23.04.2001

SW

"Argumentarium gegen Werbeverbote"

Die Dachorganisation der kommerziellen Kommunikation befürchtet den Abbau der Kommunikationsfreiheit.

Der Verband Schweizer Werbung hat in einem sogenannnten "Agumentarium" Stellung genommen gegen mögliche Werbeverbote. Das Papier beinhaltet vier Punkte: 1. Werbeverbote verletzen Grundrechte. 2. Werbeverbote nützen nichts. 3. Werbeverbote sind heuchlerisch und widersprüchlich. 4. Werbeverbote verhindern Produkteinnovation. "pesoenlich.com" veröffentlich das Postulat in vollem Wortlaut:

"Im April 1998 hat das europäische Parlament mit grosser Mehrheit (314 gegen 211 Abgeordnete) ein Tabakwerbeverbot gutgeheissen. Die Bundesrepublik reichte ein halbes Jahr später eine Klage beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg ein. Im letzten Herbts hat der Europäische Gerichtshof dieser Klage entsprochen. Das ist für alle, die mit Kommunikation zu tun haben, ein erfreuliches Urteil. Es ist aber, davon muss man ausgehen, nur ein kleiner Sieg, den die Gegner von Werbeverboten davongetragen haben. Der Krieg jedenfalls ist damit noch lange nicht gewonnen. Immer wieder versuchen sich Politiker auch hierzulande mit Vorstössen und Motionen zu profilieren. Mag sein, dass sie sich tatsächlich um die Volksgesundheit Sorgen machen, wenn die Schweizer Werbung dennoch vehement gegen solche Verbote ist, so aus folgenden Gründen:

1. Werbeverbote verletzen Grundrechte

Die SW ist dagegen, weil Werbeverbote Grundrechte verletzen: Wer ein Produkt anbietet, das frei erhältlich ist, der soll auch sagen dürfen, dass es auf dem Markt ist. Er darf deshalb Vorzüge des Produktes anpreisen, ja sogar vergleichend dafür werben, solange die Werbung nicht missbräuchlich oder unlauter ist. So zumindest sind die Regeln der freien Marktwirtschaft, der Handels- und Gewerbefreiheit und der Meinungs-äusserungsfreiheit. Betroffen ist aber auch die Pressefreiheit: Wenn Werbeverbote die kommerzielle Existenz von Verlagen beeinträchtigen, sind nicht zuletzt auch die Vielfalt der Presse und damit die Demokratie in Gefahr.

2. Werbeverbote nützen nichts

Die Befürworter von Werbeverboten gehen von der irrigen Meinung aus, dass ein Verbot der Werbung auch eine Reduktion des Konsums nach sich ziehe. Dem ist aber nicht so. In zahlreichen Ländern hat die Bevölkerung nach der Einführung eines Kommunikationsverbotes genau gleich stark oder gar noch heftiger gepafft. Und in gewissen skandinavischen Ländern, wo seit langem ein Werbeverbot besteht, rauchen die Jungen wesentlich stärker als bei uns. Diese These unterstreichen auch die ehemaligen Ostblockländer: Dort herrschte bekanntlich ein totales Werbeverbot und dennoch haben die Leute geraucht. Extrem stark sogar. Einzig in Ländern, in denen parallel zum Werbeverbot noch andere Massnahmen, zum Beispiel preis- und angebotspolitische, getroffen wurden, hat der Konsum abgenommen. Dies führt zum Schluss: Die Abschaffung der Werbung allein bewirkt noch keinen Konsumverzicht.

3. Werbeverbote sind heuchlerisch und widersprüchlich

Die Diskrepanz zwischen Werbeverbot und Tabakkonsum ist aber nicht die einzige Ungereimtheit, auf die es hinzuweisen gilt: Die EU, die zweifellos auch nach dem Verdikt des Europäischen Hofes weiter versuchen wird die Tabakwerbung abzuschaffen, subventioniert auf der anderen Seite den Anbau dieses doch so gefährlichen Produktes in diversen Mitgliedländern. Erstaunlich nicht wahr? Man darf Tabak also anpflanzen, wird dabei sogar vom Staat unterstützt, darf ihn verkaufen, die Tabakfirmen können aus dem Kraut gesundheitsschädigende Stengel herstellen und diese auf dem Markt feilbieten. Nur werben dafür soll nicht erlaubt sein, eine merkwürdige Logik. Wenn das Zeug doch so schädlich ist, müsste man da nicht viel eher das Produkt selbst aus dem Verkehr ziehen?

Die Antwort darauf gibt das BAG: Ein Konsumverbot von Tabakprodukten wird gemäss BAG-Chef Thomas Zeltner ausgeschlossen, weil bei zwei Millionen Rauchern in der Schweiz negative soziale Folgen und ein Schwarzmarkt zu befürchten wären. Der Vollzug eines Verkaufs-Verbotes wäre laut BAG nicht zu gewährleisten, deshalb strebt man lieber ein Verbot oder zumindest eine Einschränkung der Kommunikation an. Auch wenn dies nichts nützt.

4. Werbeverbote verhindern Produkteinnovation

Dass Zigarrettenwerbung aber nicht bloss marketingtechnisch, sondern auch bezüglich Konsequenzen auf die Gesundheit positive Wirkung haben kann, belegt die Tatsache, dass Zigaretten (nach einer Aussage von Philip Morris) heute um 40% weniger Teer aufweisen als vor 25 Jahren. Dies sei nur dank Werbung möglich gewesen, versichert die Industrie. Und das macht auch durchaus Sinn: Wenn jemand ein Produkt verbessern oder verfeinern will, muss er anschliessend die Möglichkeit haben, dem Markt die Innovation mitzuteilen und das neue Produkt Mittels Kommunikation zu lancieren. Darf er das nicht, so wird er auf die teure Verbesserung verzichten und keine Gelder in die Forschung investieren. Ohne Werbung also keine Marktanpassung. Auch nicht in gesundheitspolitischem Sinn. Werbeverbote sind in dem Sinn also absolut kontraproduktiv.



Kommentar wird gesendet...

Kommentare

Kommentarfunktion wurde geschlossen

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren:

Zum Seitenanfang20240426