08.11.2020

Tabakwerbung

«Das erste Opfer wäre der Rechtsstaat»

Die Lungenliga hat eine Umfrage publiziert, wonach die Mehrheit der Bevölkerung für ein Verbot von Tabakwerbung sei. Filippo Lombardi, Präsident von KS/CS Kommunikation Schweiz, kritisiert diese Befragung.
Tabakwerbung: «Das erste Opfer wäre der Rechtsstaat»
Filippo Lombardi ist Präsident von KS/CS Kommunikation Schweiz. Von 1999 bis 2019 war er Mitglied des Ständerats. (Bild: Keystone/Ti-Press/Elia Bianchi)
von Matthias Ackeret

Herr Lombardi, die Lungenliga schreibt, gemäss einer Umfrage, die vor einigen Tagen veröffentlicht wurde, sei die Mehrheit der Bevölkerung für ein allgemeines Tabakwerbeverbot. Was kritisieren Sie an diesem Befund?
Ich habe die technischen Daten dieser Umfrage nicht, befürchte aber, dass sie in aller Eile und nicht unbedingt unter Einhaltung der erforderlichen wissenschaftlichen statistischen Bestimmungen – insbesondere was Grösse und Repräsentativität des angefragten Bevölkerungsmusters – durchgeführt wurde.

Warum befürchten Sie es?
Weil diese Umfrage gezielt drei Tage vor der Sitzung der nationalrätlichen Gesundheitskommission, die das Tabakproduktgesetz beraten hat, veröffentlicht wurde, offensichtlich nur um die Kommissionsarbeiten zu beeinflussen. Das passiert nicht selten, auch in anderen Bereichen. Die meisten Parlamentarier haben aber inzwischen gelernt, sich von solchen Übungen wenig beeinflussen zu lassen. 

Die Tabakwerbung steht schon seit Längerem in Kritik. Wie viel macht sie in der Schweiz heute noch aus?
Finanziell gesehen ist sie für gewisse Sektoren sehr wichtig, insbesondere als Sponsoring für Sport- und Kulturanlässe. Für andere Werbeträger weniger, und man kann sicher nicht von einer Geldflut sprechen, die die Bevölkerung – umso weniger die Jugendlichen – zum Konsum animiert.

«Der Jugendschutz ist unbestritten»

Was würde ein Verbot bewirken? Wer wären die Leidtragenden?
Als erstes Opfer würde ich unsere Rechtstaatlichkeit nennen. Der Jugendschutz ist unbestritten, gezielte und verhältnismässige Schutzmassnahmen für die Gesamtbevölkerung werden auch akzeptiert. Ein totales und pauschales Werbeverbot für ein legal käufliches Produkt hingegen sprengt die Regeln der freien Marktwirtschaft und öffnet den Weg für weitere Werbeverbote in vielen Bereichen. Diese Entwicklung besorgt die Werbewirtschaft, die Werbeträger – in erster Linie die Medien, die der Bund gleichzeitig fördern möchte – und gefährdet die verfassungsgeschützte Handels- und Industriefreiheit. 

Was wären Ihre Vorschläge?
Ganz einfach, die ausgewogene bundesrätliche Vorlage anzunehmen, die den Jugend- und Gesundheitsschutz ausreichend sichert. Die Verschärfungen des Ständerates in der Herbstsession 2019 waren eben unverhältnismässig und nicht zielführend, weil ein totales Werbeverbot doch kein gesellschaftliches Gesundheitsproblem löst, sondern einer Alibiübung gleichkommt.

«Ich bin seit einem Jahr kein politischer Insider mehr»

Wie beurteilen Sie als politischer Insider die Stimmung in Bundesbern? Gibt es im aktuellen Parlament eine Mehrheit für ein Verbot der Tabakwerbung?
Ich bin eben seit einem Jahr kein politischer Insider mehr, sondern ein freier Bürger und ein engagierter Unternehmer, der sich Sorgen macht über die Zukunft unserer liberalen Gesellschaft und unserer freien Marktwirtschaft.

Wer unterstützt im Parlament die Anliegen der Werbeindustrie?
Wir hatten damals eine parlamentarische Gruppe für Medien und Kommunikation gegründet, die in einigen Themen punkten konnte. Zurzeit, auch infolge der Coronakrise, hat sie ihre Arbeit noch nicht wieder völlig aufnehmen können. Ich hoffe trotzdem, dass es genügend Parlamentarier gibt, die bereit sind, sich für eine liberale Werbeordnung einzusetzen.     

Wie beurteilen Sie als Verbandspräsident den aktuellen Zustand der Schweizer Werbeindustrie?
In einem Wort: gut! In zwei Wörtern: nicht gut!



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Kommentare

  • Darryl von Däniken, 09.11.2020 09:24 Uhr
    Shocking - und dass mitten in Europa!
Kommentarfunktion wurde geschlossen

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