18.07.2006

"Der Zeitpunkt für eine Agentureröffnung ist absolut ideal"

Barbla C. Schaerer war Mitglied der Geschäftsleitung bei Trimedia und Farner PR. Nach einem kurzen Gastspiel als Agenturleiterin bei cR Kommunikation hat sie anfangs April die eigene Kommunikationsagentur "The Gate Communication" gegründet. "Neben dem eigentlichen Brand wollte ich eine Wertemarke kreieren", erklärt Schaerer im Gespräch mit "persoenlich.com". Bereits verfolgt sie Pläne, unter dem Wertedach von "The Gate" ein Netzwerk aufzubauen. Das Interview:
"Der Zeitpunkt für eine Agentureröffnung ist absolut ideal"

Frau Schaerer, Sie eröffnen eine eigene Agentur. Weshalb der Schritt in die Selbstständigkeit?

Es ist eine logische Folge. Nach den Geschäftsleitungspositionen in verschiedenen grossen Agenturen, habe ich mich entschlossen selber eine Agentur aufzubauen, um als Unternehmerin den gestalterischen Freiraum zu nutzen, neue Projekte von Grund auf zu lancieren sowie eigene Werte und eine eigene Kultur zu prägen und zu leben.

Sie wurden letzten Oktober bei cR Kommunikation als Agenturleiterin engagiert, haben die Agentur aber bereits nach kurzer Zeit wieder verlassen. Was waren die Gründe?

Aufgrund von verschiedenen Auffassungen zur Strategie habe ich nach vier Monaten wieder gekündigt. Ich bin sehr glücklich, nun eine eigene Agentur gegründet und aufgebaut zu haben.

Bei Ihren letzten Stationen Farner, Trimedia und cR Kommunikation waren Sie bei Grossagenturen tätig, nun führen Sie eine Kleinagentur. Wie unterscheidet sich der Betrieb?

In einer kleineren Agentur spielt die vertikale Integration voll, das heisst man macht sehr viel selber und ist für alles verantwortlich. In den letzten drei Monaten habe ich nur an zwei Wochenenden nicht gearbeitet. Es war eine intensive Zeit, aber vor allem auch eine sehr positive.

Die PR-Branche ist im Aufschwung, das Nettohonorarvolumen steigt. Hätten Sie auch eine Agentur eröffnet, wenn sich die Branche nicht erholt hätte?

Tatsächlich haben 80 Prozent der Auftraggeber ihre Kommunikationsbudgets erhöht oder auf dem gleichen Niveau belassen. Es ist auch zu spüren, dass im Markt Bewegung aufkommt. Schauen sich Auftraggeber für die Vergabe von neuen Projekten in der Agenturlandschaft um, fassen sie vermehrt Neuplatzierungen des Gesamtbudgets ins Auge. Persönlich erlebe ich auch eine grosse Nachfrage nach strategischem Support. Der Zeitpunkt für eine Agentureröffnung ist absolut ideal.

Sie haben Ihrer Agentur den Namen "The Gate Communication" gegeben. Was wollen Sie damit ausdrücken?

Neben dem eigentlichen Brand wollte ich eine Wertemarke kreieren. "The Gate Communication" steht für Offenheit, Weite, Verbindung. Dies wird durch das Bildzeichen symbolisiert. Jemand hat mir auch schon gesagt, "The Gate Communication" sei ein Name, bei dem man das Gefühl habe, es gebe die Agentur schon lange.

Auf Ihrer Website kommen einem ein Hirsch, ein Milan und ein Wal entgegen. Was steckt hinter diesem tierischen Auftritt?

Tiere stehen für Emotionen, verkörpern aber auch Werte. Der Hirsch ist ein sehr würdevolles Tier, das eine grosse Ausstrahlung und eine grosse Kraft vereint. Der Vogel steht für Weite, Freiheit, Grenzenlosigkeit. Der Wal symbolisiert Ruhe und Gleichgewicht. Diese Tiere stehen auch für die Elemente Erde, Luft und Wasser. Verglichen mit anderen Agenturen wollte ich einen eigenständigen Auftritt schaffen, der die Werte der Agentur sichtbar macht.

Was gefällt Ihnen denn an den Webauftritten anderer Agenturen nicht?

Es ist schade, dass viele Agenturen ihre Website als Bibliothek betrachten und als Beweis des eigenen Wissensmanagement sehen. Eine Website sollte das Selbstverständnis der Agentur vermitteln. Kompetenz entsteht nicht, in dem ich die Definition von Media Relations ins Netz stelle.

"PR und Ethik" ist immer wieder ein Thema. Haben Sie einen Grundsatz, welche Mandate Sie annehmen und welche nicht?

Auf der einen Seite muss man Kompetenz und Qualität bieten können. Dazu kommt aber auch Integrität und Menschlichkeit. Wir sind ein persönlich geführtes Unternehmen, das den Kunden ins Zentrum stellt und auf sozialkompetente Weise handelt. Trotz Globalisierung ist die Beratung ein lokales Business. Es lebt von Menschen, und zwar auf beiden Seiten. Der Entscheid, Mandate anzunehmen oder abzulehnen, hängt weniger vom Fachgebiet ab, als von der Integrität und der Menschlichkeit.

Ist das eine allgemeine Entwicklung im PR-Markt?

Individuelle Bezugspersonen in der Beratung und langfristige Vertrauensverhältnisse werden immer wichtiger. Der Trend geht hin zu einer persönlicheren und differenzierteren Beratung. International entstehen neue Verbindungen und neue Formen der Zusammenarbeit. Einerseits vervollständigen die internationalen Gruppen ihre Netze mit Agenturpartnern vor Ort. Auf der anderen Seite wenden sich immer mehr Einzelköpfe von diesen konzernhaften Netzen ab. Es entstehen unabhängig und organisch gewachsene Netzwerke, die von Ex-Beratern grösserer Gruppen aufgebaut werden. So können Synergien genutzt werden, aber das Ausmass an Zentralisierung wie bei grossen Konzernnetzwerken wird vermieden.

Haben Sie selber Ambitionen, Teil eines Netzwerkes zu werden?

Ich bin heute schon sehr gut international vernetzt. Ich arbeite aber an einem Projekt, bei dem sich unter dem Dach von "The Gate" Leute zusammenfinden sollen, welche die gleichen Werte vertreten wie wir.

Sie bieten als Full-Service-Agentur viele Leistungen in vielen Bereichen an. Können Sie und Ihre zwei Mitarbeiterinnen all dies bewältigen?

Ich arbeite mit zwei sehr kompetenten Frauen zusammen, die ich schon lange kenne und sehr schätze. Ich kann aber auch auf ein breites Netz von Fachleuten zurückgreifen. Bei dieser Gelegenheit möchte ich erwähnen, dass es mir ein Anliegen ist, Frauen mit Kindern den Wiedereinstieg in qualifizierte Berufe zu ermöglichen. Ich wünschte mir in der Branche eine Öffnung für Teilzeitstellen.

(Interview: Stefan Wyss)



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