15.10.2015

Maz/HSLU

"Wir vermitteln das Know-how, das für den 'Seitenwechsel' notwendig ist"

Immer mehr Journalisten arbeiten im Sold von Unternehmen, denn in der Kommunikation wird auf das Geschichtenerzählen gesetzt. Der neue Studiengang "Brand Journalism & Corporate Storytelling" der Journalistenschule Maz und der Hochschule Luzern setzt genau an diesem Punkt an. Was unterscheidet einen klassischen Journalisten von einem "Markenjournalisten"? Und weshalb gibt es immer mehr davon? persoenlich.com hat mit Studienleiter Elmar zur Bonsen über Journalisten im Dienst von Unternehmen gesprochen.
Maz/HSLU: "Wir vermitteln das Know-how, das für den 'Seitenwechsel' notwendig ist"

Herr zur Bonsen, was ist "Markenjournalismus"?
Markenjournalismus oder "Brand Journalism" ist journalistisch gekonntes Storytelling im Unternehmensauftrag. Das heisst: Eine Marke unter Anwendung journalistischen Handwerks zu "inszenieren".

Dann bilden Sie also Journalisten aus?
Unser neuer Studiengang ist am Maz in unserer Abteilung Kommunikation angesiedelt. Es geht folglich um Kommunikation. Angesprochen werden vor allem berufserfahrene Kommunikationsfachleute aus Unternehmen, Verwaltungen und Verbänden. Sie lernen, das journalistische Handwerk in der Unternehmenswelt anzuwenden. Print und digital.

Dennoch nennen Sie Ihren Studiengang "Brand Journalism".
Der Trend, der hinter diesem angelsächsischen Begriff steht, zeichnet sich auch bei uns im deutschsprachigen Raum verstärkt ab. Wir als Maz sehen unsere Aufgabe darin, Kommunikationsfachleute für diese Herausforderung fit zu machen.

Sind das die Beweggründe für diesen neuen Studiengang?
Ich arbeite seit langem im Bereich "Corporate Media" und bin auch selber Journalist, beschäftige mich schon seit geraumer Zeit mit diesem Thema. Wir haben festgestellt, dass es für die Ausbildung im Bereich "Corporate Storytelling" eine Marktlücke gibt. Deshalb haben wir zusammen mit der Hochschule Luzern ein praxisorientiertes Kursprogramm entwickelt.

Wer ist in der Schweiz Vorreiter im Corporate Storytelling?
Es gibt einige Unternehmen, die schon sehr weit sind und auch den internationalen Vergleich nicht scheuen müssen – beispielsweise das "Credit Suisse Bulletin". Interessant ist auch "Storys" von der Swisscom, eine erst kürzlich gestartete Plattform mit journalistisch produziertem Inhalt. Solche Beispiele zeigen, wie es geht. Als Unternehmen bewerbe ich nicht mein Produkt, sondern stelle den Nutzen für die Kunden in den Vordergrund – auf eine informative und unterhaltende Weise. Ein gutes Beispiel ist auch das Video "Sind Sie sicher?", für den das Bundesamt für Bevölkerungsschutz in München den "Best of Corporate Publishing"-Preis gewonnen hat.

Was ist für Sie der Unterschied zwischen journalistischer Arbeit für ein Medium oder für ein Unternehmen?
Eine gute Geschichte bleibt eine gute Geschichte, egal wo sie erscheint. Natürlich ist es ein Unterschied, ob ich für ein Unternehmen oder für ein unabhängiges Medium arbeite. Es ist ein Rollenunterschied, aber rein handwerklich ist es dasselbe.

Wie definieren Sie diesen Rollenunterschied?
Journalisten, die für ein Unternehmen arbeiten, tragen letztlich immer die Brille der Firma. Damit ist man nicht so unabhängig wie Tageszeitungs-, Radio- oder Fernsehjournalisten, die ja auch eine gesellschaftliche Aufgabe erfüllen.

Ist ein Journalist beim "Migros Magazin" denn nun "Markenjournalist" oder ein klassischer Journalist?
Er ist ein Journalist, der im Auftrag der Migros arbeitet. Einige Interviews und Reportagen könnten genauso gut in Tageszeitungen oder Magazinen stehen. Andere Storys sind eher produkt- oder markenbezogen. Der Leser möchte in erster Linie unterhalten werden, er erwartet keinen investigativen Journalismus. Für mich wird es dann schwammig, wenn es nicht deklariert wird. Bei Native Advertising verschwimmen die Grenzen. Wir möchten unsere Studenten dafür sensibilisieren, sich ihrer Rolle bewusst zu sein.

Sie sprechen mit dem Lehrgang auch Journalisten an, die in die Kommunikation wechseln wollen. Weshalb gibt es immer mehr Seitenwechsler?
Dass sich Journalisten vermehrt neu orientieren müssen, hat mit der Krise der klassischen Medien zu tun. Ich sehe das jedoch als Chance für Journalisten. Sie können so weiterhin ihr Handwerk ausüben. Corporate Media bieten Leuten mit journalistischen Kompetenzen und Fertigkeiten neue Perspektiven. In unserem Lehrgang vermitteln wir unter anderem das Know-how, das für den "Seitenwechsel" notwendig ist. Ausserdem tut es den Unternehmen gut, wenn vermehrt journalistische Kompetenz in die Kommunikation einfliesst.

Interview: Boas Ruh, Bild: zVg


Elmar zur Bonsen ist Studienleiter an der Schweizer Journalistenschule Maz. Der Kommunikationsberater arbeitete als Publishing Director für ein Zürcher Medienunternehmen und als stellvertretender Verlagsleiter im Corporate-Publishing-Bereich von Hubert Burda Media. Als Journalist schrieb zur Bonsen während zehn Jahren als Nachrichten- und Politredaktor für die "Süddeutsche Zeitung".

Weitere Informationen zum CAS "Brand Journalism & Corporate Storytelling" sind auf der Website des Maz verfügbar.

 



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