08.09.2011

Roger Köppel ist entrüstet über Inserate-Boykott

Der Keller-Sutter-Knatsch geht weiter: Auslöser sind die drei "Weltwoche"-Titelstories, in denen der populären St. Galler Politikerin Karin Keller-Sutter Amtsmissbrauch vorgeworfen wird. Ausserdem lehnte die "Wiler Zeitung" "Weltwoche"-Inserate ab, da diese ehrverletzend seien. Roger Köppel versteht nicht, warum seine Inserate nicht gedruckt wurden. "Das ist Unsinn", sagt er, "kristallklare Fakten sprechen für sich." Zum Text:
Roger Köppel ist entrüstet über Inserate-Boykott

Wiederholt war der mutmassliche Amtsmissbrauch von Karin Keller-Sutter Titelthema der "Weltwoche". So auch in der neusten Ausgabe. Der aktuellste Vorwurf an die Adresse der Politikerin: Die Kinder der türkisch-iranischen Familie seien nicht so gut integriert, wie Keller-Sutter sagte, und hätten auch keine Lehre oder Berufsschule besucht.

Die Art und Weise und die Verhältnismässigkeit, wie die "Weltwoche" über diese Fall berichtet, wird von mehreren Seiten stark kritisiert und als Schmutzkampagne bezeichnet, was "Weltwoche"-Verleger Roger Köppel gegenüber persoenlich.com bestreitet. Das Thema wurde von anderen Medien und auch von der "Weltwoche" selbst immer wieder in mehreren Artikeln aufgegriffen. "Haben Sie denn nicht mehr erfreuliche und positive Meldungen, dass Sie eine stark engagierte Politikerin und fachlich versierte Regierungsrätin andauernd verunglimpfen und ihre Leser mit diesen Dauerattaken vergraulen?", schreibt ein Leserbriefschreiber. Keller-Sutter hält sich zurück, in der Talkshow "Schawinski" vom vergangenen Montag beispielsweise, wollte sie zu den Vorwürfen keine Stellung beziehen. Anders gegenüber dem Ostschweizer Radio FM1: "Es gibt Kreise, die versuchen mit allen Mitteln, ihre Ziele zu erreichen", so die Regierungsrätin. Was sie mit "Ziele erreichen" meint, will sie nicht genauer ausführen, doch die Interpretation liegt auf der Hand: Im Kampf um den Ständerat kämpft Keller-Sutter gegen SVP-Präsident Toni Brunner.

Anzeigenboykott in Wil

Zusätzlich zu den Artikeln plant die "Weltwoche" in der Ostschweiz nun eine "Weltwoche"-Inserate-Aktion. Wie aus dem aktuellen Heft zu erfahren ist, gab Köppels Blatt bei zwei Lokalzeitungen Inserate auf. "Aus aktuellem Anlass", wie die "Weltwoche" schreibt. Während der Gratisanzeiger "Wiler Nachrichten" das Inserat "Keller-Sutter sagt nicht die Wahrheit" druckte (vgl. Bild), lehnte es die "Wiler Zeitung" ab. Die Begründung: "Die Kampagne der "Weltwoche" gegen Karin Keller-Sutter trägt klar Züge einer Verleumdungskampagne. Es gab und gibt für uns keinen Grund, an den klaren Aussagen von Karin Keller-Sutter und den Vertretern des Kantons St.Gallen zu zweifeln, dass alles korrekt abgelaufen ist", so Peter Weigelt, Verwaltungsratspräsident der "Wiler Zeitung" gegenüber persoenlich.com. Vor diesem Hintergrund sei die Aussage im Inserat "Keller-Sutter sagt nicht die Wahrheit" inakzeptabel und ehrverletzend". Über die Ablehunung des Inserats habe die Geschäftsleitung in Absprache mit ihm entschieden. Es komme sehr selten vor, dass Inserate abgewiesen werden. "Die "Wiler Zeitung" lehnt grundsätzlich keine Inserate auf Grund des politischen Inhalts ab. Inserate aber, die verleumderisch oder ehrverletzend sind, zu Gewalt oder Rassismus aufrufen oder gegen Bestimmungen des Strafrechts verstossen, werden nicht publiziert", erkärt Weigelt.

Köppel verteidigt Inserateaktion

Zur Frage, warum die "Weltwoche" ausgerechnet in Wil, dem Wohnort von Keller-Sutter, Inserate schalten wollte, sagt Köppel gegenüber persoenlich.com: "Die Platzierung der Inserate war eine meines Erachtens hervorragende Idee unseres Verlagschefs Sandro Rüegger. Er wollte das Heimpublikum der kritisierten Regierungsrätin möglichst gezielt ansprechen." Zum Vorwurf der Ehrverletzung sagt er: "Diese pauschalen Vorwürfe entbehren jeder Grundlage. Sie sind ja auch gänzlich unfundiert und ohne konkrete Argumente". In der Abwehrhaltung der "Wiler Zeitung" sieht Köppel parteipolitische Absichten. "Die "Wiler Zeitung" unterstützt, wie man uns sagte, Frau Keller-Sutter im Wahlkampf und sah deshalb davon ab, die Anzeige zu nehmen."

Auch den von Weigelt erhobenen Vorwurf eine Verleumdungskampagne zu führen will Köppel nicht gelten lassen: "Das ist Unsinn. Die Weltwoche deckt Missstände im Staat auf. Im Fall Keller-Sutter liefern wir kristallklare Fakten, die für sich sprechen. Es geht um einen Fall von regierungsrätlicher Willkür bei einem Asylentscheid. Ausserdem sagte Frau Keller-Sutter wiederholt die Unwahrheit. Die Weltwoche muss solche Missstände aufdecken, ungeachtet der parteipolitischen Couleur." Er habe Keller-Sutter damals bei den Bundesratswahlen im Editorial unterstützt, trotzdem hindere dies ihn nicht, auch kritische Berichte über sie zu veröffentlichen. "Das ist objektiver Fakten-Journalismus."

Politiker müssen mehr ertragen

Wie beurteilt Medienrechtsexperte Urs Saxer diesen Fall? Die Behauptung "Keller-Sutter sagt nicht die Wahrheit" kann als Lüge gelten und tangiert die persönliche Ehre. "Bei Politikern wird das Persönlichkeitsrecht aber etwas weniger streng ausgelegt, als bei anderen Leuten – sie müssen eine etwas dickere Haut haben." Dass sich die "Wiler Zeitung" gegen eine Veröffentlichung entschieden hat, sei nachvollziehbar, denn die Zeitung wolle das Risiko nicht eingehen, mitverantwortlich zu sein. Soll nun Keller-Sutter rechtliche Schritte einleiten gegen die "Weltwoche", also eine Gegendarstellung verlangen oder ein Schreibverbot? Saxer rät ab. "Bei Politikern ist es unsicher, ob der rechtliche Weg der Richtige ist. Schreibverbote sind schwierig. Politiker sollten sich besser über den medialen Diskurs zu erklären versuchen."

Text: Edith Hollenstein



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