28.02.2022

Hotz Brand Consultants

«Der Auftritt sollte näher am orangen M sein»

Die Migros Bank erhält ein neues Kleid und will künftig «Menschen», nicht mehr nur «Kunden» ansprechen. Chris Steinacker, Geschäftsführer von Hotz Brand Consultants, über den Weg zum neuen Logo, den Soft Launch und die Weiterentwicklung der Marke.
Hotz Brand Consultants: «Der Auftritt sollte näher am orangen M sein»
von Michèle Widmer

Herr Steinacker, die Migros Bank will sich für die Zukunft aufstellen. Welche Herausforderungen in der Bankenbranche stehen an?
Die Banken in der Schweiz sind in vielerlei Hinsicht herausgefordert, sich weiterzuentwickeln. Das Niedrigzinsumfeld, die Negativzinsen und die zunehmenden regulatorischen Anforderungen machen die Räume eng und den Wettbewerb härter. Hinzu kommt, dass viele Banking-Leistungen sehr austauschbar und vergleichbar sind. Es stellt sich die Frage, wie man sich als Bank so positioniert, dass man eine differenzierte Marktposition einnimmt, die für vielfältige Zielgruppen relevant ist und dabei auf der eigenen Einzigartigkeit aufbaut. Die Marke ist dafür das ideale Werkzeug.

Neu positioniert sie sich als «Bank für die Menschen». Wen hat sie bisher angesprochen? Wie schaut die Zielgruppe künftig aus?
Viele Unternehmen haben das Thema «Kundenzentrierung» in ihren Strategiepapieren stehen. Es ist für sie jedoch ein weiter Weg, diese Strategie in die Tat umzusetzen. Bei der Migros Bank ist das anders: Gottlieb Duttweiler gründete die Migros Bank 1958 als Antithese zu den bestehenden Banken in der Schweiz und forderte damit, dass es eine Bank geben soll, die den Menschen – und nicht das Kapital – ins Zentrum ihres Handelns stellt. Als wir in unserer Arbeit auf diese progressive Forderung stiessen, war uns klar, dass dies der Kern der zukünftigen Positionierung der Migros Bank sein würde. Folgerichtig hat die Geschäftsleitung der Migros Bank auch entschieden, dass man künftig, wo immer möglich, nicht an «Kunden» denkt, sondern an «Menschen, die ideal mit ihrem Geld umgehen wollen». Es beginnt also vor dem Geldbeutel, bei den persönlichen Wünschen, Sorgen und Lebenssituationen.

Die Mitarbeitenden sollen die Marke als «Werkzeug für ihre tägliche Arbeit einsetzen können». Was konkret lernen sie in den Schulungen?
Erst die Mitarbeitenden machen aus theoretischen Strategien erlebbare Realitäten. Oder eben auch nicht. Es ist daher wichtig, dass sie die Strategie nicht nur kennen und annehmen, sondern auch dabei unterstützt werden, sie zu realisieren. Konkret haben wir bei der Migros Bank Methoden installiert, mit denen die Mitarbeitenden in der täglichen Arbeit die Marke als Werkzeug nutzen können: mal als Inspiration, mal als Kompass oder auch mal als Veto-Instrument. Die Mitarbeitenden «lernen» also, Interaktionen, Auftritt und Leistungen aus Sicht der Marke zu beurteilen und entsprechend ihr Verhalten und ihre Aktivitäten aus diesem Blickwinkel, wo es nötig ist, weiterzuentwickeln.

«Der Markenauftritt wurde sehr umfassend und im engen Abgleich mit den Zielgruppen weiterentwickelt»

«Zugänglich. Handfest. Engagiert.» lauten Keywords der neuen Marke. Was sind die Überlegungen dahinter?
Es sind mehr als reine Keywords, wie man sie in vielen Markenpositionierungen antrifft. Es sind die Prinzipien der Bank, an denen sie sich orientiert und an denen sie sich messen lässt. Entstanden sind sie aus einer umfassenden Analyse der Migros Bank, ihrer Zielgruppen und den Wettbewerbern. Die Inhalte, mit denen sie den Mitarbeitenden vermittelt wurden, sind so formuliert, dass sie sich als orientierungsgebende «Schablone» auf jede Dimension der eigenen Wertschöpfung legen lassen.

Der neue Markenauftritt unterscheidet sich deutlich vom vorherigen Auftritt. Zudem kommen auch die Farben des Logos neu daher: Warum Orange/Pink statt Grün/Rot?
Der Markenauftritt wurde sehr umfassend und im engen Abgleich mit den Zielgruppen weiterentwickelt. Zudem wurde er so gestaltet, dass er sich vielen verschiedenen Kontexten anpassen und immer weiter ausgebaut werden kann. Wir haben in den Zielgruppentests festgestellt, dass die Migros Bank «mit geschlossenen Augen» ganz anders erinnert wird, als sie sich vormals visuell darstellte. Ein Beispiel ist das dreisprachige Logo: Dort stand dreimal in den Landessprachen «Bank» in Bold-Schwarz, und einmal in Hellgrau «Migros». Für die Kunden war es aber in erster Linie die Migros, die das Image der Bank prägte. Daher war es klar, dass sich der Auftritt der Migros Bank stärker in Richtung des orangen M bewegen sollte.

Die neue Marke wird mittels Soft Launch eingeführt. Wie sieht der Ablauf der Einführung aus?
Bereits Ende des vergangenen Jahres wurden erste Touchpoints im neuen Markenauftritt realisiert. Darunter waren unter anderem neue Bankkarten, die ersten zwei «Flagship»-Filialen in Zürich und Genf und nahezu alle Markentouchpoints. Im kommenden Jahr soll die Umstellung dann vollständig abgeschlossen sein. Die Migros Bank hat sich bewusst für einen Soft Launch entschieden, um ressourcenschonend vorzugehen. Das war auch in der Design-Entwicklung wichtig: «Altes» und «Neues» sollte zu einem gewissen Grad nebeneinander existieren können, um nicht massiv Material vernichten zu müssen. Der Rollout wird dieses Jahr laufend fortgesetzt, voraussichtlich noch bis Ende des Jahres.

Der neue Auftritt ist bereits in Genf und Zürich im Einsatz. Welches Feedback gab es darauf?
Das Feedback aus den Filialen ist durchwegs positiv, sowohl von den Mitarbeitenden als auch von den Menschen, die die Filiale besuchen. Das freut uns ganz besonders, denn es zeigt, dass die Filiale nicht nur besser aussieht, sondern sich auch besser anfühlt. Hier hat die Firma Aroma unser Experience Team grossartig ergänzt und einen super Job gemacht.

«Unser Beratungsansatz ist sehr praxisnah und führt dazu, dass Vorhaben nicht lange abstrakt bleiben»

Sie beschäftigen rund 20 Mitarbeitende in Ihrem Unternehmen. Wie viel Raum nimmt der Case Migros Bank ein und wie lange sind Sie schon damit beschäftigt?
Hotz Brand Consultants hat das Mandat Ende 2020 gewonnen und wir konnten die Migros Bank noch im gleichen Jahr im Rahmen der Strategieverankerung unterstützen. Bis zur Umsetzung der ersten neuen Markenerlebnisse vergingen dann nur wenige Monate. Bereits im Sommer wurde die neue Marke den Mitarbeitenden vorgestellt, da dann die zahlreichen Neu- und Weiterentwicklungen begannen. Glücklicherweise sind wir in unserem Verbund, dem Brand Leadership Circle, sehr breit aufgestellt und beschäftigen knapp 150 Mitarbeitende. So ist es uns gelungen, die zahlreichen Workstreams sehr gut zu bewältigen.

Mit Blick zurück: Was waren die grössten Herausforderungen bei diesem Projekt bisher?
Die grösste Herausforderung war es vermutlich, die zahlreichen Leistungsbausteine parallel weiterzuentwickeln, in denen wir die neue strategische Ausrichtung der Marke spürbar machen wollten. Unser Beratungsansatz ist sehr praxisnah und führt dazu, dass Vorhaben nicht lange abstrakt bleiben, sondern schnell umgesetzt werden. Bei der Migros Bank ist das übrigens sehr ähnlich.

Mit Blick nach vorne: Wie wird sich die Marke Migros Bank in den kommenden Jahren weiterentwickeln?
Die Markenstrategie ist zwar ein Meilenstein, doch eigentlich ist sie nur der Auftakt. Eine Positionierung ist ein Versprechen, das es jeden Tag aufs Neue zu erfüllen gilt. Die Migros Bank hat es sich zum Ziel gesetzt, ihre Leistungen sehr progressiv weiterzuentwickeln und so an Differenzierung und Relevanz zu gewinnen. Und wir freuen uns sehr, dass wir sie dabei weiterhin begleiten dürfen.



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Kommentare

  • Peter Eberhard, 28.02.2022 10:06 Uhr
    Äh... Bisher waren also Kunden keine Menschen? Und Menschen sind jetzt keine Kunden mehr? Ach, es ist alles so verwirrend...
Kommentarfunktion wurde geschlossen

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