
Dies sah der Anwalt der Hausbesitzerin, der Bodum Invest AG, anders. Er forderte eine bedingte Strafe von mindestens 20 Tagessätzen und eine Busse. Die Journalistin könne für sich keine Sonderrechte in Anspruch nehmen. Sie hätte auch anderweitig über die Besetzung berichten können. Er betonte, es sei am Eigentümer zu entscheiden, wer sich auf seinem Grundstück aufhalten dürfe.
Die seit längerer Zeit leerstehende Villa in Luzern war im April 2016 von einer Gruppierung namens «Gundula» besetzt worden. Das Haus an der Obergrundstrasse war 1891 erbaut worden und ist als erhaltenswert eingestuft.
Avanzini arbeitete damals für das Onlineportal Zentralplus. Sie sagte vor dem Kantonsgericht, sie habe eine Reportage schreiben wollen, um zu zeigen, was in dem Haus vorgehe und wie es dort aussehe. Es habe über den Zustand der Villa unterschiedliche Aussagen gegeben. So warfen die Besetzer der Bodum Invest AG vor, die Villa verfallen zu lassen, um sie abreissen zu können.
Das am Mittwoch veröffentliche Urteil liegt erst im Dispositiv vor und ist noch nicht rechtskräftig. Es kann an das Bundesgericht weitergezogen werden.
Der von der Schweizer Sektion von Reporter ohne Grenzen (RSF) eingerichtete Unterstützungsfonds beteiligt sich mit 5000 Franken an den Kosten des Berufungsverfahrens der Journalistin Jana Avanzini, wie RSF bereits am 20. März mitteilte. (sda/cbe)