02.09.2020

Charlie Hebdo

Terrorattacke wird vor Gericht verhandelt

Vor gut 5,5 Jahren erschütterte der islamistische Terroranschlag auf das Satiremagazin ganz Frankreich. Vor einem Gericht wird eine mehrtägige Anschlagsserie aufgerollt, bei der 17 Menschen getötet wurden.
Charlie Hebdo: Terrorattacke wird vor Gericht verhandelt
In diesem Pariser Gerichtssaal findet bis am 10. November der Prozess zu den Charlie-Hebdo-Terroranschlägen statt. (Bild: Keystone/EPA/Yoan Valat)

Unter hohen Sicherheitsvorkehrungen hat der Prozess um den blutigen islamistischen Terroranschlag auf das französische Satiremagazin Charlie Hebdo begonnen. Im neuen Justizpalast im Nordwesten von Paris erschienen am Mittwoch elf der insgesamt 14 Angeklagten. Die übrigen drei – darunter eine Frau – sind flüchtig; ob sie noch leben, ist unklar. Es sind 49 Verhandlungstage geplant, der jetzt schon historisch genannte Prozess soll dann Mitte November enden.

Vor einem besonders zusammengesetzten Gericht für Terrorfälle wird eine mehrtägige Anschlagsserie aufgerollt, bei der im Januar 2015 insgesamt 17 Menschen getötet worden waren. Die Anschläge trafen nicht nur die Redaktion von Charlie Hebdo, sondern auch einen koscheren Supermarkt in Paris. Die drei Täter wurden damals von Sicherheitskräften erschossen.

Der Prozess ist in jeder Beziehung aussergewöhnlich: Beteiligt sind 200 Nebenkläger und 94 Anwälte. Es sollen 144 Zeugen und 14 Experten aufgerufen werden. Das hochmoderne Gerichtsgebäude wurde von Hunderten Polizisten gesichert, wie Medien berichteten.

Den Angeklagten wird vorgeworfen, in unterschiedlicher Weise bei der Vorbereitung der Anschläge geholfen sowie einer terroristischen Vereinigung angehört zu haben. In den meisten Fällen drohen laut Staatsanwaltschaft hohe Haftstrafen von bis zu 20 Jahren. Beschuldigte sollen beispielsweise Waffen besorgt oder eine Unterkunft zur Verfügung gestellt haben.

Zehn von ihnen sassen im Gerichtssaal in Glasboxen, die von vermummten Polizisten bewacht wurden. Im Saal herrschte wegen der Corona-Epidemie Maskenpflicht. Der Vorsitzende Richter Régis de Jorna erklärte, dass der Prozess wegen der historischen Bedeutung gefilmt werde. Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo teilte via Twitter mit, das Gerichtsverfahren müsse ein «Moment der Wahrheit, der Würde und der Gerechtigkeit» sein.

Die Anschläge hatten vor gut fünfeinhalb Jahren auch weltweit enormes Aufsehen erregt. Eine Welle der Solidarität unter dem Schlagwort «Je suis Charlie» («Ich bin Charlie») prägte die Zeit danach. Es ist der erste grosse Prozess um die verheerenden islamistischen Terroranschläge, die Frankreich 2015 und 2016 tief erschütterten. Bei islamistisch motivierten Terrorakten kamen im Land bisher mehr als 250 Menschen ums Leben. Zu den Anschlägen auf die Konzerthalle Bataclan und Restaurants im Pariser Osten vom Herbst 2015 – dabei starben 130 Menschen – wird es einen weiteren Prozess geben.

Bei dem Anschlag auf Charlie Hebdo waren zwölf Menschen getötet worden, unter ihnen bekannte Zeichner wie Stéphane Charbonnier (Charb) oder Jean Cabut (Cabu). Die Täter, die Brüder Chérif und Said Kouachi, wurden nach Tagen auf der Flucht erschossen. Der Islamist Amedy Coulibaly erschoss am Tag nach dem Anschlag auf das Satiremagazin eine Polizistin im Süden von Paris und tötete am Tag darauf vier Geiseln in einem koscheren Supermarkt, bevor er selbst bei der Erstürmung des Gebäudes erschossen wurde.

Nach den Attacken gingen Millionen Menschen überall in Frankreich auf die Strassen. In Paris gab es einen Marsch mit Staats- und Regierungschefs, angeführt von damaligen Staatspräsidenten François Hollande und Bundeskanzlerin Angela Merkel. (sda/dpa/cbe)



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