30.10.2018

GfM-Marketingpreis 2018

«Sobald der Lift installiert ist, beginnt für uns die Arbeit»

Mit Schindler gewinnt ein traditionsreiches Industrieunternehmen den GfM-Marketingpreis. Der weltweit zweitgrösste Hersteller von Aufzugsanlagen beschäftigt 63’500 Mitarbeiter. Thomas Oetterli, CEO von Schindler, über den Preis und die Veränderungen im Liftgeschäft.
GfM-Marketingpreis 2018: «Sobald der Lift installiert ist, beginnt für uns die Arbeit»
Thomas Oetterli ist seit 2016 CEO von Schindler. Er trat 1994 in das Unternehmen ein, wo er seine ganze Karriere absolvierte. (Bild: Marc Wetli)
von Matthias Ackeret

Herr Oetterli, herzliche Gratulation zum GfM-Marketingpreis 2018 (persoenlich.com berichtete). Was bedeutet dieser für Schindler?

Es ist schön, dass wir für unsere Leistung Anerkennung bekommen. Oft werden Industrieunternehmen wie Schindler immer noch als etwas verstaubt und konservativ wahrgenommen. Deswegen waren die Freude und der Stolz auch so gross, als wir von der Auszeichnung erfahren haben.

Warum, glauben Sie, ist man ausgerechnet
 auf Schindler gekommen?

Dieser Preis zeigt uns, dass die Entwicklungen und Innovationen, die bei Schindler
 stattfinden, auf Beachtung stossen. Schindler
 brachte man früher nur mit dem Anlagenbau
 in Verbindung. Das hat sich aber geändert:
 Heute befindet sich unser Unternehmen auf
 dem direkten Weg in eine neue industrielle
 Revolution – Industrie 4.0 ist für uns sehr
 wichtig. Zudem agieren wir verstärkt in einem People-Business, bei dem es nicht nur 
darum geht, einen Aufzug zu verkaufen. Wir
 wollen vielmehr im Eins-zu-eins-Gespräch
 mit unseren Kunden ein Vertrauensverhältnis herstellen. Schliesslich handelt es sich bei 
einem Aufzug um eine kostenintensive Anschaffung, und dabei begleiten wir unsere 
Kunden immer persönlich auf jedem Schritt.

«Wer sich für einen Schindler-Lift entscheidet, kauft nicht nur einen Aufzug»

Heute steht bei den meisten Schweizer Liften «Schindler» drauf. Brauchen Sie überhaupt noch Marketing, um Ihre Marke bekannter zu machen?
Wer sich für einen Schindler-Lift entscheidet, kauft nicht nur einen Aufzug. Das Durchschnittsalter eines Liftes beträgt rund 30 Jahre. Zum Vergleich: Würde das Durchschnittsalter eines Autos 30 Jahre betragen, hätte man als Fahrer ein schlechtes Gefühl. Für uns stellt sich die Frage: Was müssen wir als Organisation oder als einzelner Mitarbeiter unternehmen, damit sich unsere Kunden nach 30 Jahren in einem Schindler-Lift immer noch wohlfühlen?

Haben Sie eine Antwort?
Wir haben erkannt, dass der Wert einer Immobilie oftmals mit dem Zustand des Liftes in Verbindung gebracht wird. Befindet sich dieser in einem schlechten Zustand oder funktioniert dieser gar nicht, bleibt ein fahler Eindruck zurück – was bedeutet, dass die Werterhaltung einer Immobilie über drei Jahrzehnte hinweg sehr stark mit der Wartung oder Pflege der Aufzüge zusammenhängt. Oder ganz einfach gesagt: Sobald der Lift installiert ist, beginnt für uns die Arbeit. Das klingt für einen Aussenstehenden widersprüchlich. Wenn man aber auf unseren Businessplan schaut, fällt lediglich ein Teil der gesamten Wertschöpfung auf die Installationsarbeiten, der restliche – grössere – Anteil erstreckt sich über Jahrzehnte auf die Wartung und Instandhaltung der Aufzüge. Die Aufrechterhaltung der Funktionalität ist mittlerweile unser Hauptgeschäft. Dieser Paradigmenwechsel war uns, ehrlich gesagt, anfänglich auch nicht immer ganz klar.

«Die Forderung nach verdichtetem Wohnen nimmt zu»

Wann haben Sie denn realisiert, dass sich Ihr Geschäft geändert hat?

Die ganze Liftbranche machte diesen Prozess durch. Ursprünglich war die Geburtsstunde eines Unternehmens die Installation der Lifte. Die Bedeutung des Neuanlagengeschäftes ist überproportional gross, was zur Folge hat, dass jede Liftfirma anfangs vor allem technisch orientierte Leute, also Ingenieure oder Installateure, engagierte. Je älter die Firma aber wurde, desto grösser wurde die Anzahl der bereits installierten Aufzüge. Dies führte zu einer innerbetrieblichen Veränderung – von einem bauwirtschaftlich geprägten Unternehmen zu einer Servicefirma. Eine Serviceleistung zu verkaufen, erfordert eine andere Mentalität als die physische Installation eines Liftes. Aber dies ist nur eine Seite: Früher waren unsere Gebäude höchstens drei bis fünf Stockwerke hoch. Dies hat sich vollkommen geändert, nicht nur im globalen Umfeld. Die Forderung nach verdichtetem Wohnen und somit höheren Gebäuden nimmt zu. Es ist eine Tatsache, dass man in einem dreistöckigen Wohngebäude beim Ausfall des Liftes die Treppe benutzen kann und dabei das Gefühl hat, man tue etwas Gutes für seine Gesundheit. Passiert dies in einem 300 Meter hohen Turm, können in gewissen Fällen bis zu 30’000 Menschen morgens nicht zur Arbeit. Dadurch steigt der Druck auf die Aufzugsfirma.

Passiert dies oft?
Nein, es geschieht sehr selten, da sich unsere Lifte durch eine hohe Zuverlässigkeit aus- zeichnen. Trotzdem erinnern sich die Menschen nur an diese Fälle. Wenn ich jemandem erzähle, dass ich bei Schindler arbeite, erzählt mein Gegenüber oftmals, wie er selbst oder ein Bekannter im Lift stecken geblieben sei. Marketingmässig ist unsere Hauptaufgabe, die positiven Momente bei unserer Kundschaft zu implementieren und nicht die negativen.



Das ausführliche Interview mit Thomas Oetterli finden Sie in der aktuellen «persönlich»-Novemberausgabe, die in diesen Tagen erscheint. Darin spricht der Stadtluzerner auch über die Digitalisierung, den Markt in China und seinen Führungsstil.



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