13.11.2005

"Verfügt das Management über die Fähigkeit zuzuhören, wird alles viel einfacher"

"Employees first!" -- am 12. PR Symposium des Berufsregisters BR-SPRG im Berner Stade de Suisse drehte sich alles um die interne Kommunikation. Als renommierter Gastreferent trat Charles van der Straten Waillet (Bild) auf, Präsident der Internationalen Public Relations Association IPRA. "persoenlich.com" sprach mit dem 68-Jährigen Belgier über die kulturelle Dimensionen der Kommunikation und zeigt die Bilder vom Symposium.
"Verfügt das Management über die Fähigkeit zuzuhören, wird alles viel einfacher"

Herr van der Straten Waillet, welche Eindrücke nehmen Sie von Ihrem Kurzaufenthalt in der Schweiz mit?

Mir ist aufgefallen, dass offensichtlich auch die Schweiz -- wie mein Heimatland Belgien -- ein Sprachen-Problem hat. Ich hätte es begrüsst, wenn am nationalen Symposium der Schweizer PR-Branche die Vertreter aller Sprachregionen gemeinsam teilgenommen hätten. Mit dem Einbezug der Romandie und des Tessins hätte man doch nur gewinnen können. Schliesslich ist sprachliche und kulturelle Vielfalt immer eine Chance. Beeindruckt hat mich aber am Symposium vor allem die Qualität der Referate.

Sie betonten in Bern, dass Kommunikation für Sie gleichbedeutend mit Kultur ist. Können Sie uns dies erklären?

Von Land zu Land und von Unternehmen zu Unternehmen variiert die Art und Weise, wie Botschaften ausgetauscht werden. Wo wir arbeiten, wie wir arbeiten und wie wir die Sprache verwenden, hängt von der Kultur ab. Sie beeinflusst praktisch jedes Element des Kommunikationsprozesses. Ein Chinese etwa verknüpft die Farbe Rot mit Feierlichkeit, in der Schweiz ist der semantische Gehalt der Farbe ein völlig anderer. Die Kommunikationsprozesse, der Inhalt wie auch die Kommunikationstechnik werden also durch Kultur beeinflusst.

Firmen schliessen sich über nationale und kulturelle Grenzen hinweg zusammen. Wie können Unternehmen kulturelle Barrieren überwinden?

Die meisten Firmenzusammenschlüsse werden vom Topmanagement beschlossen. Von seinen Fähigkeiten hängt es ab, ob ein Unternehmen kulturelle Barrieren überwinden kann. Es gibt aber auch Methoden, Kommunikationsprozesse über sprachliche und kulturelle Hürden hinweg in Gang zu bringen. Bei Firmenübernahmen und Fusionen entstehen immer Widerstände -- vor allem beim Personal. Ob ein Unternehmen diese auflösen kann, hängt davon ab, wie stark sich das Unternehmen um Kommunikation bemüht. Verfügt das Management über Charisma und die Fähigkeit zuzuhören, wird alles viel einfacher. Ich war etwa beeindruckt von der kommunikativen Kompetenz des Mobiliar-CEOs Urs Berger, der genau diese Fähigkeiten mitbringt. Nur wenn die Führung eines Unternehmens auf seine Umwelt und seine Angestellten hört, kommen Kommunikationsprozesse in solch schwierigen Situationen in Gang.

Mobiliar-Chef Berger mag eine Ausnahme sein. Topmanager sind mittlerweile so unbeliebt, wie kaum ein anderer Berufsstand. Weshalb?

Es gibt eine ganze Reihe von Ursachen. Am stärksten zu Misstrauen und Wut geführt hat bestimmt, dass in der Vergangenheit einzelne Wirtschaftsführer sich gegenüber dem Personal und der Öffentlichkeit nicht an die Wahrheit gehalten haben. Sie haben sie bestohlen und betrogen. Topmanager jedoch, die lügen, verlieren innert kurzer Zeit ihre Glaubwürdigkeit. Es braucht nur wenige schwarze Schafe, und es kommt zu Kontaminierungseffekten, das heisst, die Topmanager werden insgesamt negativ wahrgenommen. In meiner langjährigen Beratertätigkeit ist mir überdies aufgefallen, dass Leaderfiguren oft an Ego-Problemen leiden.

Sie scheinen als PR-Berater schlechte Erfahrungen gemacht zu haben...

Nein, in meinen vierzig-jährigen Karriere habe ich wohl mit vielen schwierigen Charakteren zu tun gehabt, aber nur wenige Wirtschaftsführer kennengelernt, bei denen ich wusste, dass sie sich nicht an die Wahrheit halten. Es ist ja das Privileg eines PR-Beraters, dass er selbst wählen kann, ob er einen Auftrag annehmen will, oder nicht. Nur in einem Fall hatte ich einen betrügerischen Manager zu beraten. An jedem Meeting, das wir hatten, kamen neue Unwahrheiten auf den Tisch. Diese Angelegenheit hat mir damals schlaflose Nächte bereitet.

In Ihrer international agierenden Agentur sprechen einige Berater Chinesisch, als Präsident der IPRA waren sie kürzlich in China. Wie sieht die PR-Branche im auftstrebenden China aus?

Auch in China haben die Menschen zwei Augen, zwei Ohren und einen Mund. Damit hat es sich punkto Kommunikation aber schon mit den Gemeinsamkeiten. Als westlicher PR-Berater kann man mit den herkömmlichen Methoden nach China kommen -- am Ende des Tages wird man sich den Erwartungen der Chinesen beugen müssen. Ein Lächeln bedeutet in China etwas anderes als bei uns, "Ja" heisst nicht immer "Ja". Dies wird sich wohl kaum ändern in näherer Zukunft. PR-Berater in unserem Sinne gab es in China bis vor zehn bis fünfzehn Jahren noch keine. Heute sind es 20'000, in zehn Jahren werden es einige 100'000 PR-Fachleute sein. Die Chinesen haben entschieden, an den Universitäten Unternehmenskommunikation zu lehren -- also werden sie dieses Ziel auch mit aller Konsequenz verfolgen. Die Studenten arbeiten mit dem besten Lehrmaterial.

Was müssen westliche Kommunikationsfachleute wissen, um in China erfolgreich zu sein?

Die erste grosse Hürde, die es zu nehmen gilt, ist die Sprache. Als ich in China war, habe ich mich in der Regel nur über einen Dolmetscher mit meinen Chinesischen Gesprächspartnern unterhalten können. Dies auch dann, wenn sie Englisch sprachen. Es liegt an uns, die Eigenschaften der chinesische Sprache und Kultur zu erlernen.

Die Bilder zum Anlass präsentiert "persoenlich.com" unter https://www.persoenlich.com/galerie/i_galerie.cfm



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