01.10.2009

Tagi und NZZ im neuen Kleid

Nichts über Veränderungen, wenn sie zu Verbesserungen führen. Verschlechterungen sind Veränderungen auf die man verzichten sollte. "Wir ändern unser Kleid." verkündete jüngst die "Neue Zürcher Zeitung" und der "Tages-Anzeiger". Ich zitiere Regula Stämpfli: "Ich lasse mich gerne belehren. Den Unterschied zwischen NZZ und Tagi kann ich visuell und inhalltich nur marginal feststellen . Ueberall: Farbige, grosse und ähnliche Bilder, nun halbseitig und halbseidig abgetrennt, ach wie modern! Schliesslich meint auch der «Tages-Anzeiger», er habe sein «inhaltliches Profil» geschärft. Kann ich mir gut vorstellen, bei all den kürzlich erfolgten Entlassungen hochqualifizierter Redaktoren. Wo kein Inhalt vorhanden ist, zeigt sich auch keine Form. Ein Blick auf den uniformen, gleichgeschalteten Onlineauftritt von Tagi, Bund, BaZ und NZZ genügt. Da sind die Nachrichten zwar meist Klasse, aber eben: überall gleich." Kommentar: Auch ich war nicht glücklich mit der neuen Aufmachung. Bilder sind zwar wichtig. Sie erleichtern das Verständnis und haben eine grosse suggestive Wirkung. Worte und Bilder sollten jedoch übereinstimmen. Wenn nun die gross aufgemachten Bilder jene vertiefenden Beiträge ersetzen, die als Ergänzung zu den Gratiszeitungen notwendig wären, so ist dies fragwürdig, zumal   die  entlassenen Mitarbeiter die Hintergrundbeiträge nicht mehr schreiben können.  Wenn Polanski in der gleichen Zeitung auf zwei verschiedenen Seiten viertelseitig abgebildet wird, frage ich mich, ob man mit solch gross aufgemachten Fotos die inhaltliche Leere ersetzen kann. Das neue Bildkonzept ist keine Ergänzung zu dem heutigen News Kurzfutter. News holen wir Leser vorwiegend aus dem Internet und den Gratisblättern. Was heute mangelt sind vertiefende Kommentare. Die beiden Chefredaktoren der NZZ und des TAGI wissen sicherlich, dass es auch die Möglichkeit  gibt, mit Worten Bilder zu wecken. Ich verweilte jüngst in der ZEIT auf einer ganzen Seite (man hätte sie als Buchstabenwüste bezeichnen können). Ich las den ganzen Beitrag mit grösstem Interesse durch. Weshalb? Mich packten die Worte, weil sie beim Leser im Kopf Bilder auslösten. Die Autorin verstand es, so zu schreiben, dass  meine Sinne angesprochen wurden. Ich hörte, sah, fühlte das Geschriebene. Wer sich mit Angewandter Rhetorik beschäftigt, erkennt bald: Worte können auch Bilder auslösen. Zurück zur neuen Aufmachung des TAGI und der NZZ: Die Zeitungen wären gut beraten, wenn Sie das Schwergewicht auf vertiefende Hintergrundbeiträge mir Bildern im Kopf verlagern. Mit gossen Fotos allein ist es noch nicht getan.


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